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Ein offener Brief an
Netanyahu: Sind 50 Jahre nicht genug?
Alon Ben Meir
Lieber
Herr Netanyahu
Seitdem
Sie den 50.Jahrestag des Sieges des
6-Tage-Krieges gefeiert haben, haben Sie je
darüber nachgedacht, was dieser Triumph dem palästinensischen Volk
und dem moralischen Charakter des Staates Israel gebracht hat? Ich bin
mir nicht sicher, wie hart die Geschichte Sie beurteilen wird, aber eines ist
sicher – Ich wie auch Millionen Juden in aller Welt sind zu tiefst davon
überzeugt, dass kein Ministerpräsident Israels der Zukunft des Landes und seinem
Wohlergehen mehr Schaden angerichtet hat als Sie.
Die traurige Ironie ist,
dass für Sie die Tatsachen vor Ort expugnable
in Ihrem moralisch verzerrtem Universum sind.
50 Jahre
sind vergangen und als der Ministerpräsident, der am längsten im Amt ist, haben
Sie keine Vision über Israels Zukunft und das Schicksal der Palästinenser
geäußert. Stattdessen fühlen Sie
sich wohl mit Scheinheiligkeit,
geben vor, das zu tun, was recht ist und verteidigen Ihr endloses Lügen und
die verdrehte Logik, und machen aus Falschheit eine Tugend. Denken Sie,
Herr Netanyahu daran, ein moralischer Führer betrügt und täuscht nicht, sondern
nimmt eine klare Position ein, ganz
gleichgültig wie unpopulär sie sein mag – Sie haben aber eine Politik verfolgt,
an der nichts außerhalb der Grenzen des Anstandes ist.
Sie
erklären, eine Zwei-Staaten-Lösung zu unterstützen, und dass sie bereit
seien ohne Bedingungen zu verhandeln, aber alles, was sie gesagt oder getan
haben, steht in totalem Gegensatz
zu dieser Erklärung. Wie bringen
Sie eine Zwei-Staaten-Lösung in Einklang
mit Ihrer Erklärung. „Ich denke, dass jeder, der sich dahin bewegt, heute
einen palästinensischen Staat zu errichten und Gebiete
räumt, gibt dem radikalen Islam
ein Gebiet, von dem er den Staat Israel angreift?“ Und als Sie 2015
während der letzten Wahlen gefragt wurden, ob unter Ihrer Führung nicht
ein palästinensischer Staat geschaffen wird, sagten Sie: „Gewiss“.
In Ihrer
Rede vor dem Kongress im Mai 2011
erklärten Sie: „Dies ist das Land unserer Vorfahren, das Land Israel, dem
Abraham die Idee von einem Gott
brachte, wo David
gegen Goliath kämpfte und wo
Jesaja eine Vision vom ewigen Frieden hatte.“ Während derselben Rede haben Sie
inbrünstig proklamiert, dass in Judäa und Samaria das jüdische Volk kein fremder
Besatzer sei.
Sagen
Sie mir, wie diese Erklärungen
mit der Idee eines palästinensischen Staates, der
auf demselben Land errichtet werden
soll, konform gehen, wenn Sie nicht die Absicht haben, jemals
eine Siedlung zu räumen? Sie
bestätigten im September 2016 noch einmal und sagten: „Die palästinensische
Führung fordert tatsächlich unter
einer Bedingung einen palästinensischen Staat: keine Juden. Dafür gibt es eine
Phrase: dies wird ethnische Säuberung genannt.
Sie
benützen nationale Sicherheit als Blanko-Scheck, und verbreiten
Angst, indem Sie die
Palästinenser als die größte Gefahr darstellen, der die Nation gegenübersteht.
„Um unsere Existenz abzusichern“,
erklärten Sie: „müssen wir
eine militärische und Sicherheitskontrolle über das ganze Gebiet westlich des
Jordan haben .“
Wie viel
Bedeutung sollten die Palästinenser auf Ihre angebliche Bereitschaft zur
Verhandlung einer Zwei-Staaten
Lösung legen, wenn Sie im selben Atemzug von Abbas leidenschaftlich verlangen,
dass er zuerst Israel als jüdischen Staat anerkennen muss?
Wie Sie sagten, der wirkliche Kern des Konfliktes
ist nicht diese oder jene
Siedlung oder diese oder jene Gemeinde, es ist die
hartnäckige und anhaltende (palästinensische ) Weigerung, den jüdischen
Staat in jeder Grenze
anzuerkennen.“ Beide Behauptungen sind nicht wahr und unbegründet.
Falls
die Verhandlungen ohne Vorbedingungen angefangen hätten, wie konnten Sie
behaupten, dass Jerusalem die ewige Hauptstadt des jüdischen Volkes ist?“
Bei einer anderen Gelegenheit, stellten Sie fest, dass (Israel) Jerusalem nicht
vor 50 Jahren besetzte, es wurde
befreit … Ich möchte der Welt mit
lauter und klarer Stimme sagen: Jerusalem ist immer und wird immer die
Hauptstadt Israels sein“. Wenn Sie
die Zukunft Jerusalems vom Verhandlungstisch wischen, ist das nicht eine
Vorbedingung?
Sie
behaupten weiterhin, dass die Siedlungen kein Hindernis für den Frieden seien.
Können Sie erklären, durch welches Wunder die Siedlungen
die Errichtung eines palästinensischen Staates
mit durchgehender Landmasse
nicht verhindern werden, besonders
wenn Sie die Ausdehnung ( der Siedlungen) weiter befürworten und
die Evakuierung bestehender Siedlungen
ausschließen?
Um
sicher zu sein H. Netanjahu, Ihr verzweifelter Bedarf einer Bestätigung Ihrer
dubiosen Machenschaften und fanatischen Haltung führt Sie dahin,
unter den Israelis eine
Atmosphäre der Unsicherheit und ein Gefühl von Verletzlichkeit zu schaffen,
und auf diese Weise die politische Unterstützung sammeln, um an der Macht
zu bleiben. Wenn dies nicht das
Kennzeichen einer Demagogie ist, was ist es dann? Aristophanes drückte es so
aus: „Ihr (Demagogen) seid wie
Fischer( nach Aalen); in ruhigen Gewässern fangen sie nichts,
aber wenn sie den Schlamm
aufwühlen, dann machen sie große Beute. In derselben Weise füttern Sie Ihre
Taschen.“
Sie
verlangen, dass sich die Palästinenserruhig verhalten und nicht wagen sollen,
der Besatzung zu widerstehen, aber was haben Sie ihnen angeboten?
Sie weigern sich, politische Gefangene zu entlassen, Sie weigern sich,
die Erweiterung der Siedlungen zu
stoppen, Sie weigern sich, den
Palästinensern Baugenehmigungen zu erteilen und
sie weigern sich, den Palästinensern uneingeschränkte
Bewegungsfreiheit zu geben,
abgesehen von den täglichen
Schikanen, denen sie unterworfen sind. Wenn Sie wirklich Frieden wollen,
H.Netanjahu, hätten Sie dann nicht am 50. Jahrestag wenigstens eine Geste des
guten Willens machen können, z.B.
ein paar Hundert palästinensische politische Gefangene zu entlassen, um ihnen
Hoffnung zu geben, dass neue, hellere und
glücklichere Tage kommen werden?
Sie
sollten sich daran erinnern, was
Frederick Douglas einmal
beobachtete: „Wo Gerechtigkeit
verweigert wird, wo sich Armut durchsetzt, wo Ignoranz vorherrscht und wo jede
Klasse das Gefühl hat, die
Gesellschaft sei eine organisierte
Verschwörung ,um zu unterdrücken, zu rauben
und sie zu degradieren -- da
ist keine Person noch Besitz sicher.“
Den
Palästinensern die Schuld zu geben, dass kein Frieden ist, ist bestenfalls
scheinheilig. Was
wollen Sie von ihnen? Sie
sind von Israels Gnade abhängig. Sie haben nichts mehr, was sie Ihnen
geben könnten. Sie, H. Netanjahu, haben die Macht, den Rahmen für Frieden
vorzuschlagen. Kein Land oder keine
Koalition von Ländern im Nahen Osten kann erwarten, Israel
in der nächsten Zukunft
militärisch zu besiegen. Wenn Sie nicht jetzt aus Stärke den Frieden verhandeln
– wann dann?
Frieden,
der sich auf einer
Zwei-Staaten-Lösung gründet, ist
keine Gunst für die Palästinenser -
er ist fundamental
für Israels lang anhaltende
nationale Sicherheit. Ohne Frieden
gefährden Sie die jüdische Nation,
für die schon so viele gelitten
haben und gestorben sind.
H.
Netanjahu denken sie daran, fast 80% der Palästinenser und fast 70% der Israelis
wurden unter der Besatzung geboren. Welche Art
eines jüdischen Staates schaffen Sie?
Ein Staat dessen Aufgabe es ist, ein anderes Volk zu unterdrücken, weil
Leute wie Sie sie als den ewigen Feind darstellen?
Haben
Juden nicht lang genug (In Verhältnissen) gelebt, um zu wissen, was es heißt,
verfolgt, in Gefangenschaft, getrennt, vertrieben und zum Tode verurteilt zu
sein ? Suggerieren Sie, dass die
Palästinenser ein untilgbarer Feind sind und wir, die Juden, müssen sie
unterdrücken und demütigen, um sicher zu sein?
Nein H.
Netanjahu. Wie Sie die
Palästinenser tagein tagaus unterwerfen, wie Sie sich über jüdische Werte
hinwegsetzen, sich über das hinwegsetzen, was moralisch und
recht ist, sich über Logik hinwegsetzen und sich
allein über den Grund hinwegsetzen, warum Juden kämpften um Jahrzausende
zu überleben, um unser eigenes Land zu haben.
Sie und
Ihre blinden Zeloten sind äußerst ignorant
gegenüber dem, für das wir stehen müssen. Sie zerstören Stein um Stein
das einzige Land, das jedem Juden Zuflucht bietet, der in einem freien,
demokratischen jüdischen Staat leben möchte. Die Besatzung macht Israel nicht zu
einem freien, sicheren und unabhängigen
Staat, sondern zu einem Gefängnis mit Zäunen, Mauern, Bunkern und
Schutzräumen, mit zehn Tausenden
von Soldaten, die bereit sind, zu
töten, zu überfallen und zu zerstören.
Warum?
Weil Sie
die Palästinenser zum ewigen Feind
machen wollen, nur um eine verzerrte Ideologie zu unterstützen, die mutwillig
ihre ganze Realität ignoriert. Ja, die Existenz des palästinensischen Volkes ist
eine Tatsache, die man nicht wegwischen kann. Geschieht es Ihnen, dass Sie
ein normales Leben ohne Angst, ohne
Furcht, ohne Beunruhigung und ohne Sorgen
leben wollen? Passiert es Ihnen jemals, dass die
fortdauernde Besatzung im Wahnsinn des Extremismus mündet? Würden wir,
die Juden , unter brutaler Besatzung anders gehandelt haben?
Als
einer, der behauptet, nicht nur Israel, sondern das Weltjudentum zu vertreten,
haben Sie dann nicht die Verpflichtung, eine Vision anzubieten, wohin Sie das
Volk Israel führen werden? Und was sollten Juden in aller Welt,
in deren Namen Sie zu sprechen behaupten, nach
fünf oder zehn Jahren erwarten?
Nach der
fortgesetzten gespannten und schrecklichen Situation in den Gebieten, ist es nur
eine Sache von Zeit,
wann der nächste blutige Flächenbrand geschehen wird.
Das Blut eines jeden israelischen und palästinensischen Mannes, Frau und
Kindes wird an Ihren Händen kleben.
Kein anderer trägt die Schuld an Ihrer Paralyse nicht zu handeln außer Ihnen.
Sie
können nicht Ihren irren und skandalösen ,hartherzigen Ideologie-Partnern wie
Bennett, Shaked und Lieberman die Schuld geben, die sich weigern, das Licht zu
sehen und lieber im Dunkeln leben und die nicht wissen, was vor ihnen liegt. Sie
legen eine Hundeleine um Ihren Hals und
Sie begrüßen dies, weil Sie
sie scheinheilig
gebrauchen, um Ihnen
den politischen Schutz zu geben, um Ihr verdrehtes Vorhaben
durchzuführen. Sie sind es
und zwar nur Sie, die die Richtung
ändern können, indem Sie sie los werden und eine neue Regierung
bilden, die dem Frieden verpflichtet
ist, falls Sie ihn nur wollen. Aber Sie wollen ihn ja nicht.
Ich
frage mich, H. Netanjahu, welche
Art von Vermächtnis wollen Sie zurücklassen? Die wirklichen Früchte des
6-Tage-Krieges zu ernten, wäre
Frieden zu machen. Nichts anderes wird den 6-Tage-Krieg zu einem Triumph machen,
außer Frieden, weil der Krieg
weitergeht. Sie – mehr als jedes andere Lebewesen in Israel
- wird der nächsten Generation verantwortlich und rechenschaftspflichtig
sein, die Sie fragen wird: Warum? Warum müssen wir in einem selbst geschaffenen
Gefängnis leben, als der Staat Israel geschaffen wurde, um uns zu befreien?
Die
Geschichte wird Ihnen gegenüber nicht freundlich sein H. Netanjahu, wenn Sie den
Lauf der Dinge nicht ändern werden. Es wird Zeit, nachzudenken, weil das
Schicksal der Nation von Israel in Ihren Händen liegt.
Dr. Alon
Ben-Meir
(dt.
Ellen Rohlfs)