Israel Palästina Nahost Konflikt Infos

Unsere Liebe ist blind

 

Eyal Megged, Ynet News, 8.3.10

 

 http://wwwynetnews.com/articles/0,7340,L-3859407.00.html

 

Jeder, der über Jerusalem spricht, weiß, dass gleich so etwas wie ein Gefühlsausbruch kommt.

Also muss man nicht nur vorsichtig sein, wenn man einen Stein in Jerusalem bewegt, man muss  auch vorsichtig sein, wenn man darüber schreibt.

Wir dürfen nicht vergessen, dass wir Jerusalem aus Liebe  übernommen/ erobert haben. Doch Liebe ist blind, und seit Juni 1967 sind wir blind gewesen. Blind gegenüber der Tatsache, dass die Hälfte von Jerusalem eine arabische Stadt ist.

Ich persönlich würde nicht weiter in Jerusalem leben, wenn nicht die Hälfte arabisch wäre. Ich liebe die arabische Stadt sehr. Das arabische Jerusalem ist die Stadt, die ich von allen Städten in der Welt am meisten liebe. Vor dem Sechs-Tage-Krieg war das arabische Jerusalem so weit weg wie der Mond. Wir haben uns niemals vorstellen können, dass wir einmal darin spazieren gehen können. Doch das Wunder geschah, und wir waren überglücklich.

Wenn ich in Ost-Jerusalem – in der Altstadt oder außerhalb der alten Mauern -  ankomme, und das ist wenigstens zwei mal in der Woche, sieht die Stadt unglaublich aus. Diese Stadt ist die Levante, Arabien, die große Welt draußen – und von mir aus ist sie nur einen Spaziergang weit entfernt; eine Art Damaskus oder Amman oder Bagdad. Ich gehe gern durch die Stadt, esse dort und verliere mich in der Menge. Es ist eine gastfreundliche arabische Stadt, die gewöhnlich Gäste sehr willkommen heißt. Wenn es keine Unruhen dort gibt, ist sie wie eine Stadt aus Tausend und einer Nacht.

 

Teilt die Stadt  gleichmäßig auf

Doch müssen wir daran denken, dass diese Stadt nicht ein Teil  der jüdischen ewigen Hauptstadt ist, sondern  eher eine arabische Stadt. Sie ist die Heimat einer arabischen Bevölkerung und sieht auch so aus und wird  ihrem Charakter und Lebensstil entsprechend verwaltet. Unsere Versuche, diese Realität mit Worten oder Erklärungen zu verändern  sind pathetisch, hohl, illusorisch und lächerlich , ja im Grunde verheerend.

 

Der erzwungene Park von Silwan, die aggressive Siedlung in Sheich Jarrah und die Yeshivas mitten im jüdischen Viertel werden trotz allem die Stadt nicht judaisieren, sondern eher  anders herum – sie werden die arabische Entschlossenheit, uns zu widerstehen, nur verstärken und den arabischen Charakter der Stadt aufrecht erhalten.

 

Archäologische Parks in beiden Teilen der Stadt, Yeshivas in der Altstadt und jüdisches Leben in arabischen Stadtteilen werden nur möglich sein, wenn wir Jerusalem gleichmäßig teilen. Wenn wir die arabischen religiösen und politischen Hoffnungen in Jerusalem anerkennen, wird uns dies nicht schwächen, sondern eher stärken. Es wird belegen, dass wir stark  und realistisch sind und dass wir wirklichen Frieden suchen. Jerusalems Bürgermeister versteht dies nicht, und was noch schlimmer ist, der Ministerpräsident begreift es nicht.

 

Wie schon oben bemerkt: wir sind verliebt und diejenigen die lieben, sind nicht nur blind, sie weigern sich, das was sie lieben zu teilen. Aber was kann man tun, wenn das Herz, das man liebt, schon jemand anderem gehört?

 

(dt. Ellen Rohlfs)