Jeff Halper, ICAHD, 4.11.09
http://www.icahd.org/eng/articles.asp?menu=6&submenu=2&article=552
Es
war, als ob irgend ein Offizieller, vielleicht einer von Präsident Obamas „Zaren“, wie der Zar für die Zerstörung der
amerikanischen Glaubwürdigkeit, eine systematische Kampagne organisiert hätte,
um die USA vom Rest der Welt zu trennen, aus ihr eine politische Witzfigur zu
machen und sie schließlich in eine zweitklassige Macht zu verwandeln, die zwar
fähig ist, mit enormer militärischer Wucht um sich zu werfen, aber absolut unfähig ist, uns in eine
bessere Zukunft zu führen. Der israelisch-palästinensische Konflikt, wenn es
auch nicht der blutigste ist, stellt für viele Menschen auf der Welt eine
einzigartige Messlatte dar, an der die amerikanischen Interessen und Absichten
gemessen werden können. So möchte man die Botschaften, die diese Kette von
Aktionen in die Welt aussendet, betrachten:
- Am 10. August wurden vom Demokraten Senator
Evan Bayh und dem Republikaner Senator Jim Rish, beide Mitglieder des Senat-Komittees
für auswärtige Beziehungen, ein Brief an
den Präsidenten geschickt – beide von
AIPAC, der israelischen Lobby unterstützt. Dieser Brief war von 71 Senatoren
unterzeichnet und rief die arabischen Staaten dazu auf, normale Beziehungen mit
Israel aufzunehmen, obwohl Israel den Siedlungsbau nicht gestoppt habe , auch
nicht die Enteignung von palästinensischem Land oder das Zerstören
palästinensischer Häuser, geschweige denn die
schwerwiegenden Einschränkungen des palästinensischen Lebens, die die
Mehrheit der Bevölkerung in Armut getrieben haben. Der Brief bestätigt Israel, dass es weit
verbreitete parteiliche Unterstützung im Kongress habe und sich keine großen
Sorgen über Forderungen der Regierung machen müsse, während sie der arabischen
und muslimischen Welt signalisiert, dass man sie nicht ernst nehme.
- Am 17.September akzeptierte der
UN-Menschenrechtsrat den Goldstone-Bericht der UN-Erkundungsmission über den
Gaza Konflikt. Trotz der Anklagen der Mission über Israels Kriegsverbrechen hat
sich der südafrikanische Richter Richard Goldstone große Mühe gegeben, Israel
so weit als möglich in Schutz zu nehmen.
Der Bericht erwähnt also Israels 42 Jahre lange Besetzung des Gazastreifens
nicht, auch nicht die dreijährige
Belagerung, die 1,5 Millionen Gazaer ohne ausreichende Verpflegung und medizinische
Versorgung oder das Notwendigste zum Leben lässt. Der Bericht erwähnt auch
nicht die Tatsache, dass es Israel war,
das den Waffenstillstand mit der Hamas brach und es sich weigerte, wiederholte
Hamas-Aufrufe für erneute
Feuerpausen zurückwies.
Tatsächlich spricht der Bericht auch von
den Verletzungen des Völkerrechts durch die Hamas und verlangt, dass auch diese
untersucht werden sollten. Nichtsdestotrotz verurteilte die amerikanische UN-Vertreterin Susan
Rice den Bericht sofort (obwohl sie seine fast 600Seiten
tatsächlich nicht gelesen hatte) und versprach Israel, dass die USA im Kampf
gegen den Bericht hinter ihm stehen würden. Richter Goldstone bat die
amerikanische Regierung darum, anzuzeigen, wo „der Bericht falsch oder nicht ausgewogen sei“ – er bekam
aber nie eine Antwort.
- Am 31.Oktober tauchte die Außenministerin
Hillary Clinton in Israel bei einer
Pressekonferenz mit Ministerpräsident Netanyahu auf, lobte die „beispiellose“ Bereitschaft der
israelischen Regierung, den Siedlungsbau zu „beschränken“. Nachdem man Monate
lang - auch durch die Dutzenden von
Besuchen des Sonderbotschafters George
Mitchell - Netanyahu darum gebeten
hatte, den Siedlungsbau zu stoppen – ist die US einfach eingeknickt. Israel
will weiter seine Siedlungen in Ostjerusalem ausdehnen, will weiter 3000
Wohnungseinheiten in den besetzten Gebieten bauen, und mit dem Bau
„öffentlicher Gebäude“ in den Siedlungen fortfahren und das „natürliche
Wachstum“ berücksichtigen und will fortfahren zusätzliche Bauten zu genehmigen
– eine seltsame Politik der „Beschränkung“
die nur neun Monate dauern soll. Indem Clinton die Palästinenser auf diese Weise im Stich gelassen hat, ebnete
sie Israel den Weg, sie anzuklagen, sie würden „unvernünftige
Vorbedingungen“ für beginnende
Verhandlungen stellen – was Netanyahu prompt noch in derselben Konferenz tat.
- Am 3. November verabschiedete das
Repräsentantenhaus mit 344 zu 36 Stimmen eine Resolution, die den
Präsidenten und die Außenministerin dazu
aufrief, einstimmig gegen jede Unterstützung oder weitere Überlegung des
UN-Berichtes über den Gazakonflikt in multilateralen
Foren ( d.h. in der UN) zu sein. Dies
wurde von vier lautstarken Pro-Israel-Mitgliedern des Kongresses gesponsert – Hovard Berman (D-CA),
Vorsitzender des Komitees für ausländische Beziehungen, Gary Ackerman (D-NY) Vorsitzender des Unterkomitees für den Nahen Osten, und Dan Burton (R-IN),
republikanisches Mitglied im Unterkomitee – die Resolution nennt den
Goldstone-Bericht „ ein von Grund auf einseitig und weiterer Betrachtung und
Legitimität unwürdig“ und
unterstütze die Bemühungen der Regierung, die anti-israelische Einseitigkeit
der UN zu bekämpfen.
- Und wie haben die amerikanischen Offiziellen
und Mitglieder des Kongresses geantwortet?
Was ist mit dem Aufruf des UN-Sekretär Ban Ki-Moon
an Israel – am selben Tag, als die Anti-Goldstone-Resolution verabschiedet
wurde - „mit den provokativen Aktionen
in Ost-Jerusalem aufzuhören“. Die UN berichtet:
„Der Generalsekretär ist bestürzt über Israels fortgesetzte Aktionen im
besetzen Ost-Jerusalem, einschließlich der Zerstörung palästinensischer Häuser,
die Vertreibung palästinensischer Familien und das Eindringen der Siedler in
palästinensische Stadtteile.
Die wachsende Entfremdung zwischen den USA und
dem Rest der Weltgemeinschaft, einschließlich Europas, ist selbst unter Obama ein Versäumnis Amerikas, nämlich die Menschenrechte
als Leitbild für seine Außenpolitik zu nehmen. In einer Zeit, in der viele
Völker der Welt unter Verarmung, Konflikten und einem Gefühl leiden, dass ihre
Regierungen versagen und sie ungeschützt lassen, bedeutet das Versprechen der
universalen Menschenrechte ein Menge. Die Sprache der Menschenrechte hat die
USA noch nicht erreicht. Als ich kürzlich im Kongress und im
Außenministerium eine Runde machte und
für eine gerechte Lösung des israelisch-palästinensischen Konfliktes sprach,
wurde mir gesagt, dass „Gerechtigkeit“ kein aktives Element der amerikanischen
Außenpolitik sei. Mir wurde sogar von zeitweiligen Lobbyisten geraten, den
Terminus „Menschenrechte“ bei meinen Treffen mit Senatoren und Kongressleuten
nicht zu verwenden, weil dies anti-amerikanisch klingen würde, als ob es etwas
gäbe, das das amerikanische Gesetz und Politik
übertrumpfen würde ( was die Menschenrechte tatsächlich tun) . Aber nimm
Gerechtigkeit und die Menschenrechte aus der Außenpolitik – dann bleibt man mit
einem kurzfristigen Konfliktmanagement und einiger Schadensbegrenzung zurück, die letzten Endes
niemandem Frieden und Sicherheit bietet. So entfernt man sich sicherlich von
den Nöten und Sorgen der meisten Menschen in der Welt.
Wie
sehr die amerikanische Politik
hinsichtlich der palästinensischen Rechte von der der europäischen Alliierten
abweicht, geschweige denn von der muslimischen Welt, mit der sie eine Art
Stabilität und Entgegenkommen zu
erreichen versucht, das eine Verlegung seiner Soldaten erlaubt, hat
Auswirkungen, die weit über den
speziellen Konflikt hinausgehen. Wenn die USA – wie so oft – auf Seiten
Israels stehen, aber gegen die ganze internationale Gemeinschaft, was die
Menschenrechte betrifft ( wie es das gegenüber der Apartheid Südafrikas tat und
u.a. mit der Unterstützung der Contras in Nicaragua) dann wirft das ein Schlaglicht weniger auf seine Isolierung
als auf seine Führung . Alle ihre anderen Slogans, wie „Verbreitung von
Freiheit und Demokratie“ sind hohle
Worte. Weder Amerika noch sein einstmaliger Verbündeter Israel können die Verantwortung für ihre Politik und Aktionen
umgehen. Realpolitik kann nicht eine Politik ersetzen, deren Grundlage die
Menschenrechte sind. Wenn die USA
wünschen, sich der internationalen Gemeinschaft anzuschließen und seine
Interessen echt verfolgen will, dann gibt es keinen
besseren Platz als eine Außenpolitik zu gestalten, die sich auf Gerechtigkeit
gründet. Bis dahin bleibt Amerika Teil
des Problems und nicht Teil der Lösung.
Jeff
Halper ist Direktor des israelischen Komitees gegen
Hauszerstörungen.
(dt.
Ellen Rohlfs)