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Totaler Rassismus, totaler Krieg

 

Saleh al Naami, Al-Ahram,  24.-30.Dezember 2009

 

http://weekly.ahram.org.eg/2009/978/re82.htm

 

Mahmoud Hussein versucht seine Tränen zurückzuhalten, wenn er auf seinen 30 Jahre alten Bruder Ahmed schaut, der an Wirbelsäulenkrebs leidet. Die Familie wartet ungeduldig, dass die Gazagrenze geöffnet wird, damit Ahmed ins Ausland zur Behandlung fahren kann, da es auf Grund der  von Israel auferlegten Belagerung die medizinischen Apparate in Gaza nicht gibt. Ahmed, der in Gabalya, nördlich von Gaza  lebt, ist nicht der einzige Palästinenser, der schon in verhältnismäßig jungem Alter fortgeschrittenen Krebs hat.

 

Nach pal. medizinischen Quellen nimmt die Zahl der Patienten mit krebsartigen Tumoren in den Gebieten, die Israels Armee während des Krieges im Gazastreifen angegriffen hatte, zu. Als der 1. Jahrestag  dieses Krieges sich näherte, waren die Palästinenser erschrocken, als sie   immer mehr schädigende Wirkungen  dieses Krieges feststellten. Eine Palästinenserin, deren Haus im Distrikt von Al Sahaaf, östlich von Gazastadt mit weißem Phosphor getroffen wurde, gebar ein Baby mit deformiertem Herzen. Ärzte berichteten von einer anderen schwangeren Frau im Norden Gazas, deren Haus mit  dem selben chemischen Mittel angegriffen wurde, ihr Baby hat dieselben Schäden.

Das Überleben  der Kinder hat geringe Chancen, weil das belagerte Gaza  für solche Behandlungen nicht  ausgerüstet ist. Die Mutter erzählte den Ärzten, dass sie während des Krieges  große Mengen des weißen Phosphorrauches eingeatmet hat, weil in diesem Gebiet wiederholt Angriffe stattgefunden haben. Weißer Phosphor ist eine chemische Substanz, die  zusammen mit Sauerstoff leicht brennt. Es brennt sich durch die Haut, Körpergewebe und Knochen. Die Körper von Opfern des Weißen Phosphor sind gewöhnlich schwer verkohlt.

 

In einem Bericht zum ersten Jahrestag des Krieges berichtet das Dameer Zentrum für Menschenrechte von der hohen Zahl der deformierten Babys und Fehlgeburten und dass die Anwendung von radioaktiver und giftiger Munition durch die israelische Armee  im Gazastreifen den Gesundheitszustand der Palästinenser sehr verschlechtert hat. Der Bericht gründet sich auf eine Untersuchung, die herausfand, dass Gesundheit und Umweltbedingungen im Gazastreifen sich als Folge von Israels Angriff und  die Schließung der Grenzen seit drei Jahren durch die Besatzungskräfte verschlimmern.

Inzwischen haben italienische  Forscher entdeckt, dass der Boden im Gazastreifen jetzt krebserregende und giftige Stoffe als Folge von  Israels Verwendung von international verbotenen Waffen während des letzten Krieges im Gazastreifen enthält.  Bei einer Pressekonferenz in Gazastadt sagten Experten, dass diese Gifte und die Krebserreger ein hohes Risiko für ungeborene Kinder sind und dass das palästinensische Gesundheitsministerium alle Palästinenser   in den Gebieten  testen solle, die während des Krieges bombardiert wurden. Die Italiener, die diese Gebiete untersucht haben, machten darauf aufmerksam, dass viele Gaza-Bewohner an chronischen Darm- und Lungenerkrankungen leiden werden.

 

Nach diesen Experten zeigen  ausgeführte Tests innerhalb  des Gazastreifens an, dass 12 Gifte und radioaktives Material aus Israels  üppiger Verwendung von international verbotener Munition nun dort liegen. Solche Waffen führten dazu, dass die Körper vieler Opfer übel zugerichtet waren.

 

Es wurden noch beunruhigendere Fakten aufgedeckt. Das Adala-Menschenrechtszentrum behauptet, dass der Gazastreifen nun die Heimat für die höchste Zahl von behinderten Menschen in der Welt sein wird. Etwa 4 % der Palästinenser im Gazastreifen oder 70 000 Bewohner sind jetzt in irgendeiner Weise behindert. Ihr Leiden wird außerdem dadurch verschlimmert, dass Israel die Einfuhr  für  notwendige Medikamente  und medizinische Rehabilitationsgeräte verweigert. Und außerdem keinen ausreisen lässt, der im Ausland medizinische Hilfe benötigt.

 

 

Während die Palästinenser an den 1. Jahrestag des Krieges denken, enthüllen Israelis die Gründe für die grausame Behandlung der Palästinenser während des Krieges. Ein Erlass vom Chefmilitärrabbiner  Brigadegeneral Avi Rontzki für die  israelischen Soldaten am ersten Jahrestag des Krieges ruft sie dazu auf, keine Gnade oder Mitleid mit den Palästinensern zu zeigen. Der Erlass, der in den israelischen Medien zitiert  wurde, legt dar, dass es das Ziel des letzten Krieges im Gazastreifen war, den Feind zu zerstören und zu vernichten und keine Gefangenen zu nehmen. Weiter sagt er, dass etwa 80 Flugzeuge verschiedene Ziele im Gazastreifen angegriffen und dass dann die Panzer mit ihrem Angriff begonnen hätten. Wir bekämpften die Einheimischen mit all unserer Kraft und Macht.

 

Oren Yiftahel, Politikwissenschaftler an der Ben Gurion-Universität im Negev, beschrieb Israels Brutalitäten während des Kriegs. Es wurde israelisches Verhalten (?) erwartet und eine Erweiterung zionistischer Politik, die an die Auslöschung des palästinensischen Volkes mitsamt  seiner Geschichte und Existenz glaubt. Es ignoriert die legitimen Rechte des palästinensischen Volkes, die ihm rechtens zustehen und nicht auf Grund israelischer Barmherzigkeit.

 

Yiftahel behauptete in einem Artikel von Haaretz, dass „Israels Invasion in den Gazastreifen nicht nur eine militärische Operation war, um den Qassembeschuss zu beenden oder ein Versuch, Israels Abschreckungsfähigkeit wieder herzustellen oder  gar eine Bemühung um anderen die Herrschaft aufzuzwingen und die gewählte Hamas auszubooten. Der Krieg  war eine Fortsetzung einer seit langem durchgeführten Strategie, die historische Referenz der Palästinenser und ihre Existenz zu verleugnen und auszulöschen.

 

Er klagt alle Israelis an, die an diesem feindseligen Akt gegen die Palästinenser teilgenommen  haben und stellt fest, dass die israelischen Politiker, Künstler, Medien, Universitätsdozenten und Intellektuelle diesen Krieg mit Begeisterung unterstützt haben. Yiftahel behauptet, dass Israels Krieg gegen Gaza und besonders gegen die Hamas eine Reaktion auf das Hochkommen der Hamas sei, das die Möglichkeit einer Zwei-Staatenlösung untergräbt. Diese Lösung sei ideal für Israel, weil es für dieses bedeutet, dass das Siedlungsprojekt unendlich weitergehen könne,“ meint er.

 

Nach Yiftahel gab die Ernennung von Ismael Haniyeh, (der aus einer Flüchtlingsfamilie kommt), als Ministerpräsident der Hamasregierung den Palästinensern noch einen Grund, auf dem Rückkehrrecht für die palästinensischen Flüchtlinge  zu bestehen, von dem die Israelis glauben, es würde ihre bloße Existenz bedrohen: statt  sich mit der Realität  und all ihren Komplikationen  auseinander zu setzen,  wendet es Staatsterror an“,  schreibt Yiftahel: Noch mehr Kugeln, noch mehr Sprengstoff, noch mehr getötete Kinder und  verbrannte Städte werden die Geschichte nicht zum Schweigen bringen. Die Zeit, die mit Kriegstrommeln vergeudet wurde, wird sich wieder melden, wenn sie verstummt sind.

 

Der israelische Historiker Tom Segev glaubt, dass eines der Ziele des Gazakrieges war, ein Prinzip zu üben, das im Zionismus wurzelt, nämlich  gegen die  Palästinenser zu kämpfen, um ihnen eine Lektion zu lehren. Dies ist eines der Hauptgründe des zionistischen Projektes seit Anfang an. Segev erklärt, dass dahinter der Gedanke steckt, dass „wir, die Juden, die Moderne und die Zivilisation, die Logik und die Ethik vertreten. Die Araber dagegen sind primitive Wilde mit irrationalen gewalttätigen Neigungen und  unwissend, und die  auf die richtige Weise des Denkens mit Zuckerbrot und Peitsche diszipliniert und erzogen werden müssen.

 

Segev fährt fort, Israel glaube, der Krieg würde die Hamas stürzen. Dahinter stecke wieder ein zionistischer Gedanke: die Notwendigkeit, den Palästinensern eine moderate Führung zu verpassen, die auf nationale Ziele verzichtet.“ Segev beschreibt Israels Gründe und Ziele für den Krieg im Gazastreifen als nochmals aufgenommene verfehlte Überzeugungen, aber Israel fährt fort, sie von einem Krieg zum nächsten neu aufzubereiten.

 

Tatsächlich war  der israelische politische und militärische Analytiker Ofer Shelah der erste, der den Angriff  auf den Gazastreifen als  den Beginn einer neuen Defensivdoktrin für Israel markierte, nämlich dass Israel als Schurkenstaat handelte angesichts des Feindes, der eine Strategie der Zermürbung und das Abschießen ( von Qassams) aus großer Entfernung übernommen hat. Mit andern Worten: auf Schießen mit einer wilden und massiven Militäroperation zu reagieren ohne Rücksicht auf die Zahl der Opfer in seinen Reihen.

Diese Argumente erklären das schockierende Ergebnis des Gazakrieges. Während dieses Krieges handelte Israel nach einem klaren Sicherheitsprinzip: auf Konfrontation mit dem palästinensischen Volk setzen, ohne Rücksicht auf Verluste unter den Zivilisten.

 

(dt. Ellen Rohlfs)