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Reuven Kaminer, 9.3.09
Für den uneingeweihten
Beobachter könnte es schwierig sein, die Tatsache zu akzeptieren, dass ein
rassistischer, krypto-faschistischer Politiker im
Begriff ist, die zweitwichtigste Person
in der israelisch politischen Arena zu werden. Deshalb lohnt es sich, die
sachliche Basis der Beschuldigung
herzustellen, dass wir uns nun mit dem wahrlich hässlichen Gesicht eines reinen und unverfälschten
Rassismus befassen müssen. Avigdor Liberman ist im Begriff,
der Außenminister in Netanjahus neuer
Regierung zu werden.
Es ist klar, dass die
Person, die in einem vollen Theatersaal „Feuer!“ schreit, nicht das Privileg
der freien Rede beanspruchen kann und
für die Folgen seiner Aktion
verantwortlich ist. Man vergleiche dies nun mit der prominenten politischen
Figur Avigdor Liberman, der
in Israel in seiner Wahlkampagne den Slogan in den Mittelpunkt stellte: „Ohne
Loyalität ( zum Staat Israel) keine
Staatsbürgerschaft“.
Dieser Slogan, der nur
eines von vielen Beispielen in Libermans
rassistischem Arsenal darstellt, ist
eine klare Provokation, die gegen Israels arabische Bevölkerung gerichtet ist,
die ein Fünftel der israelischen Bevölkerung ausmacht. Liberman
behauptet, dass von Israels arabischen Bürgern angenommen werden muss, dass sie
gegenüber dem Staat nicht genügend loyal sind, dass sie - verständlicherweise – Israels Politik in wichtigen Punkten nicht genügend
unterstützen. Libermans Rechtfertigung seines Planes
ist auch aufschlussreich. Er behauptet, der Treue-Eid sei nicht rassistisch,
weil er ihn von allen Bürgern Israels verlangen will. Und nur jene, die den
Test nicht bestanden haben, soll die
Staatsbürgerschaft entzogen werden.
Es sollte jedem objektiven
Beobachter klar sein, dass Libermans Programm eine
Kriegserklärung an Israels palästinensische Minorität ist, die ein Fünftel der
Bevölkerung ausmacht. In unserer Gesellschaft, die von einem Krieg zum
nächsten und in einer krankmachenden
Atmosphäre von brodelndem Hass und
großer Feindseligkeit lebt, kann
man Stimmen gewinnen, wenn man zur Aberkennung der bürgerlichen Rechte von 1,5 Millionen israelischer Palästinenser aufruft. Es
sollte deshalb klar sein, dass nach der Aberkennung der bürgerlichen Rechte die
ethnische Säuberung folgt.
Avigdor Liberman wird als Seniorpartner im neuen Kabinett
Netanyahus von diesem sicher zum
Außenminister gewählt . Liberman,
der offiziell auch ein erster Anklage-Kandidat
für anhängige Korruptionsfälle ist , soll auch
als Polizeiminister oder Justizminister zur Wahl stehen. Die Medien, die sich
selbst auf das Votum der Wahlergebnisse
berufen, stärken die Idee, dass Liberman nur ein weiterer legitimer Politiker in der lokalen
Arena sei. Eine fortschrittliche,
aufgeklärte öffentliche Meinung jedoch – hier und im Ausland – wird es nicht
akzeptieren, dass ein rassistischer, neo-faschistischer Politiker Israels
Regierung in seine Tasche stecken kann. Keine Stimmenanzahl und Mandatsmenge
kann Rassismus und Chauvinismus legitimieren.
Clinton versuchte während
ihres kürzlichen Aufenthaltes in der Region, ein
bisschen Begeisterung für Friedensaussichten herzustellen. Sie sagte, es solle
keine Zeit verschwendet werden und dass neue kreative Schritte notwendig seien
(Haaretz, 4. März 09). Das Problem ist nur, dass wir
diesen Weg schon vorher gegangen sind
und etwas über seine Biegungen und Windungen wissen. Wir sind schon ein wenig immunisiert gegenüber Statements
wie:
„Unserer Einschätzung nach
wird schließlich eine
Zwei-Staatenlösung unvermeidbar sein.“
Während sich Frau Clinton
strickt ans Protokoll hielt, machte sie deutlich, dass die USA sich nicht
vorstellen kann, sich in die laufenden israelischen Koalitionsverhandlungen
einzumischen. Sie und Netanyahu kamen beide breit lächelnd aus ihrer
Besprechung. So lang wie Bibi lächelt, kann man davon ausgehen, dass es keinen
Fortschritt beim palästinensischen Problem gab. Außerdem scheint es, dass die beiden verwandte Seelen
sind hinsichtlich der Gefahr aus Teheran. Clinton entschuldigte sich
gegenüber den gegenwärtigen und den zukünftigen Führern Israels fast, indem sie
betonte, die USA würde mit weiteren Sanktionen gegenüber Teheran vorgehen, um
die Reichweite der iranischen Raketen zu beschränken. Während Clinton sich
gegenüber der israelischen Führung
freundlich verhielt, kam der russische
Außenminister Sergei Lavrov mit einem wirklich
weittragenden Vorschlag: alle nuklearen
und anderen Massenvernichtungswaffen aus
dem ( ganzen) Nahen Osten zu verbannen. Frau Clinton könnte darüber
nachgedacht haben, dass über solch eine Ächtung diskutiert werden müsste.
Clinton bewies, dass sie
weiß, wie vorsichtig man auftreten muss, wenn es sich um israelische Interessen
handelt. Sie erreichte die Region, nachdem die ägyptische Diplomatie gerade
ernste Schwierigkeiten überwunden hatte,
in denen es darum ging, eine Übereinkunft zwischen Israel und Ägypten zur
Grenzkontrolle zu gewinnen – um dann zu sehen, dass dieses von Olmert sabotiert
wurde: er entschied zur Überraschung
aller, einschließlich seines eigenen Volkes, ein Ultimatum, das den Gefangenenaustausch
mit dem Grenzübergangsabkommen verknüpft. Olmert versuchte noch einmal, jeden
davon zu überzeugen, dass die Hamas am Rande eines Kollapses stünde. Doch auch
nach dieser Konfrontation kam er wieder mit leeren Händen. Clinton mit einem
Minimum an Verantwortung war aus Loyalität zu den Ägyptern klar verpflichtet …
Olmert zu beruhigen. … Statt sich um das Grenzübergangsabkommen zu bemühen, die
wirksamste Weise, die Qassamraketen zu stoppen,
versuchte Clinton, die Liste der genehmigten Artikel für die humanitäre
Versorgung ( im Gazastreifen) zu erweitern. Olmert & Co
waren von dem Besuch nicht verunsichert. Sie fuhren fort, Häuser in
Ost-Jerusalem zu zerstören und gaben zu, dass es Pläne für Siedlungserweiterung
gibt. Clinton sagte nur, dass dies „nicht hilfreich“ wäre.
Während die Palästinenser
sich bemühten, eine Einheitsregierung zu bilden, schlug Clinton das Protokoll
in den Wind und verkündete ihre Opposition an der zukünftigen Teilnahme der
Hamas an einer wieder eingesetzten palästinensischen Regierung. Wenn dies
tatsächlich die US-Position ist, dann ist sie schlechter als die der
vorausgegangenen Bush-Regierung. Ein Kompromiss war ausgearbeitet worden, bei
dem die Hamas, ohne ihre eigenen ideologischen Vorbehalte zu ändern, in einer
palästinensischen Regierung teilnehmen würde, die auf der Basis von kürzlich
eingegangenen Verpflichtungen vorgehen würde. Es wäre sicher hilfreich, wenn
sie George Mitchell um Rat fragen würde, der alle Details davon weiß.
Es sollte anerkannt
werden, dass die Obama-Regierung sich bemüht, eine Art Überblick über die
US-Außenpolitik zu verschaffen. Aber es ist unnötig, ja gar nicht hilfreich,
einen Israelbesuch nach alter Bushmanier
durchzuführen und eine neurotische Angst
zu signalisieren, Israels Anti-Friedenskoalition zu kränken. Eine Sache stimmt
hinsichtlich der israelischen Führer: sie haben einen sechsten Sinn dafür, wann
Washington nicht ganz ernst zu nehmen
ist.
(dt.: Ellen Rohlfs)