Ellen Rohlfs , Nov 2009
Dieses Psalmwort aus Psalm 23 mag vielen vom Konfirmandenunterricht bekannt
sein. Es ist in einem Land entstanden, in dem das Vorhandensein von Wasser gar
nicht selbstverständlich, es also von besonderer Bedeutung , ja sehr kostbar
ist.
Bei einer der Landverheißungen (Mos. 3,8) heißt es
seltsamerweise darum „In ein
Land, in dem Milch und Honig fließt“ – nicht etwa Wasser. Ist Wasser nicht
kostbarer als Milch und Honig? Es
ist schön und gut, wenn es Milch
und Honig gibt, also viel Weideland für Milchkühe, - Schafe oder Ziegen und
üppig blühendes Land, in dem Bienen viel Honig sammeln können --- aber wäre ein
Land mit Wasser nicht noch viel
wichtiger? fragte ich mich damals …im Frühling 1967 .
Ich möchte einmal nicht von meinen Begegnungen
mit Menschen bei den gut 20 Reisen ins sog. Heilige Land erzählen,
sondern von Begegnungen mit Wasser:
das erste Mal kam ich im März 1967 mit dem Schiff bis Beirut. Nun da gab
es rund ums Schiff genug Wasser. Von dort ging es mit dem Flugzeug zum damaligen
Jerusalemer Flughafen Kalandia im
Westjordanland, das damals zu Jordanien gehörte. Wir flogen über den
schneebedeckten Hermon dann über das Jordantal. Wir konnten sehr wohl sehen, wie
der Jordanfluss durch den breiten Jordangraben mäandrierte. Es muss ein ziemlich
breiter Fluss gewesen sein.
Nach ein paar Tagen mitten in der Altstadt Jerusalems – und einem von meinen
deutschen Gastgebern längst geplanten Trip nach Jordanien über den
Yabbok, wo viele Störche auf dem Flug nach Norden Rast hielten und später den
andern Nebenfluss des Jordan, dem Yarmuk, wo ich an einer Stelle sogar einen
Blick auf den See Genezareth in Israel werfen konnte, ging’s
nach Bethlehem, wo ich bei palästinensischen Familien zu Gast war, deren
Väter die ev. Schule und das Internat dort
neben der ev. Weihnachtskirche leiteten. Die Arbeit dort in den Schulen
und in der Gemeinde sollte ich besonders kennen lernen, um dann hier davon zu
berichten.
An Ostern erlebte ich sogar Schnee in Bethlehem.
Meine Gastgeber fuhren mit mir
auch nach Hebron zur Abrahamsmoschee und zu den Glasbläsern, nach Amman,
zum Berg Nebo, zum Herodesberg, nach
Qumram, zum Toten Meer, wo ein Bad natürlich zum besonderen Erlebnis
gehört: man muss sich nur mit dem Rücken aufs Wasser legen und wird getragen.
Dann ging es natürlich auch
nach Jericho und an den Jordan. Von dieser Fahrt durch das fruchtbare Jordantal
ist mir noch der fast betäubende Duft der blühenden Orangenbäume in Erinnerung.
Am Jordan wollte man mir die
sog. Taufstelle zeigen, wo Jesus getauft worden sein soll. Aber der Jordan war
nach einem Regen reichen Winter so
weit über seine Ufer getreten, dass wir auf einmal wie
am Ufer eines Sees und nicht
an einem Flussufer standen – so viel Wasser
hatte der Jordan selten. Selbst meine Gastgeber hatten dies so noch nicht
erlebt.
Hinter dem uralten Jericho-Tell kamen
wir zur sprudelnden
Auja-Quelle, die Jericho seit Jahrtausenden zu einer großen Oase machte,
wo es seit undenkbaren Zeiten
Bananen und Dattelpalmen gibt.
Im wasserführenden schmalen
eingefassten Kanal floss das kühle
Wasser eilig hinunter zu den Feldern und Obstbaumplantagen und dem großen
Flüchtlingslager von 1948. diese Quelle ist inzwischen versiegt, weil Israelis
viel tiefere Brunnen bohren und von dort das wasser wegholen.
Wir hatten eigentlich auch zu den Ruinen der alten Nabatäerstadt Petra gewollt,
aber dort sei der schmale Zugang zwischen hohen Felsen,
zu einem reißenden Bach geworden, es sei sogar jemand ertrunken. Viele
Jahre später bin ich mit einem Kamel dort hindurchgeritten , das Wadi war
wieder trocken.
Auf dem Weg nach und von Amman fuhren wir über die Jordanbrücke über einen
breiten Fluss, eben den Jordan.
Doch 21 Jahre später, also 1988, als ich mit einer Gruppe von Syrien
über Amann gekommen war und wir wieder über die Jordanbrücke nach
Jerusalem fuhren, hatten wir Mühe, den Jordanfluss unter der Brücke ausfindig
zu machen – wo war das Wasser nur geblieben – ein Rinnsal schmutzigen
Wassers war auf dem Weg zum Toten Meer übriggeblieben.
Kein Wunder also, als ich 2003 noch
einmal am Toten Meer war: man musste zig Meter vom ursprünglichen Ufer bis an
den Rand des Wassers laufen. Das Tote Meer ist dabei, auszutrocknen. Warum? Weil
das Wasser schon im obersten Lauf, auch aus dem See Genezareth von Israel
abgeleitet wird, um die Städte an der Küste mit Wasser zu versorgen.
Und natürlich auf dem Weg bis dorthin schon zur Bewässerung der
Landwirtschaft in Galiläa und
bis in den Negev im Süden benützt wird, wo man auf einer Karte aus großer
Höhe seltsame runde grüne Felder
ausmachen kann – das Bewässerungsrohr mit Tröpfchenbewässerung dreht sich
langsam im Kreis – hatte ich so etwas nicht auch beim Flug über den USA gesehen?
Als ich einmal mit Dalia, einer jüd. Freundin,
durch die jüdische Siedlung Ephrata fuhr, staunte ich nicht schlecht, als
ich auf einer kleinen Verkehrsinsel
Bewässerungsschläuche entdeckte. Hatte ich richtig gesehen? In dieser
wasserarmen Gegend eine bewässerte
Verkehrsinsel ?? Diese wird – wenn auch sparsam mit Tröpfchenbewässerung
versehen, während im benachbarten Bethlehem
es an Trinkwasser fehlt. Und
in anderen jüdischen Siedlungen werden nicht nur Felder gesprengt, es gibt sogar
Swimmingpools nicht nur für die
Kinder.
Auf dem Weg in den Gazastreifen in der jüd. Siedlung direkt nördlich davon,
wohin der öffentliche Bus noch einen Abstecher machte, wurden die grünen und
frischen Rasen vor den Häusern gesprengt
--- als ob es hier jede Menge Wasser wie in Ostfriesland gäbe. Kurz
danach überquerte ich zu Fuß den Checkpoint Erez und war im Gazastreifen, wo
braune Dürre herrschte. Sollte mich das nicht wundern?
Als ich abends bei meinen palästinensischen Freunden die Zähne putzen wollte –
mit Wasser aus dem Wasserhahn, kam eine braune Brühe heraus, vor der mir nur
noch ekelte. Anke sagte mir dann, ‚dieses Wasser benützen wir nur für die
Klospülung’ – das war etwa 1995.
‚Wir holen unser Trinkwasser mit Kanistern von einer der damals noch vorhandenen
Quellen’. Eine der Quellen erlebte
ich in einem Orangenhain (der Familie des damaligen Finanzministers, wo ich
eingeladen war) neben der
damals noch vorhandenen jüdischen Siedlung Nezarim ….
Meine Gastgeberin sagte mir auch,
als wir über das Wasserproblem sprachen, Israel würde das aus den Hebroner
Bergen kommende Wasser kurz vor dem Gazastreifen abfangen, sammeln und in die
israelische Wasserleitung leiten, die damals noch die jüdischen Siedlungen
versorgte.
Sara Roy – eine Jüdin aus den USA -
hatte damals schon in ihrem Gazabuch * festgestellt, dass
dieses schwerst kontaminierte Wasser
bei uns kein Gärtner für sein Gemüsebeet
benützen würde. Wie muss das
Wasser heute - 20 Jahre später -
2009 erst verschmutzt sein? Neugeborene kämen blau auf die Welt auf Grund des
Nitratgehalts des Wassers, von dem die Mütter während der Schwangerschaft leben
… Auf diese Weise kann man ein Volk – sehr langsam, schleichend kaputt machen.
Es ist keine aktive Vergiftung, wie schon einmal – wo anders – sondern
eine passive Vergiftung, die die Welt nicht wahrnimmt, noch dazu wenn sie
wegsieht, wie schon einmal. ….nicht nur die Säuglinge sterben langsam dahin,
immer mehr Nierenkranke gibt es, für die es keine Heilung, keine Dialysegeräte
gibt und keine Möglichkeit, ein anderes Krankenhaus aufzusuchen …
Hier sollte noch erwähnt werden, dass es den Palästinensern seit 1967 verboten
ist, neue Quellen zu bohren, eine Reihe Quellen ( wie die von Yayous) nun hinter
der Mauer liegen und dass Quellen
zerstört wurden, bzw. austrockneten, weil Israelis viel tiefer bohren, dass
Brunnen auch schon durch Siedler vergiftet wurden, in dem tote Tiere in Brunnen
geworfen wurden ( südlich Hebron), dass nicht anerkannte Dörfer ( von Beduinen)
neben jüdischen Siedlungen ( mit Wasseranschluss) nicht an die Wasserleitung
angeschlossen werden, dass Siedler 10-18 mal mehr Wasser
verbrauchen dürfen und dass Palästinenser für das Wasser aus dem eigenen
Boden dieses mit Tankwagen kaufen und vier mal mehr dafür bezahlen müssen. ….
Hier stellen sich viele Fragen . Ja sie müssen gestellt werden dürfen.
Ich erinnere noch einmal an das
Psalmwort.„Er führet mich zu frischem Wasser..“ das muss vor sehr langer Zeit
gewesen sein. Davon können die Menschen
im Gazastreifen und in vielen, zum Teil nicht anerkannten
Orten - da Orte von Beduinen - in der Westbank und im Negev nur träumen….
Oder als Nierenkranke
ohne Dialysegeräte einfach sterben …
Ist das nicht ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit ?
* “Gaza Strip – The Political Economy of De-development “ S. 165 ff