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Ein Freund Israels

 

Gideon Levy, Haaretz, 21.05.09

 

Es wird schon deutlich. Der US-Präsident ist ein Freund Israels. Wenn Barack Obama so weitermacht, wie er in dieser Woche begonnen hat, dann  könnte es sich erweisen, dass er der freundlichste Präsident Israels ist, den es je hatte. Richard Nixon  rettete Israel 1973 vor den arabischen Staaten und Obama ist dabei, Israel vor sich selbst zu retten. Nixon sandte in einer kritischen Zeit uns Waffen und Munition und Obama schickt uns in einer nicht weniger kritischen Zeit die Unterlagen zu einem kompletten Friedensplan, ein Plan, der Israel retten wird.

 

Es bleibt nur die Frage, ob Obama so fest entschlossen und entschieden bleibt, wie er am Anfang dieser Woche  war. Mit einer Maßnahme veränderte  er Washingtons Wahnsinn und die Haltung gegenüber der israelischen Besatzung. Nun werden wir sehen, ob es ihm auch gelingt, diesen selben Wahnsinn in Jerusalem und Tel Aviv zu verändern. Es ist ein langer Weg, und Obama hat ihn gut begonnen.

 

Mit einer einzigen Maßnahme schränkte er die Angsttreiberei des  Benjamin Netanyahu ein, und sein Reden über den Iran  brachte er auf  seine eigentliche Größe. Mit einer einzigen Maßnahme setzte er die Schleuder der Besatzung, die wirklich existentielle Bedrohung Israels an die oberste Stelle der Agenda.  Er wehrte Netanyahus Versuche ab, ihn von wesentlichen Problemen  abzulenken,  und  blockierte alle Bemühungen, kostbare Zeit mit dem Iran zu vergeuden  und auch  mit den lächerlichen Vorbedingungen  gegenüber den Palästinensern. Er blockierte auch alle Bemühungen, uns mit Komitees, Verhandlungsversprechungen , Formeln, Erklärungen und leeren Worten abzugeben. Dies  sind Israels beste Tricks und Spielchen; alles, um der Verantwortung für die Hauptsache – dem Ende der Besatzung – auszuweichen.

 

Obama versteht, dass  es jetzt an der  Zeit ist, mit netten Worten,  impotenten Verhandlungen und einem nichtssagenden Friedensprozess aufzuhören. Jetzt ist die Zeit gekommen für   große Taten und mutige Sprünge  über den Abgrund.

 

Plötzlich haben alle „Freunde“ Israels  sich gehäutet. Auch sie spüren eine seltene Gelegenheit für den Nahen Osten. Auch sie sind  es leid, was Netanjahu zu verkaufen  versucht. Auch sie verstehen, dass erst die Yitzhar-Siedlung in der Westbank dran ist und erst dann Irans Atom-Reaktor in Busher. Wie pathetisch und herzzerreißend sah er aus, als er  nervös und schwitzend  dem neuen  zuversichtlichen, vornehmen und eindrucksvollen amerikanischen Präsidenten  gegenüber saß – dieser ohne all die Witze und das  Schulterklopfen des Ehud Olmert und George Bush. Letzterer war  tatsächlich der am wenigsten freundliche Präsident Israels -  er erlaubte ihm, all seinen gewalttätigen Wahnsinn auszuführen.

 

Wie pathetisch war die Ansicht, doch  auch ermutigend. Vielleicht hat Netanyhu  während seines kurzen und dramatischen Besuches etwas gelernt. Der Besuch hat schon   etwas deutlich gemacht: Obama riss die Maske des  sog. friedenliebenden Israels ab.  Wenn Netanyahu wirklich um das Schicksal des Landes besorgt wäre, würde er sofort mit allen Ideen, die ihm im Oval Office von diesem phantastischen Präsidenten vorgeschlagen wurden, einverstanden sein. Falls Israel nicht antwortet, dann wissen wir Israelis und der US-Präsident und die ganze Welt, dass Israel gar keinen Frieden wünscht.

 

Eine israelische Ablehnung von Obamas Bemühungen würde  aufdecken, dass es im Nahen Osten keinen Friedenspartner gibt.  Der nicht vorhandene Partner ist Israel. Nein zum Frieden mit 57 Ländern, nein  zu einer Maßnahme, die die Bedrohung  mit  der iranischen Bombe neutralisiert und nein zu zwei Staaten jetzt. Dies wäre nicht nur ein Nein zum Frieden, sondern auch zu einer Chance, den Krieg über Israels Establishments mit einem großen Sieg zu beenden. Dies würde bedeuten, dass Israels  größte strategischer Aktivposten, sein Bündnis mit den USA, zerstört werden würde. Netanyahu mag  Israel  jetzt sogar mehr gefährden als Mahmud Ahmadinejad.

Wir müssen gegenüber Obama dankbar sein. Nur vier Monate im Amt und schon  versucht er Israel, den Nahen Osten und  im Grunde die ganze Welt zu retten, dessen gefährlichster Konflikt dieser ist. Die Bedrohungen sind viele: zuallererst  eine Ablehnung durch Israel, dass Obama das Interesse daran verliert und die palästinensische Teilung. Der Ball ist nun in Netanjahus Hof. Wenn der die Besatzung beendet, wird er Frieden und Sicherheit bekommen, wenn er sie nicht beendet, wird er dies nicht bekommen. Es geht nicht um noch ein kleines Geschäft, sondern um die Zukunft des zionistischen Unterfangens. Solch eine Gelegenheit wird nicht wiederkommen. Ja, wir können. Obama hat es bewiesen; nun liegt es an uns.

 

(dt. Ellen Rohlfs)