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Wo ist es besser, ein Christ zu sein – in Israel oder in Palästina?

Bei der Vorbereitung des Papstbesuches, rühmen israelische Lobbyisten wie

 Israel seine  christliche Minderheit behandelt im Gegensatz zur palästinensischen Verfolgung der Ihrigen

 – aber wo sind Christen wirklich sicher und Teil des öffentlichen Lebens? 

 

Nicolas Pelham, 11.5.14, Haaretz

Selten ist meine Email-Box unter  so große Attacke gekommen wie jetzt bei den Vorbereitungen auf den Besuch von Papst Franziskus‘. Israels vielfache Lobbyisten haben den Umhang des christlichen  Retters gegeben. Sie heben den sicheren Himmel Israels hervor, den der Nahe Osten den Christen  anbietet  im Gegensatz zu ihren muslimischen Peinigern.  Die „Verfolgung“ fliehen, wie auf einer  Mail stand. Sie sagen: die palästinensisch christliche Bevölkerung  ist von 10 auf 2 % gefallen. Palästinas moslemische Herren verfolgen ein Programm der Sharia-isation der Westbank so gut wie in Gaza, und die kleine christliche Stadt von Bethlehem ist jetzt ein muslimischer Morast.

Was sie nicht sagen, ist, dass Israels Bevölkerung der einheimischen Christen ungefähr in derselben Weise gefallen ist .Von 8% im Jahr 1947 im ganzen Mandat Palästinas 1948 auf 4% und ist jetzt weniger als 2%. Die Gründe für die Abnahme sind in etwa  dieselben. Die Geburtsraten sind bei Juden wie Muslimen viel höher. Und was noch wichtiger ist, während viele Palästinenser sich danach sehnen, dem Joch der Unterdrückung zu entkommen, bevorzugen christlich geführte Verwaltungen von Beirut bis Buenos Aires christliche Bewerber vor Muslimen.

„Sehr wenig Christen werden  in ranghohe Positionen von der Palästinensischen Behörde ernannt“, sagt eine Anweisung, die als Routine-Diskriminierung  empfunden wird.“ Tatsächlich ist PAs Aufzeichnungen weit besser als Israels. Der Sprecher des Präsidenten, Nabil Abu Rudeineh ist ein Christ. Auch zwei Kabinettminister, für die Finanzen und den Tourismus und zwei Mitglieder des PLO-Exekutiv-Komitees. Der stellvertretende Sprecher des palästinensischen Nationalrates, Qonstantin Qurmush ist ein Priester. Christen  sind zahlreich im Vorstand von Banken und Handelskammern, der Chef  der größten  Gesellschaft, CCC. Trotz der fallenden  Zahl, verlangen neun Gemeinden, einschließlich Ramallah und Bethlehem, dass ihr Stadtrat eine christliche Mehrheit  und einen christlichen Bürgermeister haben sollte. Weihnachten und Ostern sind offiziell palästinensische Feiertage. Präsident Abbas nimmt an drei Weihnachtsmessen (24.12.; 6.1. 17.1.) in Bethlehem  teil und feiert Ostern in Jerusalem, falls Israel  ihn dorthin lässt (Griechisch Orthodox, Katholisch und Armenisch). Am St.Georgstag   feiern Muslime und Christen gemeinsam, um an sein Märtyrertum an seinem Grab in El-Khadr bei Bethlehem zu gedenken.

Im Gegensatz dazu hatte Israel in seinen 66 Jahren keinen christlichen Sprecher des Präsidenten, keinen Regierungsminister oder Bankchef. Wo die Palästinenser  acht Christen im Parlament haben, hat Israel zwei. Wo Palästina mindestens fünf christliche Botschafter hat, einschl. London und Berlin, hat Israel keinen. Ein vertretender Gesandter ist Christ. Die Knesset verurteilt Weihnachtsbäume,  die sich über ganz Palästina auf Privatland ausbreiten, Israels Ministerpräsident geht an Weihnachten  nicht zur Kirche und in seinem 1. Regierungsjahr, in den späten90ern,  wuchs  christlicher Zorn über den Bau einer Moschee in der Nähe von  Nazareths Verkündigungsbasilika, während sein palästinensischer  Kollege Yasser Arafat dagegen war.

Sicherlich behaupten  einige palästinensische Bewegungen, die Unterdrückten zu vertreten und machen sich lustig über die riesige Rolle, die Christen und westliche Mächte über ihre Wirtschaft und Politik ausüben. In den frühen Tagen der  Hamas-Herrschaft in Gaza bombardierten einige Militante eine Kirche und griffen Gottesdienstbesucher an  und zwar  unheimlich nah an einer Polizeistation. Aber die Islamisten haben  unter ihren eigenen Leuten hart durchgegriffen; ihr Ministerpräsident, Ismail Haniya,  besuchte ostentativ die Kirche, um einen lokalen christlichen Politiker zu ehren.

 

Israel gibt seinen  einheimischen Christen die Staatsbürgerschaft, aber wenn seine Führer  ständig ihren Status als den eines „jüdischen Staates“  hinausposaunen, fühlen  sich viele als Bürger zweiter Klasse.  Sie werden an Israels Flughafen  bei der Leibeskontrolle nicht geschont. Die christliche Ängstlichkeit wird verschlimmert  durch Hass-Graffiti wie z.B.  „Maria ist eine Prostituierte“,  das an Kirchen  geschmiert wird und  sich zunehmend verbreitet. Priester in Jerusalem  sagen, dass das Spucken auf ihre Kleidung inzwischen zur Gewohnheit wurde. Der prominenteste christliche Politiker Azmi Bishara wurde aus Israel   unter Verratsgeschrei  hinausgejagt, nachdem er gewagt hatte, den Vorschlag zu machen, Israel sollte ein Staat für alle seine Bürger sein. Ameer Makhul, der Gründer der in Haifa  sitzenden Dachorganisation der NGO Ittijah, ist im Gefängnis, weil er für die libanesische Shia-Gruppe Hisbollah  spioniert habe.  Christen in Israel - wie auch anderswo - versinken in  blühendem religiösen Nationalismus und schauen  sich nach sicheren Landstrichen um.

Da sie die Pläne für den Besuch von Papst Franziskus  zum Abschluss bringen, gibt es etwas Komisches über beide Seiten, die beide Jesus als den Ihrigen betrachten. Israel hält ihn für einen Juden, die PLO nennt ihn einen Palästinenser – keiner von beiden wagt  darüber nachzudenken, dass er  beides gewesen sein könnte. Palästina bereitet sich vor, ihn mit Mengen von Sympathisanten, Muslimen wie Christen gleichermaßen zu begrüßen; während  Juden weniger sicher sein mögen, ob sein Empfangszug nicht mit einem price-tag (Racheakt) begrüßt wird und sie deshalb die Straßen sperren sollten.

Bevor jene Israel-Lobbys mir noch eine Mail  zuschicken, um Israels Integration der Christen zu feiern und über die palästinensische Verfolgung von ihnen, sollten sie vielleicht eine Seite aus dem NT öffnen. „ Wirf erst den Balken aus deinem eigenen Auge, damit du klar siehst, um den Splitter in deines Bruders Auge zu sehen.“  Oder für jene, die es schwierig finden, nicht-jüdische Schriften ernst zu nehmen, versuche es mit Sprichwörtern – „Betrüge nicht mit Deinen Lippen“.

Nicolas Pelham ist ein Korrespondent von THE ECONOMIST (Jerusalem).  Er hat schon in Kairo, Rabat und Bagdad gearbeitet und ist der Autor von „A new Muslim Order“ (2008) und Co-Autor von „Eine Geschichte des Nahen Ostens (2010)

(dt. Ellen Rohlfs)