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Polnisch-jüdischer Soziologe vergleicht Westbank-Trennungszaun mit den Mauern des Warschauer Ghettos.

 

Roman Frister, Haaretz, 1.9.11

 

 

Sygmunt Bauman, der jüdische Soziologe und einer der größten Philosophen unserer Zeit, geißelte Israel in dieser Woche scharf, als er sagte, es wünsche keinen Frieden und  habe Angst vor ihm.

Bauman sagte, Israel „missbrauche den Holocaust, um unerhörte Handlungen zu  rechtfertigen,“ und vergleicht die Trennungsmauer mit den Mauern des Warschauer Ghettos, in dem Hunderttausende von Juden im Holocaust umgekommen waren.

In einem langen Interview mit der bedeutenden polnischen Wochenzeitung „Politika“ sagte Bauman, Israel sei nicht am Frieden interessiert. „Die israelischen Politiker haben eine schreckliche Angst vor Frieden, sie zittern vor Angst vor der Möglichkeit des Friedens, weil sie ohne Krieg und ohne allgemeine Mobilisierung nicht wüssten, wie man leben kann“, sagte er.

„Israel sieht die Raketen, die entlang der Gaza-Grenze fallen, nicht als eine schlimme Sache an. Im Gegenteil; sie würden beunruhigt sein und sogar alarmiert, wenn es den Beschuss nicht gäbe,“ sagte der polnisch-britische Soziologe.

 

Bauman, der kurz in Israel lebte, bezog sich auf einen Artikel, den er in Haaretz schrieb, in dem er seine Sorge zum Ausdruck brachte, dass die junge israelische Generation mit dem Verständnis  aufwächst, dass der Kriegszustand und die militärische Gefechtsbereitschaft natürlich und unvermeidbar sei.

 

Das polnische Publikum hat solch eine Schmährede gegen den Zionismus und Israel seit der antisemitischen Propaganda-Kampagne des kommunistischen Regimes nach dem 6-Tage-Krieg nicht mehr gehört.

 

Es ist nicht überraschend, dass sich führende jüdische Persönlichkeiten gegen ihn wandten.

 

„Politica“ veröffentlichte die Kritik neben einem Brief des israelischen Botschafters in Warschau Zwi Bar, der Baumans „Halbwahrheiten“ und  „grundlose Verallgemeinerungen“ zurückwies.

Bauman, der  1925 in Polen geboren wurde, lebt  in England, seitdem er seine Dozentur an der Tel Aviver Universität 1971 verlassen hat.

Er wird als einer der größten Soziologen unserer Zeit angesehen, der sich intensiv mit den Zusammenhängen von Holocaust und Moderne, Globalisierung und Konsumkultur  befasst hat.

Einige seiner Bücher wurden ins Hebräische übersetzt, einschließlich „Liquid Love“

Sein Enkel  ist der Rechtsanwalt Michael Sfard der Menschenrechtsgruppe Yesh Din.

 

(dt. Ellen Rohlfs)