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Die wachsende Zeltstadt in Ost-Jerusalem

(The Other Israel, 143/ 144, Nov. 2009)

 

Während des letzten Jahres wurden  1000  palästinensische Bewohner des Ost-Jerusalemer Stadtteils Sheik Jarrah das Ziel eines anhaltenden Prozesses der Vertreibung und Enteignung. Eine Gruppe Siedler, vom berüchtigten Irwing Moskowitz gesponsert, möchte, dass  sie alle  einem rein jüdischen Stadtteil Platz machen, den sie  rund um ein altes Grab  von Shimon Hazadik, dem Gerechten (3. Jhdt) bauen wollen.

Nach einem jahrzehntelangen juristischen Kampf erklärten die israelischen Gerichte, dass die  Siedlervereinigung auf Grund von obskuren ottomanischen Besitzverhältnissen von vor 1887 der legale Besitzer wäre. Während  die palästinensischen Besitzansprüche von vor 1948 in Westjerusalem für null und nichtig erklärt wurden,  was für Palästinenser natürlich äußerst ärgerlich ist. Die Richter bestehen darauf, dieses Problem als rein ziviles Problem anzusehen: Die pal. Mieter  würden sich geweigert haben, dem ( jüd.) Besitzer  Miete zu zahlen. So bekommen die Palästinenser  auf Anweisung der Siedler einer nach dem andern die  Ausweisungs-Order, wobei sie sich auch weigern, mit ihnen die Probleme zu diskutieren.

 

Vor einem Jahr war  die al-Kurd-Familie die erste, die aus ihrem Haus im Sheik Jarrah-Stadtteil geworfen wurde. Die Vertreibung des alten Ehepaares mit einer 500 Mann starken Polizeitruppe war  einfach fürchterlich. Muhammed Al-Kurd hatte während der Vertreibung aus dem Haus einen Herzanfall und starb dann einige Tage später daran. Das Zelt, in dem seine Frau Um Kamel nun lebt, steht vor ihrem früheren Haus und wurde schon mehrfach von der Stadtverwaltung abgerissen  -  und  von anderen wieder aufgebaut. (Als Protest wurde es schon einige Male vor ihrem Haus in Westjerusalem, in dem sie bis 1948 lebten, aufgebaut.)

Seitdem haben sich  60 auch ausgewiesene Nachbarn von Um Kamel ihr angeschlossen und leben in der wachsenden Zeltstadt. Die Straßen, die bis dahin zu einem guten Mittelklassestadtteil gehörten, sind nun zu  Straßen mit Spannungen und Zusammenstößen geworden. Tag und Nacht patrouillieren grimmig dreinschauende und  mit Maschinengewehren bewaffnete Sicherheitsleute der Siedler durch die Straßen

Israelische und internationale Aktivisten kommen täglich, um ihre Solidarität zum Ausdruck zu bringen, und größere Protestdemos und Events gibt es alle paar Wochen. Es gibt konventionelle und unkonventionelle Ereignisse wie Straßen-Partys, Tanz und Musik auf der Straße – arabische und westliche Musik, die in den von Siedlern besetzen Häusern gehört werden kann.

Bei solchen Gelegenheiten verbarrikadieren sich die Siedler in ihren Häusern mit der israelischen Flagge  auf dem Dach der  gestohlenen Häusern und werden weder gesehen noch gehört. Aber wenn sie das Gefühl haben, nicht beobachtet zu werden, schlagen sie erneut zu und grabschen noch ein Haus. Das letzte  am 2. November. Sie kamen mit einer Gerichtsorder, um eine Familie aus der Hälfte eines Hauses zu vertreiben ( über die andere Hälfte soll es im nächsten Februar eine Gerichtsverhandlung geben) Israelische Friedensaktivisten kamen bald und hinderten die Siedler daran, den Besitz der Familie rauszuwerfen. Internationale Medien kamen und Diplomaten, die  kein Geheimnis daraus machten,  ihren Regierungen davon  zu berichten.

Nach mehreren Stunden eines unentschiedenen Gegenüberstehens forderte die Polizei die Siedler auf, das Gebäude  für zehn Tage zu verlassen, um die Angelegenheit zu klären.

 

 Während wir hier The Other Israel druckten, kümmerten sich die Rabbiner für Menschenrechte, die sich sehr bei diesem Kampf engagierten. Sie wollen einen größeren Protest koordinieren, wenn die zehn Tage der Gnade vorbei sind.

 

(dt. Ellen Rohlfs)