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Der Preis der Besatzung

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Amos Gvirtz, Juli 2017

Nach dem 6-Tage-Krieg begann, sich ein neuer Typ von Zionismus  durchzusetzen: der fanatische Zionismus. Die vorherrschende Vision des fanatischen Zionismus, da dem klassischen Zionismus entgegengesetzt (ich nenne ihn existentiellen Zionismus), sieht in der Errichtung eines unabhängigen Staates als Lösung der jüdischen Existenz als den Beginn eines messianischen Prozesses und zwar als Erfüllung  von Gottes biblischem Versprechen eines Groß-Israel.

Wir haben hier zwei sehr verschiedene Arten von Zionismus. Der klassische Zionismus errichtete den  Staat mit Hilfe einer Kombination immenser Bemühungen seiner Anhänger, und dem Verständnis, dass die Unterstützung der Supermächte  nicht nur für die Errichtung des Staates wichtig war,  sondern auch  für seine fortdauernde Existenz. Der  fanatische  Zionismus ist überwiegend  von einem allmächtigen Gott überzeugt,  auf den sich die Existenz des Staates gründet. Ich kann nicht anders, als die Frage stellen: wie ist es möglich, dass Juden nach allem – nach dem Holocaust -  noch immer  an dem Glauben festhalten?  Wo war Gott  während des Holocaust?

Die meiste Zeit gibt es zwischen den beiden Strömungen des Zionismus Zusammenarbeit. Diese Zusammenarbeit ist jedoch von der Befolgung der Regierungspolitik der Annexion der Gebiete abhängig.  Falls  es als Folge von Druck von außen irgendeine Abweichung von dieser Politik gäbe, würde der inhärente Konflikt zwischen den beiden Bewegungen  ausbrechen.

Glücklicherweise war  in der Zeit des Friedensvertrages mit Ägypten die politische Macht  des fanatischen Zionismus gering. Diese Kluft zum klassischen Zionismus führte  Geula Cohen  zum Rückzug aus der Likud-Partei und zur Bildung von Tehiya, die erste politische Partei des fanatischen Zionismus.  Zur Zeit der Oslo-Abkommen war die Situation  viel ernster. Dieser Strom des Zionismus hatte mehr Macht angesammelt, und dies kam dem Innersten  des „göttlichen Versprechens“ näher. Es endete  mit dem Mord an  Ministerpräsident Rabin  durch  einen Anhänger des fanatischen Zionismus.

Aber die  größte Gefahr des fanatischen Zionismus wurde  im jüdischen Untergrund   mit dem Versuch demonstriert, (in den 80er-Jahren) den Felsendom auf dem Tempelberg  zu sprengen. Falls dies gelungen wäre, würde der nationale Konflikt in einen religiösen Konflikt mit der ganzen  muslimischen Welt ausgeartet sein und hätte nicht nur Israels Existenz gefährdet, sondern das ganze Weltjudentum. Das Erstaunliche an der ganzen Sache war die gegenüber den Mitgliedern des Untergrunds gezeigte Nachsichtigkeit nach deren Verhaftung. Sie erhielten luxuriöse Bedingungen, während sie  in Haft und im Gefängnis waren und  nach kurzer Zeit wurden sie entlassen. Welche Lobby schützt Kriminelle?

Nach dem  1967er-Krieg begriff die israelische Regierung, dass alle freundlichen Länder gegen die Politik der Annexion wären. Deshalb übernahm sie eine Strategie der  Täuschung und der Des-Information, während sie mit einer Politik der langsamen Expansion weitermachte, aber darauf achtete, dass  bei ihren  systematischen Verletzungen der Rechte der  besetzten Bevölkerung es keine Todesfälle gab.  Dies geschah, um die  Medien zu beruhigen und die Aufmerksamkeit der Welt von der  schleichenden Inbeitznahme der Gebiete abzulenken. Es gibt keine Todesfälle (??) bei dem weit verbreiteten  Landdiebstahl, der Zerstörung von Häusern, beim Aufbau der Siedlungen, beim Diebstahl von Wasser und Mineralien und auch nicht  bei der Vertreibung.

Es  geschieht auf dieselbe Weise, in der die Anhänger des fanatischen Zionismus die israelischen Bürger behandeln. Sie machen Lippenbekenntnisse, reden von Einheit und Liebe zu Israel, während sie gleichzeitig  mit Bürgerkrieg drohen, falls die israelische Regierung auf ein Friedensabkommen  drängt. Rabins Mord war der erste Schuss in diesem Krieg. Unterdessen übernahmen die Vertreter des fanatischen Zionismus alle Gebiete der Regierung und arbeiten  von innen, um  die (besetzten) Gebiete zu übernehmen. Das enorme Budget, das  die Regierung in die Siedlungen steckt, wird nebenbei  von fanatischen Zionisten auf andere kreative  und fragwürdige  Methoden verwendet, um weitere große Summen dorthin zu liefern, wo sie nicht kontrolliert werden können.

Eine der größeren Gefahren, die sie darstellen, ist die feindselige Übernahme des Likud, vom klassischen Zionismus die rechte Partei der Regierung. Tausende Anhänger des fanatischen Zionismus haben sich der Likud-Partei angeschlossen und bedrohen Wahlkandidaten  für das israelische Parlament, falls sie sie nicht unterstützen, dann würden sie nicht gewählt werden. Sie setzen auch ihre eigenen Vertreter auf die Kandidatenliste.  Doch am Wahltag ziehen viele von ihnen vor, anstelle des Likud die eigenen Parteien des fanatischen Zionismus zu wählen.

Wir sehen hier, wie eine kleine Minderheit einen Prozess in Gang gebracht hat, um eine Ideologie einzuführen und den  bestehenden Zionismus in einen fanatischen zu verwandeln und so, jede Möglichkeit zum Frieden  zu verhindern,  und damit  die Existenz Israels und des jüdischen Volkes zu riskieren.

(dt. Ellen Rohlfs)