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Bilin: Abdallah Abu Rahmah wird nicht wegen Steine werfens angeklagt, sondern ….

 

Medien Kontakt: Jonathan Polack, Koordinierungskomitee des Populären Kampfes, 24.August 2010

 

Bilins Abdallah Abu Rahmah wurde heute nicht wegen Steine-Werfens angeklagt, sondern wegen Anstiftung und dafür, dass er illegale Demonstrationen organisiert habe. Nachdem er  acht Monate lang vor einem Militärgericht stand, während dem er im Gefängnis gehalten wurde, hat man die Anklage des Steinewerfens und des Waffenbesitzes fallen gelassen.

Abdallah Abu Rahmahs Urteil wurde heute in einem übervollen Militärgerichtshof verlesen. Acht Monate lang war es ein politisch motivierter Schauprozess. Diplomaten aus Frankreich, Malta, Deutschland, Spanien und Großbritannien wie auch Vertreter der EU waren anwesend, um die Verhandlung zu beobachten.  Viele seiner Freunde, Unterstützer, Familienmitglieder waren da, um ihm beizustehen.

Abu Rahmah, der Koordinator des ‚Biliner Volkskomitees gegen die Mauer und Siedlungen’ wurde von zwei der Anklagen, die gegen ihn erhoben waren,  freigesprochen: das Steine-werfen und  eine lächerliche und rachsüchtige Beschuldigung des Waffenbesitzes. Gemäß der Anklageschrift hatte Abu Rahmah gebrauchte Tränengasprojektile und Munitionshülsen, die gegen die Demonstranten abgeschossen worden waren, eingesammelt, um sie  auszustellen und zu zeigen, mit welcher Gewalt gegen die Demonstranten vorgegangen wird. Diese absurde Anklage ist ein klares Beispiel, wie die militärisch strafrechtliche Verfolgung eifrig dabei ist, legale Prozeduren als ein Mittel zu benützen, um  gewaltfreien Protest zum Schweigen zu bringen.

 

Das Gericht jedoch fand Abu Rahmah  zwei  der schwersten Vergehen nach militärischer Rechtsprechung schuldig: Anstiftung,  Organisation und die Teilnahme an illegalen Demonstrationen. Das gründete sich auf Zeugenaussagen von Minderjährigen, die mitten in der Nacht verhaftet wurden und denen man das Recht verweigerte, rechtliche Beratung zu bekommen. Abgesehen davon war ihre Befragung nicht in Ordnung.

Das Gericht war auch keineswegs  von der Tatsache entmutigt, dass die Anklage keine konkreten Beweise brachte, dass Abu Rahmah in irgend etwas verwickelt war, obwohl alle  Demonstrationen in Bilin vom Militär systematisch gefilmt worden waren.

Nach dem Militärgesetz wird Anstiftung als „ein Versuch definiert, der verbal oder auf andere Weise die öffentliche Meinung in einem Gebiet in einer Weise beeinflusst, die den öffentlichen Frieden und die öffentliche Ordnung stört (Abt.7)“ nach der Order, die Aktivitäten der Anstiftung und feindselige Propaganda verbietet. Die maximale Strafe sind 10 Jahre.

 

In Abu Rahmahs Fall wurde zum ersten Mal  bei der Anklage  das Organisieren  illegaler Demonstrationen und die Teilnahme an ihnen seit der 1. Intifada verwendet. Das militärische Gesetz definiert illegale Versammlung in viel strengerer Weise als das israelische Gesetz, und in der Praxis verbietet es jede Versammlung von mehr als 10 Personen ohne Genehmigung des Militärkommandeurs.

Abu Rahmahs Verurteilung wird nächsten Monat stattfinden, und  von der Anklagevertretung

erwartet man, dass sie Haftstrafe von mehr als zwei Jahren verhängen will.

 

Hintergrund

Letztes Jahr,  in der Nacht  zum  Internationalen Menschenrechtstag, am 10. Dezember um 2 Uhr nachts wurde  Abdallah Abu Rahmah in seiner Wohnung in Ramallah verhaftet. Sieben Militärjeeps umgaben das Haus und israelische Soldaten durchbrachen die Tür, nahmen Abdallah aus seinem Bett, erlaubten ihm kurz, sich von seiner Frau Majida und seinen drei Kindern zu verabschieden – von der 7jährigen Luma, der fünfjährigen Lian und dem acht Monate alten Baby Laith – verbanden ihm die Augen und nahmen ihn in Gewahrsam.

Abu Rahmah befindet sich nicht im Gefängnis, weil er ein gefährlicher Mann ist. Abdallah gehört zu den Verantwortlichen des palästinensischen Dorfes Bilin. Er wird mit seiner Arbeit im fünfjährigen unbewaffneten Kampf um das Dorfland gegen Israels Mauer und die sich ausdehnenden Siedlungen als Bedrohung angesehen.

Als  Mitglied des Volkskomitees und seit seiner Gründung 2004 sein Koordinator, vertrat Abdallah das Dorf Bilin weltweit. Im Juni 2009 vertrat er das Dorf bei einem precedent-setting legal case in Montreal gegen zwei kanadische Gesellschaften, die illegal Siedlungen auf Bilins Land bauten; im Dezember 2008 nahm er an einer Vortragsreise durch Frankreich teil und am 10. Dezember 2008, genau ein Jahr vor seiner Verhaftung, wurde ihm von der Internationalen Liga für Menschenrechte in Berlin die Ossietzky-Medaille  für außerordentlichen Einsatz für die Realisierung der Menschenrechte verliehen.

 

Im letzten Sommer stand Abdallah Schulter an Schulter mit  Friedensnobelpreisträgern und international anerkannten Menschenrechtsaktivisten zusammen und diskutierte über die Grassroot-Kampagne für Gerechtigkeit, als The ELDERS das Dorf besuchten. In diesem Sommer wird er für Jahre ins Gefängnis geschickt – genau für sein Engagement in dieser Kampagne.

 

(dt. Ellen Rohlfs)