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Ein Beduinendorf im Süden Israels 5 Mal zerstört –

Menschenrechts­organisationen und soziale Aktivisten protestieren:

Stoppt die JNF Kampagne im Negev!

 

Bis 1948 gab es kaum jüdische Siedlungen im Negev, der Wüstenregion im Süden Israels; Schätzungen über die beduinische Bevölkerung vor der Staatsgründung sprechen von 65'000 bis 110'000 Menschen. Nach dem Krieg waren nur noch wenige innerhalb der neuen Staatsgrenzen geblieben; zu Beginn der sechziger Jahre ist die Rede von 11'000.

Einige wenige jüdische Siedlungen wurden auf Land gegründet, das der Jüdische National­fonds (JNF/KKL) von Beduinen abgekauft hatte. Sowohl die ottomanische wie die britische Regierung, als auch die Landexperten vom JNF, erkannten das beduinische Land­recht an, obschon allen klar war, daß die amtliche Registrierung nur wenige Landstücke umfaßte.

Durch verschiedene Gesetze in den ersten Jahren nach Staatsgründung verloren die Beduinen fast gänzlich ihr Land. Seit Beginn der 70er Jahre begannen beduinische Bürger, ihr Land zurückzufordern, aber in den allermeisten Fällen wurde nichts erreicht. Es ist wichtig festzuhalten, daß es in all diesen Kämpfen und Auseinandersetzungen, die zu großer Pein führten und ein bitteres Gefühl der Diskriminierung erweckten, um nicht mehr als 6% oder 7% des Landes im Negev geht – der kleine Rest, den die Beduinen immer noch reklamieren.

Das beduinische Dorf Al-Arakib, wenige Kilometer nördlich von Be'er Sheva, war die Siedlungs­region von vielen Beduinen vor der israelischen Staatsgründung. Seine Wurzeln befinden sich im Friedhof in der Nähe; der beduinische Grund­besitz ist durch Gerichts­verhandlungen, Gerichtsakten, Kaufbriefe, Steuer­zahlungen und die lokale Tradition bezeugt. Anfang der 50 Jahre, kurz nach Gründung des Staates wurden die Beduinen auf­gefordert, die Region zu verlassen – mit dem Versprechen, daß sie nach kurzer Zeit wieder zurück­kommen könnten. Immer wieder wurde das jedoch auf die lange Bank geschoben.

Die Beduinen von Al-Arakib haben förmlich ihr Land zurückgefordert; das Land ist un­besiedelt – keine jüdische Siedlung wurde darauf errichtet. Vor etwa zehn Jahren, nach­dem sie 50 Jahre lang abgewartet hatten, kehrten sie zu ihrem Dorf zurück, denn sie fürchten, daß wenn sie ihr Land nicht selbst bebauten, es für immer verloren und unwiderruflich enteignet sein würde. Heute hat das Dorf ungefähr 300 Bewohner, ohne Wasser­leitung, ohne Stromanschluß oder sonstige Infrastruktur – als ein unter der 45 "nichtanerkannten" Dörfer im Negev.

Obschon vor Gericht die Besitzverhältnisse noch nicht entschieden sind, übertrug die staatliche Behörde das Land dem Jüdischen Nationalfonds (JNF) zum Aufforsten. Ein einseitiges Aufforsten schafft Fakten. Hinter dem schönen Slogan, "Die Wüste zum Erblühen bringen", versteckt sich die Absicht, den ursprünglichen Einwohnern des Negevs ihr Land wegzunehmen und die Region, die von den Beduinen schon landwirtschaftlich bearbeitet wurde, unfruchtbar zu machen.  Die beduinische Landwirtschaft in Al-Arakib ist den lokalen Verhältnissen angemessen, wogegen zum Fall der JNF-Wälder der israelische Land­wirtschaftsminister im Parlament öffentlich zugab (am 3.3.2010), daß die Aufforstung zum Ziel hat, das Land zu beherrschen und daß die Bäume später vielleicht wieder ausgerissen würden. Genauso geschah es in nächster Nähe, um die Erweiterung der neugegründeten jüdischen Mittel­standssiedlung Giv'ot Bar zu ermöglichen.

Im Versuch, die Beduinen zu entmutigen, bespritzte der Staat die Felder aus Flugzeugen mit Chemikalien, und dazu auch noch das Dorf selber. Die giftigen Pestizide haben ökologischen und gesundheitlichen Schaden angerichtet, bis der Oberste Gerichtshof diese Praxis im Jahre 2003 untersagte. Seither versucht der Staat durch Pflügen und Aufforstung die Beduinen daran zu hindern, ihr Land zu kultivieren.

Dieser Konflikt erreichte nun seinen Höhepunkt mit der wiederholten kompletten Zerstörung des Dorfes Al-Arakib seit dem 27. Juli.  Bis heute, dem 15.9.2010, wurde das Dorf fünfmal dem Erdboden gleichgemacht. Hunderte von Kindern, Frauen und Männern blieben ohne Obdach in der brennenden Sonne des Negevs in der heißesten Zeit des israelischen Sommers. Menschenrechtsorganisationen und Presse sowie auch verschiedene israelische Intellektuelle haben protestiert, darunter berühmte Schriftsteller (Petition in Haaretz, 13.9.2010). Inzwischen wird berichtet, daß die US-Branche der JNF Gelder in die Gründung neuer jüdischer Siedlungen investiert – viele davon, wie Giv'ot Bar, auf Ländern, die Beduinen beanspruchen.

Bäume sind ein mächtiges Symbol, sowohl für Araber wie für Juden; sie sind Symbol für Leben und Fruchtbarkeit. Der Negev soll erblühen – aber im Interesse aller seiner Einwohner, ohne Diskriminierung und ohne Enteignung. Es ist kaum unvorstellbar, daß JNF-Spender wissen, daß die Bäume, die in ihrem Namen gepflanzt werden, dazu benutzt werden, um die ursprünglichen BewohnerInnen des Negevs, die Beduinen, zu enteignen.

Wir bitten Sie, gegen die Aufforstungsbestrebungen in Al-Arakib zu protestieren und vom JNF zu verlangen, sein Engagement in der Kampagne gegen die Beduinen zu stoppen, eine Kampagne, die die Beziehungen zwischen Arabern und Juden im Negev zum Eskalieren bringen wird.