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					Tu deinen Mund auf für die Stummen und für die Sache aller, 
					die verlassen sind. Sprüche 31,8 
					 
					 
					
	
		 
		
		
		 
	
			
		 
				 
		
				 
			
Reuven Moskovitz 
– Hotel Leonardo Inn, Nr.721, Postfach 
3686 , 96100 Jerusalem,
Tel. 00972 2 653 51 03, 
vardamos@hotmail.com
Liebe Freundinnen 
und Freunde,
Die wenigen Leser, 
die auf meine selten gewordenen Briefe reagiert haben, bringen 
zum Ausdruck, dass sie sie eine Hoffnungslosigkeit darin spüren – nicht 
nur im veränderten  Logo,  
sondern auch im Inhalt des Geschrieben. 
Dass wir Menschen 
ohne Hoffnung nicht leben können, ist selbstverständlich. Nicht 
selbstverständlich ist die Erwartung, man solle von Hoffnung sprechen in einer 
aussichtslosen Situation. Alle unsere Propheten haben die 
Hochmut der Regierenden
angeprangert 
und zur Umkehr aufgerufen, um die 
Zuversicht
wiederherzustellen. 
In den vergangenen 
Jahren stand ich oft am Rande der Verzweiflung. Immer aber blieb ich bei meiner 
festen Überzeugung, dass die Hoffnung Voraussetzung ist, um aus der 
Ausweglosigkeit herauszufinden.
In diesem 
Zustand  traten 
zwei Ereignisse ein, die meine Zuversicht 
gesteigert haben: meine Teilnahme an der Gaza - Fahrt des Bootes der 
“Jüdischen  Stimme für einen 
gerechten Frieden“ - und die Nachricht dass Sumaya Farhat Naser und ich für den 
Amos-Preis nominiert worden sind!
Das jüdische Schiff 
nach Gaza
Die Entscheidung, 
mich an der Bootsfahrt zu beteiligen, traf ich, als ich erfuhr, dass das 
jüdische Boot sich kurz vor den  
Herbstfeiertagen auf dem Weg machen sollte. Wie Ihr wisst, bin ich kein 
gesetzestreuer Jude, dennoch tief durchdrungen vom jüdischen Geist des Friedens, 
der Gerechtigkeit und der Menschenliebe. 
Diese Feiertage sind Tage der Umkehr, der Bitte um Verzeihung und der 
Versöhnung. Vor Rosh Hashana  bittet 
man Gott um Verzeihung für Sünde und Versäumnisse. Die zehn Tage zwischen Rosh 
Hashana und Jom Kippur sind die Tage der Umkehr und der Versöhnung. Eine uralte 
jüdische Regel heißt, dass Sünde zwischen Mensch und Gott von Gott verziehen 
wird, während für Sünden zwischen Menschen die Menschen sich gegenseitig um 
Verzeihung bitten und versöhnen müssen. 
Ich schlug vor, die Gaza-Fahrt in die Zeit der Verzeihungsgebete und der Umkehr 
zu verschieben.
Selbstverständlich war mir klar, dass ein kleines Boot mit einer Handvoll 
Menschen die politischen Umstände nicht ändern wird. Ich habe meine Hoffnung nur 
darauf gesetzt, dass nach dem mörderischen Piraterie - Drama auf der Mavi 
Marmara,  meine israelische 
Regierung sich siebenmal überlegen würde, 
ein kleines Boot, hauptsächlich mit Juden besetzt, ebenso zu überfallen.
Die Sprecher der Besatzung, Rami El-Chanan so wie Jonathan Shapira und sein 
Bruder Itamar, haben eindeutig in allen Presseerklärungen klar gemacht, dass wir 
keine Provokation beabsichtigten, sondern einen symbolischen Durchbruch der 
Blockade. Das war unsere Botschaft: “wir halten es für unsere Pflicht als Juden, 
unsere Feinde – die Hamas-Anführer von Gaza – aufzurufen, den Teufelskreis von 
Hass und gegenseitigem Morden zu verlassen“.
Unsere Hoffnung wurde gestärkt durch ein eindeutiges Angebot aus Gaza, dass 
jeder Jude und Israeli der mit Friedens- und versöhnlicher Absicht nach Gaza 
kommt, mit der traditionellen arabisch-moslemischen Gastfreundschaft empfangen 
wird. 
Uns Teilnehmern war klar, dass die israelische Regierung versuchen würde, uns 
davon abzubringen nach Gaza zu fahren. Wir hielten auch für möglich, dass man 
uns  mit Gewalt 
stoppen würde. Wir waren entschlossen, in diesem Falle Folgendes zu 
erklären: „Wir befinden uns in einem Boot unter britischer Flagge. Wir leisten 
keinen gewalttätigen Widerstand. Die einzigen Waffen, die wir haben, sind 
symbolische Güter wie Wasserreinigungsgeräte, Fischernetze, Medikamente, 
Kinderspielzeug und 50 Mundharmonikas für Kinder in Gaza.“
Mit Absicht haben wir uns fern gehalten von israelischen territorialen 
Gewässern. Als wir noch über dreißig Meilen von Gaza entfernt waren, näherten 
sich mehrere israelische Kommandoboote mit dem Aufruf, dass unser Versuch 
illegal sei und dass Gaza sich unter 
internationaler 
und israelischer Blockade befände. Unsere Antwort war, dass wir uns in 
internationalen Gewässern aufhielten, dass uns eine internationale Gaza- 
Blockade nicht bekannt sei, und, da Israel Gaza 2005 geräumt hat, die 
israelische Flotte kein Recht habe, ein Boot unter englischer Flagge zu entern. 
Dann der blitzartige 
Überfall: etwa sieben Kommandoschnellboote und dazu zwei Kanonenboote 
umzingelten unseren winzigen Katamaran..Gemäß unserer Entscheidung saßen wir 
untergehakt -  und ich spielte auf 
meiner Mundharmonika “Hevenu Shalom Elechem“ – Wir wollen Frieden für alle. „We 
shall overcome“ zu singen, haben wir nicht mehr geschafft, da plötzlich Dutzende 
von schwer bewaffneten Soldaten mit voller Wucht auf das Schiff sprangen und den 
Kapitän gewaltsam vom Steuer entfernten. Ich zog instinktiv einen Hebel um die 
Motoren zu stoppen. Dabei merkte ich, dass mehrere Soldaten und ein Oberleutnant 
versuchten, Jonathan und Rami El Chanan zu trennen und andere fielen über Itamar 
her, sein Sendegerät wurde beschlagnahmt und die Antenne zerbrochen. Ich sah, 
wie ein Offizier, seine Pistole zog und auf Jonathan eine Kugel abschoss, die 
einen elektrischen Schock verursachte, worauf 
der einen schrecklichen Schmerzensschrei ausstieß. Rami versuchte 
Jonathan zu schützen und wurde von mehreren Soldaten überfallen. Da fing ich an 
zu schreien und zeigte auf meine und die anderen Mundharmonikas, dass das 
die 
einzige Waffen sind, 
die wir besitzen. Dazu, dass Rami kein Verbrecher, sondern Vater einer bei einem 
Terroranschlag getöteten Tochter sei. Unser Gepäck, auch die Tasche mit meinen 
Medikamenten und Ausweisen, schleuderte man auf die angreifenden Schiffe. Dann 
wurden  Israelis und 
nicht-israelische Insassen getrennt. Jonathan und Itamar wurden mit Gewalt von 
uns gerissen und auf ein Kommandoboot transportiert. Mir wurden derweil die 
Mundharmonikas, die  Geschenke für 
die Kinder, mit einem Gewehrstoß aus den Händen geschlagen und ich hörte das 
Knirschen der „Waffen“ unter den Soldatenstiefeln.
Mein Herz fing an 
rasend zu schlagen -  und die Tasche 
mit meinen Medikamenten war nicht zu finden. Da kam die gespielte Barmherzigkeit 
der israelischen Armee zum Zuge. Ein Arzt wurde gebracht, der mich behandelte 
und sich bemühte, mich zu beruhigen - 
und sich zu entschuldigen! Plötzlich erschienen Kartons mit 
Mineralwasser, Käsebrote und Obst -  
als ob die Aktion dazu gedient hätte, uns vor dem Verhungern zu retten. 
Angehängt an ein 
Schnellboot mit starker Bugwelle, standen wir plötzlich alle fast bis an die 
Knie im Wasser. Der Befehlshaber der Aktion versuchte mit mir ins Gespräch zu 
kommen und mich für die unverantwortliche Aktion
die er für sich peinlich fand, 
zu tadeln. Versöhnlich wie ich bin, kam ich mit ihm ins Gespräch. Er hat sogar 
mein Mundharmonika-Spiel in meinem fortgeschrittenen Alter bewundert. Es sind 
dann noch ein paar jüdische Sprüche und Anekdoten unserer Weisen gefallen, was 
dem Oberst offensichtlich Unbehagen bereitete. Es war schon ein surrealistischer 
Zustand, der einen israelischen Spruch bestätigte, der auch zu einen Buchtitel 
geworden ist: „Wir schießen und weinen“. 
Mehreren Soldaten, die dem Gespräch zuhörten, war ihre offensichtliche 
Verlegenheit anzusehen. 
Dann kam die 
Festnahme im Hafen Ashdod. Die fünf Israelis wurden erwartet von Hunderten 
Polizisten, Offizieren, Gefängniswächtern, militärischer Presse, zahllosen 
Geheimdienstlern und einem unfreundlichen Empfang, 
Durchsuchen und Verhör bei brennender Hitze. Nur auf unseren Protest und 
nach Beratungen einiger Offiziere durften einige im Schatten warten.
Als ich das erste 
Mal Kafka gelesen habe, dachte ich, dass er übertreibt und Kultur und Recht 
zu hoffnungslos  beschreibt. 
Die Situation im Hafen von Ashdod überstieg seine Darstellung vielleicht noch. 
Der Polizei überantwortet und in  
Anwesenheit einer Rechtsanwältin, hat sich die Situation dann geändert. Nach 
mehreren Stunden – zwar freundlichen 
- Verhörs sind wir auf Bewährung freigelassen worden, nachdem wir eine 
Garantie von 5000 Shekel unterschrieben, uns der Polizei oder dem Gericht zu 
stellen, wann immer wir aufgefordert werden.
Trotz der 
Traurigkeit nach diesen Erlebnissen, ist meine Hoffnung gewachsen 
durch die anrührenden neuen Begegnungen auf dem Schiff. Der kleine, zarte 
und schlanke Kapitän, Glynn, die zwei Frauen, Edith und Lilian, Rami und die 
beiden Brüder Jonathan und Itamar, ein israelischer und englischer, aus Indien 
stammende Reporter, sind für mich eine Art Offenbarung von Liebe, Solidarität 
und der Entschlossenheit, die Menschlichkeit und Hoffnung nicht aufzugeben.
Amos Preis
Nun kam die absolut 
unerwartete Überraschung. Der Prophet Amos war schon immer einer meiner meist 
geliebten Propheten. Als Student, mit meinen Lehrern Ernst Simon und Martin 
Buber, habe ich mich oft unterhalten über den Weg, die junge Generation im Geist 
unserer Propheten, und insbesondere Amos, zu erziehen.
 Nun wird meine Hoffnung entfacht, dass 
dieser Preis mir und meinen Gleichgesinnten neue Voraussetzungen schafft, 
vielleicht erfolgreicher als bis jetzt gegen die hoffnungslose Politik 
israelischer Machthaber aufzuschreien und zu mahnen.
Weil „alles seine Zeit hat“ ist es die höchste Zeit zu versuchen die 
israelischen und deutschen Regierenden zu einem raschen Ausstieg aus der 
hoffnungslosen Politik zu bewegen.
Mit herzlichen 
Wünschen zu frohen Weihnachten und zum neuen Jahr, 
Euer Reuven.