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Deutschlands Bedingungen für Subventionen für hochtechnologische Wissenschaft in Bezug auf das Siedlungsförderungsverbot

Israel hofft, die Klausel streichen zu können, die die Erneuerung der wissenschaftlichen Zusammenarbeit komplizieren könnte

von Barak Ravid

„Haaretz“ Jan. 23, 2014

Die deutsche Regierung macht sowohl die weitere Subventionierung hochtechnologischer Firmen als auch die Prologation eines wissenschaftlichen Kooperationsabkommens von der Einbeziehung einer territorialen Klausel abhängig, die besagt, dass israelische Entitäten, die in Siedlungen der Westbank oder Ostjerusalem gelegen sind, nicht subventionsberechtigt sind. Israel befürchtet, dass diese deutsche Maßnahme dazu führt, dass andere Mitgliedstaaten der EU nachziehen werden.

 

Die deutsche Entscheidung stellt eine wesentliche Zunahme europäischer Maßnahmen gegen die Siedlungen dar. Während „Horizon 2020“, ein  wissenschaftliches Kooperationsabkommen, das Israel mit der Europäischen Union einige Wochen zuvor unterzeichnet hat, EU-Subventionen für akademische Forschungen, die in den Siedlungen durchgeführt werden, verhinderte, hat Berlin nun das Subventionsverbot auf private Firmen, die jenseits der Grünen Linie liegen, erweitert. Darüber hinaus ist der Boykott gegen die Siedlungen nun von den EU-Institutionen in Brüssel auch auf individuelle EU-Mitglieder übergesprungen.

 

Ein Vertreter des Außenministeriums sagte, dass jede israelische Billigung der deutschen Forderungen angesichts der „besonderen Beziehung“ zwischen Israel und Deutschland und der Tatsache, dass Deutschland als Israels bester Freund in Europa gelte, verbindlich sei, um einen Präzedensfall für ganz Europa zu setzen. „Deutschland wird für den Rest der Welt ein Exempel statuieren “, sagte er.

 

Wir alle wollen eine Situation verhindern, bei der jede Entscheidung, die die Europäische Kommission in Brüssel getroffen hat, automatisch von allen 28 Mitgliedsstaaten akzeptiert wird“, fügte er hinzu, indem er sich auf das Beharren der Kommission auf einer Gebietsklausel in Horizon 2020 bezog. Seit der Unterzeichnung des Horizon-Abkommens vor zwei Monaten ist Deutschland das erste Land, dass eine ähnliche Klausel in seinen bilateralen Abkommen mit Israel fordert.

 

Hohe Beamte der israelischen Regierung, die anonym bleiben wollen, sagten, Jerusalem stehe zur Zeit mit Berlin in Verhandlung bezüglich zwei Abkommen, bei denen Gelder von Deutschlands Bundesministerium für Erziehung und Wissenschaft an israelische akademische Institutionen und hochtechnologische Firmen fließen sollen.

Das erste Abkommen, das die Zusammenarbeit zwischen deutschen und israelischen Wissenschaftlern fördert, wurde in den 1970-ger Jahren unterzeichnet und seitdem periodisch erneuert. Unter dieser Vereinbarung sponserte Deutschland 12 Millionen Scheckel (3,4 Mio US-Dollar) als Subventionen für gemeinsame Projekte, die von Wissenschaftlern an deutschen und israelischen Universitäten durchgeführt wurden.

 

Jedoch, etwas Wesentliches hat sich verändert, seitdem die Vereinbarung zuletzt erneuert wurde: Israel wertete eine in der Westbank-Siedlung Ariel gelegene Institution von einer Fachoberschule zu einer Universität auf. Höhere deutsche Beamte informierten ihre israelischen Kollegen einige Monate zuvor, dass deutsche Universitäten Druck auf das Bundesministerium ausübten, nicht mit israelischen Forschungsinstituten in der Westbank zusammenzuarbeiten.

 

Aufgrund dieses Drucks entschied das Ministerium, dass es, wenn die Vereinbarung erneuert werden müsse, eine neue Klausel fordern werde, die verbietet, dass Gelder an akademische Institute in den Siedlungen vergeben werden. Mit anderen Worten, Wissenschaftler der Ariel-Universität werden keine Anträge auf Subventionen stellen können, und das muss man ihnen klar gemacht werden, sagten die deutschen Beauftragten ihren israelischen Kollegen.

 

Die Klausel, die Berlin der Vereinbarung hinzufügen will, ist bereits in einer anderen bilateralen Vereinbarung vorhanden – in dem 1986-Abkommen, wodurch die Deutsch-Israelische Stiftung für Wissenschaftliche Forschung und Entwicklung gegründet wurde. Diese Klausel besagt: „Projekte, die von der Stiftung in Israel gesponsert werden, werden nur in geografischen Gebieten durchgeführt, die unter die vor dem 5. Juni 1967 gültige Rechtsprechung des Staates Israel fallen.

 

Die Deutschen wollen diese Klausel auch noch in ein anderes bilaterales Abkommen einfügen, bei dem es um höhere Geldbeträge geht. Diese Vereinbarung zwischen dem deutschen Bundesministerium und Israels Wirtschaftsministerium verschafft deutsche Gelder für industrielle und angewandte Forschung und Entwicklung – mit anderen Worten, Gelder für private israelische hochtechnische Firmen und Firmenneugründungen.

 

Diese Abkommen wird in Wirklichkeit nicht so schnell erneuert, aber die Deutschen fordern nichtsdestotrotz in den Anträgen die sofortige Einbeziehung einer Gebietsklausel, die Subventionen an Firmen verbietet, die in irgendeiner Verbindung mit den Westbank-Siedlungen oder Ostjerusalem stehen. Letzte Woche trafen sich Vertreter des deutschen Ministeriums mit Vertretern des Wirtschaftministeriums (israelischen W./I.Ge), um dieses Thema zu besprechen.

Bis jetzt hat Israel sich geweigert, die 1986-er Klausel irgendeiner Vereinbarung hinzuzufügen. Als Alternative schlugen die Deutschen vor, die Formulierung, die Horizon 2020 beinhaltet, zu benutzen, um die Subventionierung von Aktivitäten in den Gebieten zu verhindern. Sie vereinbarten auch, dass das überarbeitete Abkommen, den gleichen israelischen Vorbehalt enthalten könnte, der Horizon 2020 als Anlage beigefügt ist – dass die Vereinbarung nicht den Endstatus der Grenzen festlegt, da diese den israelisch-palästinensischen Verhandlungen vorbehalten sind. Aber Israel hat bisher auch diesen Vorschlag abgelehnt, weil es befürchtet, es setze einen Präzedensfall im Hinblick auf bilaterale Abkommen, die schnell von den 27 Mitgliedern der Europäischen Union sowie von anderen Ländern übernommen würden.

Der stellvertretende Außenminister Zeev Elkin hat seinen Ministern befohlen, mit der deutschen Regierung intensive Verhandlungen über das Abkommen zu beginnen, zunächst hinsichtlich der Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Wissenschaft und danach auf dem Gebiet der Hochtechnologie. Das Ziel ist, die Verhandlungen in ein paar Wochen abzuschließen, vor der gemeinsamen Sitzung des israelischen und deutschen Kabinetts, die in einem Monat in Jerusalem stattfinden soll.

„Unser Ziel ist es, eine andere Lösung, als die von Horizon 2020, eine  weniger harte Formulierung zu finden“, sagte der Vertreter des Außenministeriums.

 

Aus dem Englischen übersetzt von Inga Gelsdorf