Gideon Levy, Haaretz, 30.12.09
Diese Schnellstraße erzählt die ganze Geschichte. Sie pflasterten ein Straße, enteigneten palästinensisches Land und der Oberste Gerichtshof genehmigte die Enteignung: vorausgesetzt, dass es für die lokale Bevölkerung ist.“
Danach hinderte man die „lokale Bevölkerung“ daran, diese Straße zu nutzen und schließlich baute man eine Mauer, die mit Wiesen und Bächen bemalt wurde, damit wir nicht sehen, dass wir auf einer Apartheidstraße fahren, dass wir auf der Achse des Bösen reisen.
Apartheid? Wovon sprichst du? Es ist nur eine Schnellstraße zur Hauptstadt, so ist es uns am liebsten. Schnell durch die besetzten Gebiete fahren und das Gefühl haben, die gibt es nicht. Auf diese Weise erfüllt die Schnellstraße einen anderen geheimen Wunsch – wir sehen sie nicht .
Wie viele der Reisenden auf dieser Schnellstraße zur Hauptstadt haben nach rechts oder links geschaut? Wie viele von ihnen haben die 12 Straßen bemerkt, die mit Eisenblöcken oder Müllhaufen blockiert/ gesperrt sind? (Gibt es ein anderes Land, dass seine Straßen mit Müllhaufen blockiert?) Und was ist mit den 22 eingesperrten und verborgenen Dörfern entlang der Straße? Wie viele Leute haben sich gefragt, wie ist es möglich, dass eine Straße, die mitten durch das Land Palästina führt, keine palästinensischen Reisenden hat? Wie viele haben das Straßenschild bemerkt, das auf das Ofer-Armee)-Lager hinweist, noch ein beschönigter Name für eine Einrichtung für Hunderte von Gefangenen, von denen einige ohne Verurteilung dort sind.?
Wie viele haben die Einwohner beobachtet, wie sie über den felsigen Grund klettern, um in das Nachbardorf zu kommen. Es sind 28 km destillierte Apartheid: Die Juden oben auf der Schnellstraße wurden die Herren des Landes. Die Palästinenser unten gehen zu Fuß in die Al Tira-Mädchenschule z.B. durch einen dunklen, modrigen Tunnel .
Auch ich habe schon mehr als einmal überlegt, ob ich die Autobahn1 mit all ihren Verkehrsstaus nehmen soll oder die 443 mit all ihren Ungerechtigkeiten. Bei meinen Überschreitungen entschied ich mich zuweils für die Ungerechtigkeiten. Es ist wie „schießen und weinen“. Zuerst tötest du und danach bist du traurig über das, was du getan hast. Ich bin gefahren und weinte.
Der Oberste Gerichtshof hat noch einmal bewiesen wie wichtig sie ist. Zu spät und zu wenig und seltsamerweise eine Verzögerung der Erfüllung seiner Order von fünf Monaten gesetzt. Es ist nicht gerade ein Vorbild von Gerechtigkeit hinsichtlich von allem, das mit der Besatzung zusammen hängt, aber es ist wenigstens ein kleines blasses Licht : Vorsicht, Apartheid.
Die Richterin Dorit Beinisch und Uzi Vogelman sollten empfohlen werden. Sie haben uns daran erinnert, was vergessen worden ist. Es gibt Richter in Jerusalem und von Zeit zu Zeit gehen sie gegen die Ungerechtigkeit der Besatzung vor. Sprechen wir uns nach fünf Monaten noch einmal. Bis dahin könnte der Staat eine Reihe von Gründen und Entschuldigungen finden, um die Regeln nicht durchzusetzen. Palästinensische Autos auf der Schnellstraße 443? Dass ich ( und die Armee) nicht lache.
(dt. Ellen
Rohlfs)