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Die Besatzung wird
kollabieren und dann werden wir hier eine moralische Gesellschaft
aufbauen.
972mag.com
Yuli Nowak, 2.4. 17
Am
Samstagabend versammelten sich
Tausende von Palästinensern und Juden in Jerusalem, um gegen die Besatzung-zu
demonstrieren, die seit 50 Jahren herrschte,
Der Anführer von „Das
Schweigen brechen“ Yuli Nowak sprach zu den Demonstranten über die Bedeutung der
Solidarität, den Widerstand, die Gewalt und den Rassismus der israelischen
Regierung.
Dies sind
dunkle, düstere Tage. Unser Land wird
von einer Besatzung, einem Messianismus, Rassismus, Ignoranz, Gleichgültigkeit
und Gewalt beherrscht. Indem wir
den rechten Flügel anklagen, wird das der Regierung nicht helfen. Auch wenn wir
in unsern Wohnzimmern sitzen bleiben und über den Tag phantasieren,
werden sie nicht ersetzt. Und bitte, Schluss
mit der „Jeder außer Bibi-Rhetorik --- Lapid ist nicht anders“.
Die
Veränderung, die wir benötigen, um hier zu beschließen, fordert
Mut und Ehrlichkeit und die
Bereitschaft, einiges zu opfern – die Bereitschaft Privilegien aufzugeben und
den Preis zu zahlen. Zeigt mir einen Politiker – einen – der
Ministerpräsident werden will, und der bereit ist, dies zu tun.
Während der
dunklen Tage wie diese, die durch tägliche
Gewalt gekennzeichnet sind, intensivieren
Hass und schrecklichen Rassismus,
die Besatzung. Es gibt nur einen Weg, um zu gewinnen: Widerstand. Kampf,
Solidarität. Das ist es. Widerstand – das ist unsere Stärke und die Schwäche der
Regierung. Gemeinsame Kämpfe sind
unsere Hoffnung, und
was wird ein Kollaps dem Regime bringen? Solidarität ist unsere zivile
Kraft und die größte Furcht des Regimes.
Und es gibt nichts Schrecken-erregenderes für schlechte Regime, als der
Moment, wenn die Bürger aufstehen, widerstehen und
furchtlos kämpfen.
Wenn
Palästinenser dies mit gewaltfreien
Demonstrationen in den besetzten Gebieten tun– in Bilin, in Hebron, in Sheikh
Jarrah – dann ist die Antwort des Regimes immer nur Gewalt und
Zwang. Wir brauchen deshalb gemeinsame Kräfte. Weil Widerstand und zivile
Kämpfe die einzigen Mittel sind, um gewalttätige Regime herauszufordern. Sie
sind das einzige Mittel, das nicht
mit Kanonen und Schlagstöcken unterdrückt werden kann.
Solidarität
ist eine Einstellung des Geistes. Bereit sein, etwas für den anderen zu opfern
und zu verstehen, dass dies der einzige Akt ist, den das Regime nicht tolerieren
kann. Solidarität ist kein leerer Slogan. Sie ist ein Mittel, mit dem wir weder
genügend bekannt noch in Übung sind. Diese Sachlage ist günstig für das Regime
und hat Jahrzehnte lang die Regierung des rechten und des linken Flügels
unterstützt - und versichert, dass
wir nur an uns selbst denken, in existenzieller Angst lebten, die Besatzung für
nötig hielten und auf den Rassismus schauten als etwas, das uns definiert.
Solidarität
ist der einzige geeignete Akt, um solche Einstellungen zu zerstören, die uns
seit der Geburt beigebracht wurden. Solidarität ist nicht nur Anerkennung
des Leids und der Not des anderen. Solidarität ist zuerst und vor allem, dass
man das Recht des anderen anerkennt, für Freiheit zu kämpfen und Anerkennung
unserer Verantwortlichkeit und die Pflicht, diesen Kampf gemeinsam zu kämpfen.
Und gemeinsam einen Preis dafür zu zahlen. Und
gemeinsam befreit zu werden.
Das ist also
der Grund, dass die Regierung die meiste Kraft in ihre Bemühungen von
Volksverhetzung, Teilung, Hass und Furcht schaffen.
Diejenigen,
die an Freiheit, Gleichheit und Leben glauben, haben nicht länger das Privileg,
zu Hause zu bleiben. Demokratische,
öffentliche Bereiche verschwinden, Kultur, Hochschule, Freiheit des Ausdrucks,
Freiheit der Gedanken, demokratische Gleichheit, Moral und Gerechtigkeit -
all dies ist vom Regime auf
dem Altar der Besatzung, der Siedlungen und der Korruption
geopfert worden.
Dieser Kampf
ist wichtig und ist nicht nur eine Sache der Araber, der
Menschenrechte, Organisationen, der
Obdachlosen oder Äthiopier. Es ist
der Kampf
gegen die nationalistischen, messianischen, rassistischen,
zerstörerischen Regime der
Besatzung.
Seine Augen
von der Besatzung abwenden, bedeutet mit dem boshaften Regime zu kooperieren.
Der Gewalt nachgeben, heißt, sie zu stärken. Schweigsam vor dem Rassismus zu
bleiben, heißt, ihn zu legitimieren. Sich
der Furcht und Einschüchterung hinzugeben, heißt, diese dunkle Realität
zu akzeptieren, und zu erlauben, so weiter zu machen und
zu intensivieren.
Jeder Tag, der
ohne Widerstand vergeht, ist noch
ein Tag, der die Demokratie
schlimmer macht. Jeder Tag, der ohne Kampf vorüber geht, ist ein Tag mit Gewalt
gegen palästinensische Kinder. Jeder Tag, der ohne Solidarität vergeht,
ist ein Tag , in dem Rassismus und Nationalismus, Moral und Gerechtigkeit
übertrumpfen.
Jeder Tag, der
dahin geht, in dem wir vergessen, an die entsetzlichen Kräfte unserer
Gesellschaft zu denken - aller
Farben, Volkszugehörigkeiten und Organisationen - , ist ein weiterer Tag, der
den Glauben der gewalttätigen,
nationalistischen Besatzungskräfte stärkt, dass es
nichts gibt, das sie stoppt und dass sie mit ihrem nationalistischem
Projekt der Besatzung ungestört weitermachen können. Dass sie mit dem Zerstören,
Verletzen, Schädigen und Töten weitermachen können.
Allein heute
gerade hier, jenseits dieser Mauern, nimmt die Aufrechterhaltung und die
Bewahrung der Besatzung weiter ihren Zoll. Die Opfer dieser Realität, die Leben
von beiden, den Juden und Palästinensern, sind nicht prädestiniert. Dies ist der
Preis, der für die andauernde Politik der Gesetzlosigkeit Israelischer
Regierungen gezahlt werden muss.
Ich sage diese Dinge hier
in Jerusalem. Eine Stadt, deren Straßen von hemmungslosen, rassistischen ,
rechten Gangstern beherrscht worden sind. Eine Stadt, die von rassistischen,
opportunistischen Bürgermeistern geführt wird. Eine Hauptstadt, die keinen
Anschein von Gerechtigkeit und Gleichheit hat.
Also ja! ich
rufe für uns alle auf, sich den Kräften in unserm Kampf anzuschließen
hier und jetzt. Um für unsere Wahrheit zu kämpfen. Alles für unsere
Zukunft zu geben und Hoffnung zu geben. Weil, wenn wir gegen das Böse in
Solidarität als eine vereinte Front kämpfen, werden wir auch gewinnen. Und ja,
dann wird die Besatzung enden. Und Jerusalem wird das sein, was sie sein sollte
– die Hauptstadt eines demokratischen, gerechten und
vernünftigen Staates.
Wir können es
uns nicht länger leisten, unsere Privilegien festzuhalten. Wir können nicht
länger das Privileg haben, leichte, bequeme
Lösungen zu suchen, für die wir keinen Preis zahlen müssen.
Es ist Zeit,
dass wir uns mit unsern Ängsten und mit der schmerzlichen aber befreienden
Wahrheit auseinander setzen. Es ist nicht nur Netanjahu. Es ist nicht nur
Naftali Bennett. Es ist nicht nur Yair Lapid.
Und es ist sicherlich nicht
Herzog. Wir sind es. Der Kampf geht
darum, wer wir sind und wer wir sein wollen.
Hier und
jetzt, sagen wir laut und deutlich: Ihr werdet mit eurer Gewalt weitermachen,
und unsere Solidarität wird siegen.
Ihr werdet mit eurer Unterdrückung
weitermachen, und die Gerechtigkeit wird siegen. Ihr werdet weiter hassen und
einschüchtern, und wir werden unbeirrt weitermachen.
Ihr werdet weiter besetzen,
und die Besatzung wird enden. Die Besatzung wird kollabieren. Und dann werden
wir eine moralische demokratische Gesellschaft hierbauen, wo wir alle die
Gelegenheit für eine wahre Reform haben.
(dt. Ellen Rohlfs)