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Die wunderbare Geschichte des
ersten Universitäts-Krankenhauses in der Westbank und sein „sehr israelisches“
CEO
Man
treffe den Mann, der Palästinas erste künstliche Herz-Transplantation ausführte.
Gideon
Levy und Alex Levac 19.
August 2017
Dies ist
das ruhigste Krankenhaus, in dem ich jemals gewesen bin,
wahrscheinlich auch das sauberste. Besuchsstunden enden
um 12 Uhr mittags und in den Korridoren herrscht Ruhe. Poster
über obligatorisches Hände-waschen hängen
an jeder Wand. Nur ein
einziger Patient ist in der
Herz-Intensiv-Station, der als
Kind mit dem palästinensischen
Ministerpräsidenten Rami
Hamdallah zur Schule ging, der jetzt fragt, wie es dem Mann geht, nachdem er
Berichte gehört hätte, dass er gestorben sei. Es war auch Hamdallah als
Vorsitzender des Direktoren-Vorstands des
Krankenhauses, der auch den CEO des
Instituts rekrutierte, Saleem
Haj-Yahia.
Die
Geschichte von Prof. Haj-Yahia und die des An-Najah-National-Universitäts-Krankenhauses,
dem ersten Universitäts-Krankenhaus
in den (besetzten) Gebieten ist eine einzigartige, ja,
wunderbare Geschichte, die
in Nablus auf dem Gipfel des Mount Ebal geschieht. Als das
Krankenhaus vor 3 ein halb Jahren eingeweiht wurde, hatte es 217 Betten
und über 100 Ärzte. Nun sind die
Bulldozer am Werk, um den 4. Abschnitt,
einen 15stöckigen Turm zu bauen der etwa
$ 100 Millionen kosten wird. Wenn er-- hoffentlich in fünf Jahren eröffnet wird
- wird das Krankenhaus 800 Betten haben.
Augenblicklich rühmt sich
das An-Najah –Krankenhaus eine hypermoderne medizinische Einrichtung zu
sein von MRI Scanner bis zu
künstlichen Herzen. Die einzige
wichtige Einrichtung, die fehlt,
ist ein PET/CT-Scanner, der zur
Behandlung und Diagnose für Krebs benützt wird. Die finanziellen Mittel für
seine Anschaffung sind aufgebracht worden, aber Israel
sperrt seinen Import.
„Die
Israelis denken, dass wir so talentiert sind, dass wir
dies verwenden, um eine Atombombe zu bauen,“ witzelt
Haj-Yahia mit ironischem Lächeln.
Die
Geschichte des Krankenhauses, wie die seines
CEO zerbricht Stereotypen
und vorgefasste Auffassungen, besonders
jene, die von Israelis
gedacht werden – ultra-raffinierte medizinische Technik in Nablus und einen
welt-bekannten Herzmediziner aus
Taibeh im zentralen Israel.
Haj-Yahia, ein Mann um die 50, studierte
zwei Jahre lang Jura an der
Uni in Tel Aviv, bevor er zur medizinischen Fakultät am Technion in Haifa
wechselte. Sein Vater hat ein Ph.D
in Kriminologie; sein Bruder Samar ist im Vorstand der Bank Leumi. Am
Sheba-Medical-Center, Tel Hashomer bei Tel Aiviv praktiziert
Haj-Yahia Herz- und Thoraxmedizin .
Der jetzige Direktor des Instituts Prof. Zeev Rotstein nannte ihn
den „arabischen Prinzen“. Er gehörte
etwa seit einem Jahr als
Mitarbeiter zum Sheba –Personal,
bis einer in der Welt führenden Herzchirurgen und Herz-Transplanteure, der in
Ägypten geborene Sir
Magdi Habib Yacoub ihn einlud,- mit ihm
am Londoner Imperial-Kolleg
zu arbeiten.
Das war
das Springbrett zur internationalen
Karriere des jungen Arztes aus Taibeh, in der er
Herz-Operationen und Transplantationen ausführte und
menschliche und künstliche Organe verwendete – von Riad bis Johannesburg
(wo einer seiner Patienten ein Rabbiner war.).
„ Ich
habe Transplantationen gemacht, so
wie ihr Hummus esst! sagte
Haj-Yahia.
In
diesen Tagen hält er auch
Vorlesungen an der Universität von Bristol, zusätzlich zu seiner
Arbeit in der Westbank.
Seine Frau Lana Haj Yahia, eine israelisch-arabische Theaterschauspielerin lebt
mit den drei Kindern in Glasgow, wo
Saleem Schottlands
Nationalprogramm für
künstliche Herz-Transplationen zusammenstellt. Alle 10 Tage
fliegt er nach Schottland, um mit seiner Familie zusammen zu sein – er
hat israelische und britische
Staatsangehörigkeit und kehrt
drei oder vier Tage später
nach Nablus zurück. Zurück im Krankenhaus führt er wieder Operationen durch. Die
Nächte verbringt er gewöhnlich auf einem Feldbett.
In dieser Woche beenden
seine Kinder, deren Englisch besser
als ihr Arabisch ist, die Sommerferien bei den Großeltern in Taibeh.
Mit
seinem vornehmen Verhalten, seinen blauen Augen und gepflegten Haar sieht
Haj-Yahia eher wie ein Pilot oder ein Filmstar aus, denn wie ein
Krankenhaus-Direktor. Er sagt, die Inspiration, innovativ zu denken, und seine
Neigung zur Technik hängt mit seinem Leben in Israel zusammen.
„Ich war
sehr israelisch“, bekennt er, „aber ohne
die israelische Frechheit und dem Mangel an Manieren. Es ist traurig für
mich, zu sehen, wie man die Fähigkeit verloren hat, die andere Seite zu sehen.
Frieden ist nur möglich, wenn man die Existenz des anderen Volkes anerkennt, das
nicht geringer ist.“
Dank der
großen Fenster glitzert der Marmorboden in den Korridoren. Durch die Fenster hat
man einen spektakulären Blick hinab auf Nablus.
Einige
der jungen Patienten in der
Pädiatrie und Krebs-Station, deren Wände voll bunter
Bilder hängen, warten auf eine Knochenmark-Transplantation; andere
erholen sich von der Operation. Die 45 Betten in der Dialyse-Station
dienen einigen Patienten
aus der ganzen Westbank. Fotos von Haifa, Akko, Jaffa und Jerusalem in
den Korridoren sind wahrscheinlich
das einzige sichtbare nationale
Element.
Die
finanziellen Mittel
zum Bau des Krankenhauses kommen von
Stiftungen, besonders aus Kuweit und Saudi-Arabien, doch auch von
einzelnen Spendern. Die Regierung von Japan schenkte den MRI-Scanner. Ein
Nachbar vom Berg Garizim, dem Berg gegenüber, der
palästinensische Geschäftsmann Munib al-Masri spendete $ 1 Million. Was
die Palästinensische Behörde betrifft, so schuldet
sie dem Krankenhaus Geld.
Ihre Schulden für unbezahlte Operationskosten betragen
90 Millionen Schekel ($ 25
Million).
Natürlich gibt es auch etwas
„Nationales“ über das Zurückkommen,“ sagt er. „Ich wollte beweisen, dass wir das
können. Mein Motto ist: ‚schau nicht nach Entschuldigungen‘.
Nicht die Besatzung und nicht die schwierige wirtschaftliche Situation.
Das
Krankenhaus liegt auf einem Gebiet
des Ebal-Berges nicht weit von einer
IDF-Anlage entfernt. 2006
fürchtete man, dass Israel das Land enteignen würde. Die
Not-for-Profit-Gesellschaft, der
dies gehörte, entschied sich, dies der An-Najah-Universität für die
Errichtung eines Lehr-Krankenhauses zu schenken.
Die
An-Najah-Universität hat eine sehr
große medizinische
Fakultät mit etwa 4000 Studenten – die größte
im Nahen Osten. Einige Jahre
war Haj-Yahia Dekan seiner
Fakultät. Jetzt haben die Studenten auch ein
Lehr-Krankenhaus, wo sie
klinische Erfahrungen gewinnen können.
Haj-Yahias Studenten
feiern, nachdem er im Januar 2016
die erste künstliche Herz-Transplantation in Palästina ausgeführt hat.
hunderte von ihnen begrüßten ihn mit Luftballons, Freudenschreien von jedem
Stockwerk im Gebäude in höchst emotionaler Weise. Die palästinensischen
Studenten sind hoch erfreut über
die Herz-Transplantation „Made in Palestine“.
Für Haj-Yahia ist der Bau des
Krankenhauses ein Teil eines Prozesses eines Nation-Building. Vor seiner Ankunft
wurden Bewohner von Nablus gewöhnlich im Rafadiya-Krankenhaus , einer lokalen
Regierungs-Institution behandelt
oder wurden bei
komplizierten Fällen in ein israelisches Krankenhaus überwiesen. Diese Praxis
möchte Haj-Yahia beenden. Er möchte eine Situation, in der
Patienten nicht mehr zu
israelischen Fachärzten überwiesen werden müssen. Es gibt dafür wirtschaftliche
Gründe. Das An-Najah-Krankenhaus
kann die Behandlung preiswerter
durchführen als das israelische
Gesundheitssystem. Natürlich gibt
es auch nationale Gründe: zu
beweisen, dass sie auch in der Lage sind, dies zu tun.
Haj-Najah: „Ich habe in königlichen Häusern in aller Welt operiert, und ich kam
hierher und entdeckte, dass alle Leute von mir eine Überweisung nach
Tel-Hashomer oder Hadassah (Krankenhaus in Jerusalem) haben wollen. Das
geht so seit 50 Jahren. Ich will nicht sagen, dass wir nun ein
„palästinensisches Hadassah“ errichtet haben.
Mein Ziel geht über Hadassah
hinaus.“
Nationaler Stolz ist einer der
Werte, die der Professor seinen Studenten nahe bringen will und er glaubt, die
An-Najah- Einrichtung gibt den Palästinensern dazu allen Grund.
Das Video betont
Bescheidenheit, Menschlichkeit und eine nicht materielle
Annäherung. In einer Gesellschaft, in der medizinische Behandlung
meistens private Sache ist, wird den Krankenhaus-Mitarbeitern verboten, sich mit
irgendeiner Arbeit außerhalb der Vorlesungen an der Universität zu engagieren.
In
diesem Jahr haben 80 israelische
Araber Medizin an der An-Najah studiert. Seit der Eröffnung der medizinischen
Fakultät 1999 waren es etwa 400. Im Ganzen sind es 3000
israelische Araber von 20 000 Studenten
der An-Najah Universität. Für viele hat
sie den Platz
der jordanischen Universitäten eingenommen. Durch seinen
Kontakt mit Tausenden Studenten glaubt Haj-Yahia, er würde in der Lage
sein, eine Generation junger Palästinenser
zu entwickeln. In einer Zeit, in der die Leute
nur das Land verlassen wollen, glaubt er, dass seine Rückkehr nach
Palästina und - weniger als ein
israelischer Araber -
ein Vorbild für andere sei.
Er sagt seinen Studenten, dass sie
zum Studieren ins Ausland gehen sollen, aber
einen guten Grund haben, hierher zurückzukehren, um eine Veränderung
anzufachen. Er lehrt sie auch, dass der Arzt
nicht Gott sei und
dass der Arzt nicht im
Mittelpunkt von allem steht, sondern
der Patient. Er hat auch ein
spezielles Programm aufgezeichnet,
um ein Netzwerk von Hausärzten in
den (besetzten) Gebieten zu schaffen, da er darin
ein ungenügend entwickeltes Feld sieht.
„In
dieser Gesellschaft gehen die Leute zu dem Arzt, den sie als ‚den besten‘
ansehen - egal ob er ein Neurologe
ist, auch wenn sie ein Bein-Problem haben,“ beobachtet
er.
Ein
Viertel der Patienten des
An-Najah-Krankenhauses kommen aus dem belagerten Gazastreifen.
Haj-Yahia hofft, ein kleines Motel an Ort und Stelle zu bauen, um
Familien der Patienten von dort und entfernteren Gebieten zu helfen. Er träumt
auch von der Entwicklung
eines medizinischen Tourismus aus den arabischen Staaten und
von andern neuen
Initiativen, die die
wirtschaftliche Situation des Krankenhauses verbessern, wie zum Beispiel eine
Station für Kunststoff-Operationen und Fertilitie-Behandlung.
Laser-Augenoperationen kosten hier
ein Viertel von dem, was es im kostspieligen, privaten Herzlia-Medizin-Zentrum
kostet, sagt er. Sein Krankenhaus
hat ein Netzwerk von Verbindungen zu großen medizinischen Zentren im Ausland,
zusätzlich zu den israelischen Einrichtungen. Und da gibt es sogar eine im
An-Najah-Krankenhaus ausgeführte Operation, die so noch nicht im
Hadassah-Krankenhaus ausgeführt wurde .
Haj-Yahias Augen leuchten, als er davon redet.
Es geht darum, zu zeigen, dass wir das können.
(dt.
Ellen Rohlfs)