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Carlo Strenger, Haaretz, 25.8.2012
Den Ansichten der politischen Linken wurde nie eine Chance gegeben; es gibt überzeugende Argumente für die These, dass Israels Probleme eine direkte Folge der Rechten ist: Fauxpas, Fehler, messianische Ideologie und aggressive Expansion der letzten 35 Jahre.
Bei einer seltenen Gelegenheit bewies Shimon Peres eine klare Haltung gegen einen israelischen Angriff auf den Iran ohne Koordinierung mit den USA. Angesichts der phänomenalen Erfahrung von Peres und seiner Rolle beim Aufbau von Israels Abschreckung, einschließlich seines vermuteten Nukleararsenals, ist es nicht leicht, einfach zu verwerfen, was er sagt.
Das Likud-Knessetmitglied Zeev Elkin versuchte bei einem Auftritt im volkstümlichen Programm, Peres Meinung zu disqualifizieren. Mit einem verschmitzten Lächeln sagte er, dass Peres vor allem einer der Architekten von Oslo war und von einem „Neuen Nahen Osten“ zu jener Zeit gesprochen hat. Elkin deutete unmissverständlich an, dass Peres politisches Urteil immer falsch gewesen und dass er durch und durch unzuverlässig sei
Der Terminus „Links“ ist zu einem Terminus der Verunglimpfung und Anklage geworden und Peres ist zum Symbol der Rechten geworden und für die Linke ein Verlierer. Die Liste der Anklagen: Israel bekam die 2. Intifada, weil der Linke Rabin den Palästinensern Waffen gab; wir bekamen den Beschuss des südlichen Israel, weil der zum Linken gewordene Ariel Sharon den Gazastreifen abtrennte; und wir bekamen den 2. Libanonkrieg, weil der Linke Barak das israelische Militär 2000 aus dem Libanon abzog.
So mag es jetzt Zeit sein, Klarheit zu schaffen. Den Ansichten der politischen Linken wurde nie eine Chance gegeben und es gibt überzeugende Argumente für die These, dass Israels Probleme eine direkte Folge von den Fauxpas, den Fehlern, der messianischen Ideologie und aggressiven Expansion der letzten 35 Jahre sind.
Beginnen wir mit dem Libanon: erinnert sich noch jemand daran, dass dies ein Krieg eigener Wahl war, den nicht einmal Begins Regierung autorisierte. Erinnert sich noch jemand an Sabra und Shatila? Sharon wurde für immer als Verteidigungsminister für ungeeignet erklärt? Erinnert man sich noch, dass Israels 18 Jahre langes Bleiben im Libanon die Hisbollah schuf?
Also ist das Libanon-Rätsel durch Barak entstanden oder durch Sharons größenwahnsinnige Eroberung des Libanon?
Da wir nun gerade dabei sind: Sharon wird jetzt für den einseitigen Abzug aus dem Gazastreifen bejubelt. Kann man sich noch daran erinnern, dass Sharon sich weigerte, den Gazastreifen als Teil eines Abkommens mit den Palästinensern diesen zu übergeben. Sharon hat sich nie wie Linke verhalten. Es gibt einen deutlichen Beweis , dass der Abzug aus dem Gazastreifen vor allem deshalb zustande kam, um den Gazastreifen von der Westbank zu trennen (Teile und herrsche!! ER), um sicher zu gehen, dass Israel die Westbank haben kann , ohne weiter für den Gazastreifen verantwortlich zu sein. Der Abzug war mit Absicht so ausgeführt, dass Fatah und Mahmoud Abbas geschwächt sind – und das war erfolgreich mit katastrophalen Konsequenzen.
Die Linke allein für das Scheitern von Oslo verantwortlich zu machen, ist auch tendenziös, um wenigstens dies zu sagen. Beginnen wir mit den fürchterlichen Fehlern, die vor Oslo gemacht wurden. In den 80er-Jahren wurden wiederholt, Versuch unternommen, in der Westbank eine politische Struktur aufzubauen . Moderate Leute wie Faisal Husseini, Hanan Ashrawi und Nabeel Cassis versuchten, die Grundlage für eine palästinensische zivile Gesellschaft zu gründen. Sie kämpften um einen Kompromiss mit Israel – und zahlten einen großen persönlichen Preis.
Statt sich mit diesen Versuchen zu engagieren, sah Israel in der palästinensischen Gesellschaft eine große Gefahr und tat alles , um dies zu verhindern. Dies schloss bekanntlich die Unterstützung der Hamas ein und so wurde verhängnisvoll die politische Landschaft verändert.
An diesem Punkt werden Leute vom rechten Flügel wie Elkin ungeduldig und sagen : Lasst uns in Ruhe mit der frühen Geschichte. Was ist mit dem Fehlschlag von Oslo ?
Nun, der Oslo-Prozess hat nie eine Chance gehabt. Die vom rechten Flügel verwenden den Terminus „Oslo“, als ob er die größte Idiotie des 20.Jahrhunderts wäre und vergisst dabei praktisch , dass Israel seine Verpflichtungen nach dem Abkommen niemals übernommen hat und niemals aus der Westbank hinausgegangen ist, entsprechend den übereingekommenen Abmachungen.
Idith Zertal und Akiva Eldar haben im Detail dokumentiert, wie alle israelischen Regierungen, einschließlich denen, die von Rabin und Barak geleitet wurden, in der Westbank weiter gebaut und so den palästinensischen Glauben erschüttert haben, dass Israel jemals wirklich beabsichtigte, den Palästinensern einen eigenen lebensfähigen Staat zu gewähren. Dem füge man noch die Tatsache hinzu, dass dieser Netanjahu gefilmt wurde, wie er damit prahlte, den Oslo-Prozess zerstört zu haben, eine Behauptung, die Mitglieder der Clinton-Regierung sicher unterstützen würden. Sie kamen zu Netanjahu und erlebten ihn als einen unzuverlässigen und arroganten Lügner – ein Titel, mit dem die Obama-Regierung sicher auch einverstanden wäre.
Ich versuche nicht, zu behaupten, dass die Linke nicht auch Fehler gemacht habe. Aber der geschichtliche Verlauf Israels seit 1967 wurde von Ben Gurion in den Wochen nach dem schicksalsschweren Sieg voraus gesagt: Er sagte, wenn Israel die besetzten Gebiete nicht innerhalb eines Jahres verlässt, dann würde das zionistische Unternehmen ein Ende haben. Er hat den Nagel auf den Kopf getroffen. Israels Tragödie ist die Konsequenz des Groß-Israel-Traumes des rechten Flügels und nicht das Scheitern des linken Flügels.
(dt. Ellen Rohlfs)