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Daphna Golan, 
Haaretz, 12.5.10    
Ein paar Wochen nachdem wir 
am Passahabend sagten: “Nächstes Jahr in Jerusalem”, ist der Jerusalemtag 
gekommen und lässt uns  fragen, ob 
es dieses Jerusalem ist, das wir meinten. Jerusalem erlebt gerade einen 
wunderschönen Frühling. Die Sonne scheint. Und im Westen der Stadt 
stehen die Verkehrsinseln in Blüte, während Tausende von bewaffneten 
Polizisten und Zivilisten sich vor der nächsten Explosion fürchten. 
Ist das das Jerusalem, nach 
dem sich Diasporajuden zurückzukehren sehnen? Das vereinigte Jerusalem, das sich 
von Shuofat bis Beit Sahour erstreckt? Eine Stadt, auf deren einer Seite ein 
Monster wie der Holyland-Wohnungskomplex gebaut wird und auf deren anderen Seite 
es keinen Bauplan und fast keine Bauplätze gibt und Tausende von Menschen in 
Angst leben, dass ihre Häuser, die ohne Genehmigung gebaut wurden, abgerissen 
werden.
Hätten wir uns, 
die wir als Juden nach Jerusalem zurückkehrten, vorstellen können, dass 
sie Palästinenser aus ihren Häusern vertreiben, um selbst darin zu wohnen? Ist 
es möglich, dass wir die Vereinigung Jerusalems feiern, wenn palästinensische 
Familien in Sheikh Jarrah unter der Schirmherrschaft des Gerichtes aus ihren 
Wohnungen vertrieben werden, um an ihrer Stelle 
dort Juden  wohnen zu lassen?
Im Gegensatz zu den 
jüdischen Feiertagen, die zu Hause gefeiert werden und die uns nahe an das 
Jerusalem bringen, das in unsern Herzen lebt, lädt uns der Jerusalemtag ein, 
nach draußen zu kommen, zu Veranstaltungen, Rallys und zu einer Parade durch die 
Straßen der Stadt. Auf Reklametafeln lädt uns Bürgermeister Nir Barkat ein, den 
„43.Jahrestag der Stadtvereinigung zu feiern“, und eine Bildungswoche, deren 
Thema ist „Mauern durchbrechen“.  
Dieses Thema soll uns überzeugen, dass durch kompetente Erziehung/Ausbildung es 
möglich ist, aus dem gefährlichen Teufelskreis der Gewalt auszubrechen, 
Hindernisse zu überwinden und voller Hoffnung 
in die Zukunft zu schauen.“
Aber die Bildungswoche 
„Mauern durchbrechen“ schließt nicht Nadia ein, die ihre Schule in Jerusalem 
wegen der Mauer nicht erreichen kann. 
Auch nicht den Gedanken an die Tausenden von palästinensischen Kindern, 
für die die Schulen keinen Platz haben oder an die Hunderten von Kindern, die 
durch ( schwere) Luftverschmutzung aus einer Fabrik in der Nähe ihrer einzigen 
Schule in Ost-Jerusalem in Mitleidenschaft 
gezogen wurden. In Jerusalem, das seinen Festtag mit Trommeln und Tanzen 
begeht, leben 74% der palästinensischen 
und 47,7% der jüdischen Kinder in Armut. 
Die Siegesparade am 
Jerusalemtag feiert eine Städte-Vereinigung , die niemals stattgefunden hat, 
deren Einheit erfunden wurde. 1967 wurde Jerusalem um das Dreifache vergrößert, 
Ost-Jerusalem wurde verschlungen und 28 Dörfer dazu. Heute ist es die größte 
Stadt Israels und seine Grenzen sind wie eine Beleidigung. Mehr als ein Drittel 
des Landes im Privatbesitz in Ostjerusalem wurde enteignet und Stadtteile „nur 
für Juden“ wurden auf diesem gebaut. 
Jerusalem, das heute seine 
Vereinigung feiert, ist eine Stadt von Juden, für die die Stadt geplant wird, 
und  von Palästinensern, die der 
Staat als Ausländer in ihrer eigenen Stadt ansieht. Der Bau für Juden geht 
weiter, obwohl in den letzten Jahren das Wegziehen von Juden angewachsen ist; so 
hat sich trotz natürlichem Wachstum die Größe der jüdischen Bevölkerung kaum 
verändert.
Aber für Palästinenser, 
deren durchschnittliche Wachstumsrate höher ist und die die Stadt nicht 
verlassen, wurde kein einziger Stadtteil gebaut. Da gibt es keinen Gesamtplan, 
und Baugenehmigungen sind äußerst selten. Aber 
es gibt viele Abrissorder für Häuser, die ohne Genehmigung gebaut wurden.
Das geteilte Jerusalem 
feiert eine Vereinigung, die nie stattgefunden hat. Es feiert Besatzung und 
anhaltende Diskriminierung über mehr 
als ein Drittel der Stadtbevölkerung, der die Stadtverwaltung weniger als 
14% seines Budgets zuweist.
Die Verbindung des 
jüdischen Volkes zu Jerusalem hat keine Paraden mit Tausenden bewaffneter 
Polizisten und Zivilisten nötig. Was es aber dringend bedarf, ist ein neues 
Denken, das aus der Vergangenheit lernt und Hoffnung für all seine Bewohner, 
Palästinenser und Israelis, Muslime, Christen und Juden anbietet.
Nächstes Jahr in Jerusalem, 
das mit Gleichheit für alle wieder aufgebaut ist, (wünsch ich mir.)