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Gegen jüdischen Terrorismus

 

Haaretz Editorial, 4.12.08

 

Die Entscheidung der Regierung, das House of Contention in Hebron zu einer geschlossenen militärischen Zone zu erklären, war ein unvermeidbarer Schritt; aber wenn dies nicht zu einem notwendigen  weiteren  Schritt führt, dann wird er wahrscheinlich fehl schlagen. Nach dem Aufruhr der letzten beiden Tage erklärte der Verteidigungsminister Ehud Barak, die Regierung würde sich nicht mit den Randalieren der „extremistischen Kräfte“ abfinden.  Etwa zur selben Zeit haben die Verantwortlichen dieser „Extremisten“ gegen  Regierung, Gerichte,  Armee und  Medien wild um sich geschlagen, als ob wir  es mit zwei  sich gegenüber stehenden  legitimen Parteien zu tun hätten.

Es ist an der Zeit, mit den vagen Beschreibungen aufzuhören und die Dinge beim richtigen Namen zu benennen. Wir haben es nicht mit „Randgruppen“ zu tun, mit „Extremisten, die außer Kontrolle geraten sind“ und ähnlichen Versuchen verbaler Akrobatik, um eine harte Realität zu Papier zu bringen. Seit langer Zeit haben Siedler in Hebron und anderen Regionen in Judäa und Samaria  (Westbank R) und in Ostjerusalem ein unkontrollierbares Verhalten gezeigt, dessen einziges Ziel es ist, die Palästinenser gewalttätig zu bedrohen und Israels Souveränität zu untergraben . Nach offiziell weltweit anerkanntem Standard ist dies Terrorismus, der Ängste hervorruft und  das eigentliche Regieren eines Staates  durch einander bringt.

 

Es ist schwierig, die Art und Weise israelischer Politik  nachzuvollziehen, wie sie und die Gesellschaft   dem wachsenden jüdischen Terrorismus gegenüber ein Auge zudrückten. Seitdem die Führer des jüdischen Untergrunds als Teil eines zweifelhaften Geschäftes  frei gelassen wurden, hat sich dieser Trend, dem man den trügerischen Namen  „ eigenwilliges Unkraut“ gab, fortgesetzt. Unter der heuchlerischen Kontrolle von „Nationaler Einheit“ und  selbstgerechter  Androhung „einer Spaltung der Nation“ wurde  das Randalieren zur Norm und zu täglicher Routine. Die Siedler geben Gotteslästerungen von sich, spucken, schlagen, zerstören, während die Armee weg sieht und schlimmstenfalls sich  sogar daran beteiligt.

 

Das House of Contention ist deshalb der Höhepunkt einer gefährlichen Reihe von Vorfällen; und der weitverbreitete öffentliche Protest, der unter dem vernünftigen Teil der Gesellschaft nach diesen Vorfällen sich hätte erheben sollen, ist nicht zustande gekommen, weil die Mitte der israelischen Gesellschaft seit geraumer Zeit desensibilisiert worden ist. Nur in solch einem Rahmen konnte ein früherer Botschafter (Danny Ayalon), der  sich vor kurzem Yisrael Beiteinu, einer Partei mit klaren rassistischen Werten, angeschlossen hat, als Anwalt der kriminellen Gruppe erscheinen und warnen: „Diese Siedler sind ein Teil von uns und wir dürfen sie nicht aus der Nation ausschließen.“

Die extreme Aktivistin des rechten Flügels Daniella Weiss warnt auch, in Hebron „werden wir nicht die andere Wange hinhalten“. Und die Siedler, die sich im House of Contention  verschanzt haben, rufen offen ihre Bewunderer dazu auf, ihnen im Kampf gegen die Armee zu helfen. Diese Aufrufe zur Rebellion, die  sich mit Schreien der Verfolgung mischen, erschrecken die Regierung.

 

In dieser Woche hat Israel den Punkt erreicht, von dem an es kein Zurück gibt, der auch entscheiden wird, wer den Staat in Zukunft kontrollieren wird: Das Rechtssystem und eine Regierung, die auf demokratische  Weise gewählt wurden  --- oder jüdischer Terrorismus. Wenn die Regierung  nicht so bald wie möglich  und ohne Furcht vor Gewaltanwendung, den randalierenden Kern  der Hebroner Siedler entfernt, der sich  vom Staat und seinen Institutionen getrennt hat und nun die Öffentlichkeit gefährdet,  dann wird das Blut der Opfer des religiösen Fanatismus in den besetzten Gebieten an ihren Händen – an denen der Regierung - kleben. Nicht weniger schwer wiegend würde die Botschaft an die Plünderer sein, dass sie gesiegt hätten. Es wäre ein Beweis  für die schweigende Mehrheit in Israel, dass die Zukunft des jüdisch-zionistischen Staates zur Geisel derjenigen wird, die für seine Zerstörung beten. Kein anderer moralischer Anspruch, nicht einmal der berechtigte Anspruch des jüdischen Volkes auf ein nationales Heim wird - weder im Land noch außerhalb desselben  - bei solch einer Kapitulation vor dem Terror berechtigt sein.

 

(dt. Ellen Rohlfs)