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Leserbrief zum
Interview mit Felicia Langer “Ich bin mit meinem Gewissen im Reinen” und zum
Interview mit Arno S. Hamburger „ So lasse ich nicht mit mir umspringen“,
Nürnberger Zeitung v. 2.9.2009
Mit der Bitte um
Veröffentlichung!
In der Tat frage ich
mich, wie es mit unserem Demokratieverständnis zu vereinbaren ist, wenn ein
SPD-Stadtrat und Vorsitzender einer Jüdischen Gemeinde in Deutschland - auf
deren Briefpapier als Körperschaft des Öffentlichen Rechts ausgewiesen - einen
Erpressungsversuch an den Bundespräsidenten startet, indem er die Rücknahme
einer Verleihung des Bundesverdienstkreuzes an Felicia Langer fordert. Ein
einmaliger Vorgang, der nicht hinnehmbar ist und glücklicherweise vom Bundespräsidenten
auch ignoriert wird. Ich bin sehr froh, dass mein Vorschlag, das
Bundesverdienstkreuz zu verleihen, positiv beschieden wurde: Für Felicia
Langer, diese alternative Nobelpreisträgerin, große Menschenrechtsanwältin und
unermüdlich um Hoffnung kämpfende Friedensaktivistin, die gerade auch in
Deutschland das verantwortungsvolle Nachdenken über die Werte für Gerechtigkeit
und Menschenrechte fördert, denn Menschenrechte sind unteilbar. Das sollte
„deutsche Staatsräson“ sein. Daher möchte ich auch aus dem Brief von
Ministerpräsident Oettinger zitieren: „Sie haben sich in vielfältiger Weise für
die Mitbürgerinnen und Mitbürger eingesetzt und haben sich um das Gemeinwohl
verdient gemacht. Ich habe deshalb dem Herrn Bundespräsidenten vorgeschlagen,
Ihnen den Dank des Staates für Ihr herausragendes Engagement mit der Verleihung
des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland zum Ausdruck zu bringen.“
Dem ist eigentlich nichts hinzuzufügen.
Dürfen wir es als
deutsche Staatsbürger zulassen, egal um welche Religionszugehörigkeit es sich
handelt, wenn Arno S. Hamburger oder der Zentralrat der Juden vorher
angeschrieben und um ihre Einschätzung gefragt werden wollen, wer von
(jüdischer) Seite das Bundesverdienstkreuz bekommen darf? Ich frage mich, wofür
bekam Herr Hamburger denn seine Verdienstkreuze? Dafür, dass seine in Israel
lebenden Kinder wollen, dass er seine Bundesverdienstkreuze zurückgibt oder
weil sein Enkel in der israelischen Armee dient? Sind das etwa Verdienste, die
in Deutschland auszeichnungswürdig sind? Felicia Langer ist ganz im Gegensatz
zu einseitigen Israel-Unterstützern wie Arno S. Hamburger eine Brückenbauerin! Ehrungen für Leute wie Hamburger,
Giordano, Knobloch, Graumann u.a., die diese
Hetzkampagne gegen Felicia Langer in Gang setzten und damit Unfrieden zwischen
der jüdischen und der nichtjüdischen Gesellschaft fördern? Gewollt? Dem müssen
alle demokratischen Kräfte entgegentreten.
Mir und Felicia Langer
wird immer wieder vorgeworfen, Nazivergleiche zu gebrauchen. Das ist unwahr!
Sieht man aber den Sprachgebrauch in Israel gegenwärtig, z.B. „Auschwitzgrenze“, und von Herrn Hamburger nach Deutschland
gebracht, indem er – unfassbar ! – Felicia Langer als
„Volksschädling“ bezeichnet. Wo bleiben da die Proteste gegen diesen „Stürmer-Sprachmissbrauch“?
Daher begrüße ich es
sehr, wenn Hamburger seine Orden zurückgibt. Hamburger zeigt sich in seinem
fanatischen Hass gegen „diese Frau“ und andere engagierte Israelkritiker
unwürdig, den deutschen Orden zu besitzen. Wer wie Hamburger immer noch nicht
den Unterschied zwischen Juden, Zionisten und Israel, also zwischen
Antisemitismus, Antizionismus und Israelkritik begriffen hat, wird zwangsläufig
miteinander vermengen, was auseinander zu halten ist.
Hamburgers
unerträglicher Altersstarrsinn und Intoleranz zeigen, dass er als
Gemeindevorsitzender und SPD-Stadtrat untragbar ist, da er sich nicht mehr an
die demokratischen und auf dem Grundgesetz basierenden Spielregeln hält, die in
Deutschland zu gelten haben.
Evelyn Hecht-Galinski