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Gush Shalom antwortet auf
Netanyahus Rede;
Die Wurzel des Konfliktes liegt im 1948er Krieg
17.5.11
Die israelische Menschenrechtsgruppe Gush Shalom veröffentlichte eine Pressemitteilung über „Die Wurzel des Konfliktes ist der Krieg von 1948 – die Lösung des Konfliktes – die 1967 besetzten Gebiete“, in der sie die Rede des Ministerpräsidenten Benjamin Netanyahus am Montag in der Knesset kritisierte.
„Der einzig mögliche Weg zum Frieden geht über einen historischen Kompromiss, in dem Israel die 1967 besetzten Gebiete zurückgibt und die Palästinenser ihren Anspruch auf die 1948 verlorenen Gebiete aufgibt“, sagte der Gush Shalom-Sprecher Adam Keller als Antwort auf die Rede des Ministerpräsidenten in der Knesset.
Am Montag sagte Netanyahu, dass das palästinensische Flüchtlingsproblem außerhalb der Grenzen Israels gelöst werden sollte. Er fügte hinzu, dass die Palästinenser Israel als einen jüdischen Staat mit Jerusalem als Hauptstadt anerkennen sollten, damit Frieden stattfinden kann. Netanyahu fügte noch hinzu, dass alle palästinensischen Politiker „eine Katastrophe“ seien und dass Israel mit keiner palästinensischen Regierung verhandeln würde, in der Hamas mit vertreten sei. Was die Siedlungen beträfe, so würden sie alle von Israel annektiert und nicht evakuiert.
Der Sprecher von Gush Shalom Adam Keller sagte am Dienstag: „Es wird nicht leicht für die Palästinenser, solch einen Kompromiss zu schlucken, der von ihnen fordert, einen großen Teil von dem aufzugeben, was sie als ihre historische Heimat ansehen. Um solch einen Kompromiss zu verwirklichen, muss Israel seinen Teil erfüllen: die Besatzung auf der ganzen Westbank, nicht nur auf einem Teil beenden, hier ein bisschen und dort ein bisschen, ihnen also nur ein paar Krümel geben und sie in Enklaven einsperren.“
Keller sagte noch: „Wer nicht den geforderten Preis bezahlen will, wird auch keinen Kompromiss erreichen, der für die Zukunft unseres Landes wesentlich wäre.“
Die palästinensisch-israelischen Gespräche sollten durch Washington im September letzten Jahres eine Starthilfe bekommen, zwei Wochen später gerieten sie aber in eine Sackgasse, als Israel sich weigerte, den Siedlungsbau in der Westbank, einschließlich Jerusalem, einzufrieren.
„Netanyahu und seine Regierung versucht, große Teile der besetzten Gebieten abzuschneiden, baut mit großer Eile die Siedlungen aus, ist nicht bereit, nur drei Stunden das Bauen zu unterbrechen, fordert, die Besatzung des Jordantales, das ein Drittel der Westbank darstellt, fortzuführen; er will am „vereinigten Jerusalem“ festhalten, wo gerade ein junger Palästinenser von der israelischen Polizei getötet wurde, der wagte, gegen den Siedlerüberfall in seiner Nachbarschaft zu protestieren. Auf diese Weise blockiert die israelische Regierung alle Wege zum Frieden und zum Kompromiss und durch sein eigenes Tun wächst Israels Isolierung in der Welt und baut so den internationalen Druck bis September auf.“ sagte Keller.
In den Westbanksiedlungen und Ost-Jerusalem leben 500 000 Siedler; sie teilen das Gebiet in 64 große getrennte Enklaven, die nicht mit einander verbunden werden können. Nach internationalem Gesetz sind alle israelischen Siedlungen in der Westbank und Ost-Jerusalem illegal und gegen das Völkerrecht.
Gush Shalom:
Pressemitteilung, 24.5.11
Im US-Kongress weist Netanyahu
den Frieden zurück, bietet ein fiktives Palästina an, das nie Realität wird und
beginnt einen Kollisionskurs mit den Palästinensern und der ganzen Welt.
Die Rede des
Ministerpräsidenten Netanyahu vor dem US-Kongress war aus Dutzenden von farbigen
Gags und leeren Klischees zusammengesetzt: eine Rede von
Frieden, den er nicht zu schließen beabsichtigt, und von einem fiktiven
palästinensischen Staat, von dem er nicht will, dass er Realität wird.
Netanyahu lobte himmelhoch
die Demokratie, während er beabsichtigt, die Besatzungs –herrschaft über
Millionen von Menschen gegen ihren Willen mit Gewalt fortsetzen will. Netanyahu
rühmte die Religionsfreiheit, die Israel angeblich an den Heiligen Stätten
Jerusalems gewährt, während die israelische Polizei eine Politik regelmäßiger
Absperrungen für Muslime ausübt, die die Moscheen mitten in Jerusalem nicht
besuchen dürfen. Netanyahu sprach sentimental über die David- und
Goliathgeschichte, während der Staat
Israel in Wirklichkeit ein moderner Goliath geworden ist, der Hunderte Kinder
beim drei Wochen langen Bombardieren des Gazastreifens tötete. Und die Rolle des
Davids ging an die palästinensischen Demonstranten, die nur mit Steinen
bewaffnet sind.
Indem er eine ständige
israelische Besatzung entlang dem Jordanfluss fordert, macht Netanyahu klar,
dass das, was er einen palästinensischen Staat nennt, etwas mehr als eine
isolierte Enklave sein würde, die von der Außenwelt isoliert ist. Jeder Ein- und
Ausgang würde von Israel kontrolliert werden – in Wirklichkeit eine neue Version
des belagerten Gazastreifens. Netanyahu verbreitete Versprechen und machte
„schmerzvolle Kompromisse“ und die Auflösung einiger Siedlungen – um gleich
darauf die Straße mit einer Menge Bedingungen zu blockieren, die dafür bestimmt
sind, dass die Zeit für Kompromisse nie kommen wird, die Siedlungen bleiben und
sich erweitern und weiter Land von ihren palästinensischen Nachbarn rauben
werden.
Netanyahu sollte nicht vom
Applaus im Kongress geblendet werden, der eine Geißel einer machthungrigen
Israellobby bleibt. Es ist unklar, wie lange diese Lobby ihre Macht behält und
ob entweder die Lobby oder der Kongress wirklich bereit sind, eine direkte
Konfrontation mit dem Präsidenten der USA wegen Netanyahu beginnen will. In
seiner ausgesprochenen Opposition gegenüber dem Prinzip der 1967er Grenzlinien
mit übereingekommenem territorialem Landtausch – dem einzigen Weg zum Frieden,
mit dem die ganze internationale Gemeinschaft, einschließlich des
US-Präsidenten, übereinstimmen – fährt Netanyahu fort, auf seinem Standpunkt zu
beharren und die Friedenschance zurückzuweisen. Seine Behauptung, dass die
1967er-Grenzen nicht zu verteidigen seien, ist lächerlich, besonders wenn man
bedenkt, dass genau mit dieser Grenze die IDF ihren größten militärischen Sieg
in der Geschichte Israels errungen hat. Im Gegensatz dazu schaffen die in den
besetzten Gebieten zerstreuten Siedlungen eine unklare Grenze, tatsächlich ein
kompletter Mangel an einer Grenze, die für die IDF sehr schwierig zu verteidigen
wäre. Die zweifellos historische Tatsache, dass Juden in diesem Gebiet vor
Tausenden Jahren hier gelebt haben, kann keineswegs die Tatsache ändern, dass
wir heute als Eroberer und Unterdrücker hier sind, und das werden wir bleiben,
solange ein einziger israelischer Soldat hier gegen den Willen der einheimischen
Bewohner bleibt.
Die extreme Position, die
Netanyahu einnimmt und die in Rhetorik und Klischees verpackt ist, stellt eine
endgültiges Zuschlagen der Tür dar, um Verhandlungen wieder aufzunehmen, und den
Beginn eines Kollisionskurses mit den Palästinensern und der ganzen Welt in
Richtung eines unvermeidlichen „diplomatischen Tsunami“, den der
Verteidigungsminister Barak vorausgesagt hat. Auf Dauer wird es sich tatsächlich
herausstellen, dass Netanyahu – genau der Mann, der von der ganzen Welt
verlangt, „einen jüdischen Staat“ anzuerkennen -
der Mann sein wird, der den Palästinensern die Hoffnung nimmt, einen
eigenen Staat zu erreichen und dann eine Stimme in der Knesset fordern.
(dt. Ellen Rohlfs)