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Die wirkliche palästinensische Konzession

 

Amira Hass, 26.1.11  Haaretz

http://www.haaretz.com/print-edition/opinion/the-real-palestinian-concession-1.339252 

 

Die wirkliche Konzession der palästinensischen Führung geht auf Kosten seines besetzten Volkes als  einer aktiven Kraft im Kampf für Unabhängigkeit. Dafür sind keine  durchgesickerten Dokumente nötig.

Tatsächlich bestätigen die „Palästinensischen Papiere“ ein offenes Geheimnis: im Gegensatz zu den in der Öffentlichkeit gegebenen Erklärungen ist die Führung der PLO und der palästinensischen Behörde bereit, weitreichende Konzessionen zum Heiligen Gral der traditionellen palästinensischen Position zu machen: das Recht auf Rückkehr für die Flüchtlinge der palästinensischen „Nakba“ von 1948.

 

„Wenn wir eine Zwei-Staatenlösung fordern, meinen wir nicht zwei palästinensische Staaten,“ sagte ein ranghoher Fatahoffizieller hinsichtlich der Frage der Rückkehr der Flüchtlinge ins Israel ( mit den Grenzen) von vor 1967. Hätte die PLO-Führung  ihr Volk respektiert, würde sie nicht mit doppelter Zunge sprechen, sondern eine offene Debatte über diese Forderung führen. Sie würde ihre Schlussfolgerungen mit ihrer Öffentlichkeit (zu Hause und im Exil) teilen. Das erträumte Recht auf Rückkehr ist nicht durchführbar, wenigstens nicht in diesem Stadium der Geschichte. Und dass es nicht fair sei, um ihretwillen weiterhin vier Millionen Menschen  als Geiseln unter dem Stiefel der Besatzung zu halten. Andere würden erwidert haben, dass unter dem Vorwand der Verhandlungen und trotz der palästinensischen Konzessionen Israel auf jeden Fall seine Siedlungen erweitert.

 

Es sind keine technischen Probleme, die solch eine demokratische Debatte verhindern, sondern das Versagen, das Volk als einen Mitverantwortlichen des Wandels  zu sehen.

 

Die PLO ist von der Großzügigkeit und der Diplomatie der westlichen Nationen abhängig, die mit der Besatzungspolizei  zusammenarbeitet. Die Hamas, die sich dem bewaffneten Kampf und seinen  vorgegebenen Zielen verschrieben hat, ist abhängig von finanzieller Unterstützung aus ihren eigenen Quellen und wartet auf den Sturz der pro-westlichen arabischen Regime durch islamische Bewegungen.

 

Beide palästinensischen Rivalen wissen, wie man die Unverwüstlichkeit und Kreativität ihres Volkes angesichts der täglichen Qualen –  nämlich die Fremdherrschaft -  nützen kann. Aber sie helfen nicht, dieses persönliche und kollektive Durchhaltevermögen in eine Strategie eines unbewaffneten Volkskampfes  umzusetzen.

 

Die Strategie eines Volkskampfes  ist eine tägliche Verpflichtung vor allem von denen, die sich selbst als die Führer darstellen. Das ist die einzige  übrig gebliebene  Option nach dem Desaster, das durch amateurhafte Verhandlungen in den 90er Jahren und  durch Waffen, hauptsächlich gegen Zivilisten in den letzten 10 Jahren verursacht wurde . Israel beweist täglich, wie gefährlich diese Option für seine Besatzung ist, sonst würde es nicht so viele Bemühungen in seine Unterdrückung  stecken.

 

Aber eine Strategie eines allgemeinen Volkskampfes – nicht nur in fünf beispielhaften Dörfern – macht sich nicht lustig über die Machtvergünstigungen, an die sich die PLO-Führung gewöhnt hat und die direkt von Reisegenehmigungen der zivilen Verwaltung und Verträgen mit der  USAID abhängig ist.

Auf diese Art wird die Palästinensische Behörde als Kanal für zu zahlende Gehälter etabliert und als eine Elite, die von ihrem Volk getrennt lebt. Wo sind die Mitglieder des Fatah-Revolutionsrates? Wo sind die Mitglieder des PLO-Exekutivrates? Warum verbreiten sie nicht das Wort des Volkskampfes in andere Teile der Westbank?

 

Und wenn es  um die Hamas geht, stößt das demokratische  Potential der Volksaktivitäten mit dem militärischen Charakter, den diese Bewegung inzwischen entwickelt hat, mit dem intellektuellen Gehorsam, den sie fordert, zusammen – wie es ihr Herrschaftsstil im Gazastreifen bestätigt.

 

Die Hamas und die PLO stehen im Bann ihres falschen Status als zwei Regierungen, deren Existenz und Aufrechterhaltung  zu einem Ziel in sich selbst wurden. Hätten sie nicht ihr Volk als  entscheidenden Faktor aufgegeben und hätten die beiden rivalisierenden Kräfte auf dieses gehört , hätten sie einen Weg gefunden, um die  zwiefache Herrschaft zu beenden.

 

Die USA stellt Forderungen und Bedingungen? Der Iran und die Muslim-Bruderschaft flüstert

Instruktionen? Entschuldigt, würde die zweiköpfige Führung gesagt haben, da ist  noch ein Volk, dessen Meinung wir berücksichtigen müssen.

 

(dt. Ellen Rohlfs)