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Die Bastarde haben die Regeln verändert.

 

Adam Keller, Crazy Country 19. November 2011

http://adam-keller2.blogspot.com/2011/11/bastards-have-changed-rules.html

 

 

In einer in Israel  durchgeführten Meinungsumfrage vor ein paar Jahren unterstützten mehr als 60% die Idee, dass Israel sich der EU anschließen solle. Bis jetzt ist es nicht geschehen, aber Israelis freuen sich, wenn unsere Fußball- und Basketballteams bei europäischen Wettkämpfen mitspielen. Auch der Eurovisions-Gesangswettbewerb fand  viele öffentliche Aufmerksamkeit in Israel aber auch in Europa selbst.

 

Aber wie viele Israelis würden die Behörde des Europäischen Gerichtshofes für Menschen-rechte in Straßburg  akzeptieren?

Herzl würde sehr überrascht sein, wenn er hört, dass „Kolonialismus“ ein schmutziges Wort ist und mehrere Zionisten Artikel und Bücher schreiben werden, die zu beweisen versuchen, dass es keine Verbindung und keine Ähnlichkeit zwischen Zionismus und Kolonialismus gibt.

„Der jüdische koloniale Trust“ war der Name des Geldinstitutes, das die zionistische Bewegung anfangs errichtete ( heute Bank Leumi LeIsraels, Israeli National Bank) Theodor Herzl widmete viel Zeit und Kraft, um sich mit dem britischen Kolonialsekretär zu treffen und versuchte, ihn zu überzeugen, dass der Zionismus ein treuer Verbündeter für das weltweite britische Empire sein könnte.

In der Zeit als der Zionismus begann, betrachteten die aufgeklärten und zivilisierten Länder der damaligen Zeit, dass es akzeptabel und selbstverständlich sei, dass Europäer  das Recht hatten, die Kontrolle über die übrige Welt zu übernehmen und  dort Siedlungen zu errichten – ohne Einverständnis der Einheimischen.

 

Als der Staat Israel erschaffen wurde, und sein Aufbau hundert Tausende von palästinensischen Flüchtlingen schuf, und zwar kurz nachdem Millionen von Menschen in Europa entwurzelt und aus ihren Häusern und Ländern vertrieben wurden, wo sie Hunderte von Jahren gelebt hatten. Handlungen, die man heute „ethnische Säuberung“ nennt, und die damals mit offizieller Genehmigung nach den Resolutionen der Kriegssieger unternommen wurden, die sich bei der Potsdamer Konferenz 1945 getroffen hatten. Hauptsächlich Deutsche wurden aus ihren Häusern in Osteuropa entwurzelt ( 1945 wurde dies hauptsächlich unter dem Gesichtspunkt gesehen, dass sie dies selbst verschuldet hatten). Aber  auch ziemlich viele Polen und Ukrainer und Mitglieder mehrerer anderer Völker waren mit Gewalt entwurzelt worden …

Und im Jahr, in dem der Staat Israel geboren wurde, und auch noch einige Jahre danach wurde Rassentrennung, also Diskriminierung der Schwarzen, in Gesetzen der USA festgelegt. Ein bedeutender Teil des amerikanisch politischen Systems dachte, dass dies  so  völlig in Ordnung ist. In jenen Jahren betrachteten die meisten Leute in Frankreich Algerien als einen integralen Teil Frankreichs und dachten,  dies würde so auf immer bleiben. 1,5 Millionen Franzosen lebten in Algerien und hatten die politische und wirtschaftliche Kontrolle, während die Araber im französischen Algerien keine zivilen Rechte hatten. Nur Radikale und Extremisten in Frankreich dachten, dass da etwas nicht in Ordnung sei. Als diese algerischen Araber rebellierten und einen Unabhängigkeitskrieg begannen, sah Frankreich - nicht zufällig – den Staat Israel als natürlichen Verbündeten an.

 

Viele Jahre lang war es also nicht schwierig, ein Mitglied der westlichen Demokratien zu sein. Die Zulassungsansprüche waren nicht so streng und die Verhaltensnormen der anderen Mitglieder im Klub waren kaum anders. Aber in den 60er-Jahren begannen sich, die Dinge zu ändern und die Wege begannen, in die entgegengesetzte Richtung zu gehen. Algerien gewann nach einem harten und grausamen Krieg seine Unabhängigkeit. Und die Kolonien Frankreichs und Englands und anderer Großmächte gewannen die Unabhängigkeit, und die reine Idee des Kolonialismus und  die Siedlung in den Gebieten  anderer wurde unannehmbar und illegitim. Und im Süden der USA begannen Martin Luther King und seine Schwarzen ( und Weißen),  einen harten Kampf auszufechten, den sie gewannen. Die Gesetze der Trennung zwischen Weißen und Schwarzen wurden  aufgehoben, und die Diskriminierung wurde unrechtmäßig. So wurde der Weg für einen schwarzen Präsidenten im Weißen Haus geebnet.  Es wurde zur Norm, dass Menschen, die unter der Herrschaft einer Regierung leben, an den Wahlen teilnehmen. (vgl:“ die Bastarde haben die Regeln verändert „!!)

 

Und genau zu jener Zeit – in den Sechzigern – als Studenten Europas und Amerikas bei wilden Demonstrationen gegen den Vietnam-Krieg und die autoritäre Regierung Frankreichs opponierten, begann Israel einen Krieg, der sechs Tage dauerte und Land eroberte, das es bis heute festhält. Der Staat feierte seine siegreiche Armee wie einen Gottesdienst, Siegesalben wurden veröffentlicht, der Oberrabbiner der siegreichen Armee ging in die neu besetzten Gebiete, um Heilige Stätten aufzusuchen und das Widderhorn zu blasen. Unmittelbar nach dem Krieg und der Eroberung begann die Siedlungsbewegung im Land „unserer Vorfahren“ mit der großzügigen Unterstützung des Ministers der Labor-Partei, der nicht begriff, dass er seiner Partei ein Grab schaufelte (und nicht nur für diese).

 Und die Leute, die die Größe der Gefahr begriffen und die nachts hinausgingen und Graffitis  gegen die  eben begonnene Besatzung an die Wände  von Tel Aviv sprühten, waren eine Minderheit. Ihre Stimme wurde nicht gehört.

Und seitdem ist die Ungleichheit größer geworden, und der Staat Israel ist das schwarze Schaf in diesem Club westlicher Demokratien geworden, zu dem er so gerne gehören möchte. Außenseiter können zunehmend einen großen, bewaffneten  israelischen Goliath sehen, der einem kleinen palästinensischen David mit einem Stein in der Hand gegenübersteht.

 

Es gab ein Zwischenspiel, als Yitzhak Rabin – der den größten Teil seines Lebens im Krieg verbrachte, aber  sich genügend Flexibilität bewahrte, um seine Denkweise zu ändern, auch  noch im Alter von über 70 Jahren – versuchte, den Kurs zu ändern und umzukehren. Als er sah, wie sich Israel immer mehr isolierte, und  begann, den Pfad des ewigen Krieges mit seinen Nachbarn zu gehen und die Freunde in der Welt verlor, da ging Rabin auf Arafat zu und gab ihm die Hand und war  zu einem Abkommen mit ihm bereit, das zu der Errichtung eines palästinensischen Staates nicht später als 1999  hätte führen sollen.

Aber die drei Schüsse des Mörders auf dem Platz ( am 4.11.1995) unterbrachen diesen Prozess und keiner der folgenden Ministerpräsidenten wurde sein echter Nachfolger.

Rabins Vermächtnis lebt noch immer unter der Jugend, die  vor einer Woche auf  den Rabin-Platz kam, um das Gedächtnis an einen Mann zu ehren, der ermordet wurde, als sie noch Babys oder noch gar nicht geboren waren und  der Sache gegenüber Treue zu schwören, die er in den letzten Jahren seines Lebens vertreten hat und für die er gestorben ist.  Aber Israel  hat als Staat Rabin und seinem Vermächtnis den Rücken gekehrt --- und rast mit großer Geschwindigkeit auf den Abgrund zu.

 

(dt. Ellen Rohlfs)