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Der Itamar- Mord rechtfertigt nicht, den Palästinensern die Rechte zu entziehen

 

Amira Hass, Haaretz,  20.4.11

 

Das israelische Siedlungsunternehmen benötigt nicht den Mord von jüdischen Familien, um den palästinensischen Familien das Land zu nehmen und die Zukunft beider Völker zu gefährden, Aber wenn solch ein Mord „in seine Hände fällt“, weiß das Siedlungsunternehmen, wie man daraus das beste macht: man baut neue Siedlungen und Außenposten, klagt die palästinensische Natur und Bildung an und lässt biblische Begriffe fallen wie „bittere Feinde“ und „Amalekiter“.

 

Die Geschichte weißer Siedlungen in Ländern anderer Völker ist voll erschütternder Morde, die von Individuen ausgeführt werden, die zur einheimischen Bevölkerung gehören oder afrikanische Sklaven sind. Diese Aktionen verhindern nicht die systematische Vertreibung oder Fast-Auslöschung der ursprünglichen Bewohner. Es sind nicht Morde, die das Ende der Sklaverei  und Apartheid bringen . Gleichzeitig machen abscheuliche Morde in Algerien den französischen Kolonialismus oder irgendeine Kolonisierung legitim.

 

In jener Zeit schrieben die Weißen die Morde der Natur der Wilden, ihrer angeborenen Bösartigkeit und ihrer niedrigstehenden Rasse zu. Die Übernahme der mörderischen Versklavung wurde als göttliche und mutige Mission angesehen und als ein Mittel, um Gesetz und Ordnung zu bewahren. Jetzt - Jahrzehnte oder Jahrhunderte später - erkennen viele die Brutalität, die das Siedlungsunternehmen ihrer Vorfahren charakterisierte.

 

Der Versuch, zu erraten, was wohl in hundert Jahren übrig geblieben ist , überlässt man besser den Wahrsagern. Wir sind am Heute und Morgen interessiert. Und heute müssen wir die Worte des früheren Oberrabbiners von Israels Militär Brigadegeneral Avichai Ronski, einem der Gründer von Itamar,  ernst nehmen. In einem Interview sprach er mit der Walla-Nachrichtenwebsite, sogar noch bevor die Namen der  ( angeblichen ER) Verdächtigen des Mordes an der Fogel-Familie veröffentlicht wurden. Ronski sagte: “Ein Dorf wie dieses, wie Awarta, aus dem die Mörder der Fogel- und der Shebo-Familie kamen, muss als Dorf leiden. Es muss eine Situation geschaffen werden, die die Bewohner daran hindert, Juden Leid anzutun. Ja, das ist eine kollektive Bestrafung. Man darf ihnen nicht erlauben, nachts zu schlafen, man darf ihnen nicht erlauben, zur Arbeit zu gehen, man darf ihnen nicht erlauben, Auto zu fahren. Da gibt es viele Möglichkeiten.“

 

Kein einziges Wort über die beiden Mörder, die  aus Itamar kamen oder über die Behörden von Gesetz und Ordnung, die sich dadurch auszeichneten, dass sie die  Mörder der beiden palästinensischen Bauern nicht gefunden haben, die  in der Nähe von Itamar erschossen wurden.

Noch bevor die Verdächtigen gefangen wurden, straften die Soldaten Awarta kollektiv. Schließlich  wird ein Palästinenser – nach dem Jargon israelischer Straßenverurteilungen – verurteilt noch bevor er ein Verdächtigter ist.

Der Maulkorberlass über die Untersuchung des Mordes, erlaubt uns nicht, über das zu schreiben, was die Soldaten während des letzten Monats dem Dorf angetan haben. Um die Fingerabdrücke oder DNA-Spuren zu sammeln, zerstörten die Soldaten Waschmaschinen, Gefrierschränke, Fernseher und Spielzeuge – kann man uns sagen warum? Warum wurden Beutel mit Reis, Zucker, Flaschen mit Öl auf den Boden ausgeleert?

 

Aber für unsern früheren Militärrabbinerchef genügte dies noch nicht. Er verlangte mehr. Werden seine früheren Kollegen, die noch in Uniform sind, seinen Ordern folgen? Werden seine geistlichen Schüler nicht seine Worte in Taten umsetzen? Und jeder , der protestiert, wird angeklagt werden, stillschweigend über das Morden von Kindern hinwegzusehen.

 

Aber selbst ohne Mord leiden die palästinensischen Dörfer und Städte durch die Siedler und die israelischen Behörden. Da gibt es Misshandlungen von Individuen und struktureller Missbrauch. Alles ist genau Rache dafür, dass dies ihr Land ist. Die einzelnen Siedler übernehmen  Olivenhaine und Wasserquellen und vertreiben die Leute aus ihren Häusern. Die Behörden verbieten das Bauen und Pflanzen und konfiszieren kraft Verordnungen Land, zerstören Häuser und vertreiben die Menschen. Die Wasserquellen sind schon vor langer Zeit genommen worden. Und alles wird in eine Mikweh von Gerichtsverfügungen eingetaucht.

 

Unsere Law and Order (Recht und Ordnung)-Behörden schützen nicht die palästinensischen Dörfer vor den Siedlerbanden, die aus Rache  einen Preis von den Palästinensern  dafür verlangen, dass eine illegale Siedlerhütte von den Behörden abgebaut wurde. Wie können wir von ihnen erwarten, dass sie die Palästinenser vor den Rächern des Mordes an der Fogelfamilie schützen? Die Siedler sind vom Staat  dorthin geschickt worden.  Wie können wir vom Staat erwarten, dass er das verhindert, was sie  weiter dort tun sollen und weshalb sie dorthin geschickt wurden? Die Zukunft für uns alle zu plündern, zu missbrauchen und zu sabotieren.

 

(dt. Ellen Rohlfs – ich bin davon überzeugt, dass nicht Palästinenser  aus Awarta den Mord begangen haben, sondern einer der Gastarbeiter …. Das will man aber nicht zugeben )