Israel Palästina Nahost Konflikt Infos
Arik Diamant und David
Zonshine , Guardian-Comment, 22. März 2010
http://www.guardian.co.uk/commentisfree/2010/mar/22/hamas-assassination-israel-palestine
Israels Politik, palästinensische Führer zu ermorden, ist töricht – es sollte stattdessen mit ihnen reden.
Als sich der Staub des
öffentlichen Sturmes gelegt hatte, der durch den Dubaimord von Mahmoud
al-Mabhouh sich erhoben hatte, legte sich tiefe Enttäuschung auf das
israelisch-palästinensische Friedenslager. Was
wie ein wichtiger öffentlicher Diskurs
mit einem Potential für wirkliche Veränderung anfing, ging am
wesentlichen Punkt der ganzen Sache vorbei.
Die internationale Debatte
über die Ermordung des
Hamasmitgliedes Al-Mabhouh, angeblich vom Mossad durchgeführt, konzentrierte
sich mehr auf die illegale Verwendung von ausländischen Pässen als auf das
illegale Nehmen menschlichen Lebens. Die meisten Kritiker der Operation schienen
die Tatsache zu ignorieren, dass
das Schicken von trainierten Mördern in ein fremdes Land, um dort einen Mann in
seinem Bett umzubringen, nicht nur ein diplomatischer Unfall oder eine
Verletzung des internationalen Rechtes sei, sondern
ein kaltblütiger Mord. Hat sich denn die Welt an Israels Verletzungen der
Menschenrechte schon bis zu dem
Punkt gewöhnt, dass sie so etwas akzeptiert?
Außergerichtliche
Todesstrafe von unerwünschten Rivalen ist eine Methode, die von Israel häufig in
den besetzten Gebieten und im Ausland angewendet wird. In ihren Betten
stranguliert, aus der Luft bombardiert, aus einem Hinterhalt im Auto
angegriffen, von Scharfschützen
erschossen, so sind Hunderte
unerwünschter Palästinenser durch die IDF und den Geheimdienst gestorben – und
lassen so ein lange Blutspur und Trauer zurück. Abgesehen von den Zielen selbst
sind bei diesen Operationen Hunderte von Unschuldigen in der Nähe Stehenden
auch ums Leben gekommen. Das typische Profil eines Mordzieles variiert
vom aktiven Terroristen bis zum politischen Führer. Das typische Profil eines
Unschuldigen in der Nähe
befindlichen ist für die israelischen Sicherheitsdienste kein Problem.
Israel, das häufig seine
Feinde anklagt, eine Tötungskultur zu pflegen, ist ein engagierter Nachfolger
genau dieser Methode. Sicherheitsleute wollen uns glauben machen, dass diese
Morde tatsächlich das Leben von Hunderten
Israelis durch Terrorakte gerettet hätten. Dieses Argument ignoriert das
Nachbeben der Rache, das unvermeidlich jeder dieser Operationen folgt und die
viel mehr Leben kostet. Eine kritische Analyse dieser Politik zeigt, dass diese
Operationen auf Dauer nichts zu
Israels Sicherheit beigetragen haben.
Das allgemeine Bild zeigt,
dass 42 Jahre Leben unter israelischer Besatzung keinen Mangel an Männern und
Frauen geschaffen hat, die nicht bereit wären, um der Unabhängigkeit ihres
Volkes willen, zu töten und zu sterben. Für jeden getöteten Kämpfer wurden zwei
geboren. Strategisch gesehen, sind diese Morde
unnötig.
Hinter der taktischen und
strategischen Seite dieser Praxis liegt eine dunklere Realität. Durch das Töten
ihrer Führer gibt Israel gegenüber den Palästinensern eine klare Botschaft der
Ablehnung und Verachtung. Israel sagt seit Jahrzehnten: wir verhandeln nicht.
Israels Tötungspolitik sollte als Ergänzung zu seiner Politik verstanden werden.
Seine Weigerung, zu einem Kompromiss mit seinen Nachbarn zu kommen, ist die
wirkliche Geschichte hinter den außergerichtlichen Tötungen.
Binyamin Netanyahu, der israelische Ministerpräsident, der angeblich den Dubaimord autorisiert hat, war auch für ein anderes Mossad-Fiasko verantwortlich. 1997 befahl er den Mord eines Hamasagenten, Khaled Mashaal in Jordanien. Die Operation misslang. Heute ist Mashaal der Chef des Hamas-Politbüros und – nach einigen – ein politischer Pragmatiker. Daraus könnte eine Lektion gelernt werden : Der Terrorist von gestern könnte morgen ein politischer Partner sein.
Vielleicht
wäre es der wirksamste Weg, sich mit der Hamas zu beschäftigen, imd mit
seinen Führern zu verhandeln, als sie zu ermorden, wenn die barbarische Kultur
des Mordens aufgegeben wird und durch
einen wahrhaftigen Versuch ersetzt würde, ein Abkommen mit unsern
Nachbarn zu erreichen. Vielleicht könnten
dann die Drohungen von heute die Hoffnung von morgen werden.
(dt. Ellen Rohlfs)