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Der Oberste  Gerichtshof liegt auf der falschen Seite  der Westbankmauer

 

Amira Hass, 11.4.11

 

Jeder , der den Obersten Gerichtshof und seine Richter verdächtigt, den Linken anzugehören, sollte den letzten Erlass über die  Zulassungsordnung für die israelische Pufferzone lesen. Um es klar zu sagen,  dies ist eine  bürokratische Maschinerie, die das Verteidigungsministerium und die Zivile Verwaltung  geschaffen haben, um ein absolutes Minimum zu schaffen: für palästinensischen Zutritt, für die dort verbrachte Zeit, für die Möglichkeit dort zu leben und das Land (der Westbank) zu bearbeiten, das aber westlich der Mauer/des Zauns liegt. Um noch genauer zu sein: es handelt sich um Landannexion durch Israel ( 184 868 Dunum ), um palästinensisches Land, das zwischen  der Mauer/ dem Zaun und der Grünen Linie liegt.

Man lese den Erlass, der vom Obersten Gerichtshof, in seiner Funktion als des Hohen Gerichts der Gerechtigkeit, veröffentlicht wurde ( in den Akten vom 5. April dieses Jahres)  und wird als Misstrauischer beruhigt sein.

 

Mit mehr als einer halben Million Siedlern, die in ausgedehnten Siedlungen leben, die immer weiter in die palästinensischen Enklaven  erdrückend vordringen, ist der Gerichtshof noch immer davon überzeugt, dass das palästinensische Land nur aus Sicherheitsgründen  übernommen wurde. Die Politiker betrachten den Verlauf der Mauer/ des Zaunes  als die „wirksame Grenze zwischen Israel und der palästinensischen Behörde“. Aber die Präsidentin des Obersten Gerichtshofes Dorit Beinisch schreibt,  wir können hoffen , dass dies eine Notwendigkeit  vorübergehender Natur ist, weil außer der Notwendigkeit, den Terrorismus zu bekämpfen, – zu unserm großen Bedauern – die zivile Gesellschaft in Mitleidenschaft gezogen wird.

 

Während der letzten acht Jahre hat der Gerichtshof, abgesehen von bestimmten Abschnitten, die verändert werden müssen, den invasiven Verlauf der Mauer unterstützt (85% von ihm liegen innerhalb der Westbank, weit von der Grünen Linie entfernt, gemäß  OCHA, dem UN-Büro für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten)

 

Der Prozess wurde letzte Woche vervollständigt, als das Gericht ohne viel Aufhebens seine Erlasse auf zwei Petitionen  verkündete ( die eine von Hamoked: Zentrum für die Verteidigung des Individuums, 2003; und die andere von der Vereinigung für Zivilrechte, 2004) .Den Klägern ging es nicht um den Verlauf der Mauer, sondern praktisch um die Enteignung des Landes von Palästinensern,  und die Diskriminierung zwischen Juden und Palästinensern.

 

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Der invasive Verlauf der Mauer schneidet ein beträchtliches Stück Land von seinen natürlichen Besitzern, den palästinensischen Gemeinden ab -  etwa 9% der Westbank.

Als eine auf Dauer erklärte geschlossene militärische Zone ist es nur Israelis und Touristen erlaubt, dieses Gebiet zu betreten, zu befahren und dort  zu wandern und nur Juden ist es erlaubt, dort zu siedeln. Der Zutritt, Bewegung und dort zu wohnen, ist für Palästinenser inzwischen auf ein Minimum beschränkt. Drei Gruppen der Bevölkerung sind  davon direkt betroffen.

1. Zunächst die Zehntausende von Bewohnern, die östlich der Mauer leben, ihr Land  aber westlich davon liegt. Es sind Städte und Dörfer, die sich nicht ausdehnen oder auf Grund natürlichen Wachstums  dort nicht bauen können. Was denen von Alfa Menashe erlaubt ist, ist für Qalqilia verboten; was der Siedlung Na’aleh erlaubt ist, ist für Na’alin verboten.

 

2. Die zweite direkt davon betroffene Gruppe schließt jene ein, die ihr Haus genau in diesem Gebiet  hat: 3000 Menschen, für die eine spezielle Genehmigung von der Zivilverwaltung erforderlich ist, die ihnen erlaubt, in ihren eigenen Häusern zu wohnen. Alle anderen – Familienmitglieder, Freunde, Ärzte, Lehrer, Müllmänner, TV-Techniker – müssen einen strapaziösen bürokratischen Prozess durchmachen, um einen befristeten Passierschein für einen Besuch zu erhalten (Für „persönliche Zwecke“ oder für „Infrastruktur-Arbeiter“ oder  aus „medizinischen Gründen“). und nicht jeder bekommt ihn, und nicht jede Zeit wird einem Ersuchen nachgegeben.

 

3. Eine dritte Gruppe sind die Bauern, deren Land hinter  streng geschlossenen Toren liegt. Eine schwerfällige Maschinerie von Soldaten, die es nie eilig hat, ist für das Öffnen der Tore verantwortlich. Anfangs versprach der Staat einen landwirtschaftlichen Passierschein für zwei Jahre. 2006 gab es 10 037 solcher Scheine. Weitere befristete Passierscheine wurden den Bauern gegeben, deren Anspruch auf das Land noch nicht entschieden war. Im ganzen wurden 3881 kurzfristige Arbeitspassierscheine für landwirtschaftliche Arbeiter und Familienmitglieder der Bauern ausgegeben.

Seitdem werden immer weniger Passierscheine ausgegeben. 2010 erhielten nur 1200 Palästinenser einen Dauerpassierschein für einen Zeitraum von etwas länger als einem Jahr, wie die Zivil-Verwaltung ACRI erst vor einer Woche mitteilte. Weitere 392 Palästinenser erhielten Passierscheine für eine Zeit von 6 Monaten bis zu einem Jahr, während weitere 1167 „landwirtschaftliche Passierscheine“ für die Pufferzone erhielten. Es sind jene, deren Besitzverhältnisse noch nicht geklärt sind. Andrerseits ist die Zahl für Arbeitspassierscheine bis zu 18630 in die Höhe geschossen – und  von diesen  waren 8583 ein bis drei Monate gültig und 7463  sechs Monate oder ein Jahr.

 

Kein Problem für Beinisch

Im Großen und Ganzen ist das nach Beinisch und ihren Kolleginnen Eliezer Rivlin und Ayala Proccacia im Gericht OK. Beinisch kommentierte die kleinere Zahl der Besuchspassier-scheine ( von 11000  im Jahr 2007  und nur 5200  2009) mit „persönlichen Gründen“ und bat die Zivilverwaltung flexibler zu sein. 

 

Aber „auch dieses Mal“, schrieb Beinisch,“ konnten wir nicht den lebenswichtigen Sicherheitsgrund ignorieren, der der Entscheidung, die Pufferzone zu schließen, zu Grunde liegt …“

Sie tadelte MOKED auch dafür , dass es die Situation mit Apartheid verglich.

 

Was den Gerichtshof anscheinend gar nicht berührt, ist die israelische Tendenz, die palästinensische Bevölkerung in Kategorien und Unterkategorien aufzuteilen.

Diese Unterkategorien erkennt man daran, dass sie sich auf ihrem eigenen Land kaum bewegen können. Die immer kleiner werdende Anzahl von „permanenten Bauern “ beweist, dass Israel den bürokratischen Prozess, welches Land noch palästinensischer Besitz ist, immer komplizierter macht.

Es erlaubt Arbeitern für eine bestimmte Zeit in dem Gebiet zu arbeiten. Es mögen die Kinder oder Enkel des Landbesitzers sein – aber  ihr Besitzstand wird nicht anerkannt.

 

Wird Israel nach weiteren  zehn Jahren entscheiden, dass dieses Land keinen Besitzer hat?

 

Und dann werden die ehrenwerten Richter des Obersten Gerichtes in der Lage sein,  zu bestimmen, dass es so ist und dass es nun dem Souverän (Israel) erlaubt ist, mit dem Land das zu tun, was er will ?

 

(dt. und gekürzt: Ellen Rohlfs)