Israel angeklagt
wegen Kriegsverbrechen während eines 12stündigen Angriffs auf Dorf in Gaza
Weiße Fahnen werden ignoriert und bewohnte Häuser
mit Schubraupe zerstört, klagen Bewohner
an.
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Israel wird angeklagt, in der vergangenen Woche
eine Reihe von Kriegsverbrechen während eines 12stündigen Dauerangriffs auf ein Dorf im südlichen Gaza begangen zu haben, bei dem 14 Personen
starben.
Nach Zeugenaussagen, die durch den Observer von
verschiedenen Bewohnern des Dorfes Khuza’a gesammelt wurden, wird angeklagt, dass
israelische Soldaten beim Einfall in das Dorf
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versuchten, Häuser mit Schubraupen niederzuwalzen,
in denen sich Bewohner befanden;
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Zivilisten töteten, die unter dem Schutz der weißen
Fahnen zu entkommen versuchten;
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auf ein Rettungsfahrzeug das Feuer eröffneten, das
versuchte, die Verwundeten zu erreichen;
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in einem zivilen Wohnbereich schwere Waffen
einsetzten und Granaten mit weißem Phosphor abfeuerten.
Wenn die Behauptungen der Wahrheit
entsprechen, stellen alle diese
Vorkommnisse Brüche der Genfer Konvention dar.
Die Anzeigen über die Vorfälle in Khuza’a folgen
wiederholten Klagen über mögliche Verletzungen der Menschenrechte,
ausgesprochen vom Roten Kreuz, der UN und Menschen-rechtsorganisationen.
Die israelische Armee kündigte gestern an, dass sie
Untersuchungen „auf höchster Ebene“
bezüglich fünf anderer Angriffe auf Zivilisten in
Gaza, einschließlich zwei UN-Einrichtungen und einem Spital durchführen werde.
Sie fügte hinzu, dass in allen Fällen erste Untersuchungen nahe legten, dass
die israelische Armee Feuer erwiderte. „Diese Anklagen von Kriegsverbrechen
sind nicht im geringsten durch Beweise gestützt“, sagte Yigal
Palmor, ein Sprecher des israelischen
Außenministeriums.
Betroffenheit aufgrund der Vorfälle im Dorf Khuza’a in den frühen Morgenstunden des Dienstag wurde
zuerst von der israelischen Menschenrechtsgruppe B’Tselem
geäußert. Obwohl ein israelischer Militärsprecher sagte, er habe „keine
Information darüber, dass dieser
unbewiesene Vorfall stattgefunden habe“, stehen die
vom Observer gesammelten Zeugnisse
fest und stimmen überein mit den von B’Tselem zusammengetragenen Zeugnissen.
Sichtbarer Beweis dafür, dass Khuza’a
in einen schweren Angriff mit Panzern und Schubraupen geriet, sind die in
Trümmer gefallenen Gebäude.
Die Bilder, die der Photograph Bruno Stevens nach
der Attacke aufgenommen hat, zeigen die schweren Schäden – und noch brennenden
Phosphor. „Was ich euch sagen kann, ist, dass viele, viele Häuser mit Granaten
beschossen wurden, und dass sie weißes Phosphor benutzten“, sagte Stevens,
einer der ersten westlichen Journalisten, die nach Gaza hinein kommen konnten,
gestern. „Es scheint, dass alles ein Willkürakt war“, fügte Stevens hinzu und
erzählte, dass Wohnhäuser in der Nähe des Dorfes, die nicht von den Granaten
zerstört worden waren, angezündet wurden.
Das Dorf Khuza’a liegt
etwa 500 Meter von der Grenze zu Israel entfernt. Nach B’tselem
wurde sein Feldforscher in Gaza am vergangenen Dienstag von Munir Shafik al-Najar, einem Bewohner,
kontaktiert; Der Hausbewohner erzählte ihm, dass israelische Bulldozer um 2.30
Uhr morgens angefangen hatte, Häuser zu zerstören.
Als Rwhiya al-Najar, 50, aus dem Haus trat und die weiße Fahne bewegte,
damit die übrigen Hausbewohner das Haus verlassen konnten, wurde sie mutwillig
von einem in der Nähe stehenden israelischen Soldaten angeschossen.
Der zweite mutwillige Vorfall geschah am Dienstag nachmittags, als israelische Truppen
30 Bewohnern befahlen, ihre
Häuser zu verlassen und zur Schule im Zentrum des Dorfes zu gehen. Nach einem
Weg von 20 m feuerten die Soldaten in die Gruppe und töteten drei Personen ohne Grund.
Weitere detaillierte Angaben über die Geschehnisse
stammen von Interviews, die eine palästinensische Reporterin, die für den Observer arbeitete, weil Israel
ausländische Medien-Berichterstatter aus dem Gazastreifen verbannt hatte, zusammengetragen hat: Imam
al-Najar, 29, sagte aus, dass sie zugeschaut habe,
wie die Schubraupen begannen, Nachbarhäuser zu zerstören, und sie habe
verschreckte Dorfbewohner aus ihren Häusern flüchten gesehen, als schon das
Mauerwerk zusammenstürzte.
„Um ca. 6 Uhr morgens haben die Panzer und
Schubraupen unser Haus erreicht“, erzählte Iman. „Wir gingen auf die Dächer und
versuchten ihnen zu zeigen, dass wir Zivilpersonen sind, indem wir weiße Fahnen
schwenkten. Jeder und jede von uns trug eine weiße Fahne. Wir sagten ihnen, wir
seien Zivilisten. Wir haben keine Waffen. Die Soldaten fingen an, die Häuser zu
zerstören, auch wenn Menschen in den Häusern waren“. Sie beschreibt den Tod von Rawhiya und sagt, die Soldaten hätten ihnen angeschafft,
sich in das Zentrum des Städtchens zu begeben. Als sie dem Befehl folgten,
eröffneten israelische Soldaten das Feuer. Rawhiya
war an der Spitze des Zuges, sagte Iman.
Marwan Abu Raeda, 40,
eine medizinische Hilfskraft, der im Nasser Spital in Khan Younis
arbeitet, sagte: „Um 8 Uhr früh erhielt ich einen Telefonanruf aus Khuza’a. Sie sprachen von einer verletzten Frau. Ich fuhr
sofort los. Als ich nur mehr 60 oder 70 m von der Verletzten entfernt war,
fingen die israelischen Soldaten an, auf mich zu schießen.“ Als er in eine
andere Straße fuhr, kam er wieder unter Feuer. Zwölf Stunden später, als er
endlich Rawhiya erreichte, war sie tot.
Iman erzählte, sie sei zuletzt in einem
Schotterfeld gelandet, und eine große Gruppe von Leuten hatten
dort in einem tiefen Loch zwischen den Trümmern der zerstörten Häuser Schutz
gesucht. „Da war es dann“, sagte sie,
„dass die Schubraupen anfingen, von beiden Seiten den Schutt zusammen zu
schieben. Sie wollten uns lebendig begraben!“ schloss sie.
(übers.: Gerhilde Merz)