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Die Herausforderung, ein Palästinenser in Ost-Jerusalem zu sein

Aline Batarseeh

mondoweiss.net

Februar 2017

 

Unsicherheit, Verlust und Unbeständigkeit, das sind die Worte, die einem einfallen, wenn ich an mein Leben als Palästinenserin denke.

Der Verlust der Heimat ist eine Erfahrung nicht nur aus letzter Zeit. Wir leiden darunter seit langer Zeit. Ich kenne keinen Palästinenser, der nicht über den Verlust  seiner Heimat, ein Stück Land, ein geliebtes Familienmitglied oder  über all dies trauert. Es ist die Folge politischer Umstände. Wenn meine Eltern über den Verlust reden, den sie seit 1948 erleben, einschließlich der Trennung von Familien-Mitgliedern, die es in die verschiedensten Ecken der Welt  zerstreut hat . Traurigkeit und Verzweiflung überwältigt mich. Fast 70 Jahre später erleben die Palästinenser diese Verluste täglich.

Mit Israels vor kurzem veröffenzlichten Landraubgesetz, erlaubt sich Israel, privates palästinensisches Land der Westbank und Ostjerusalem zu enteignen. Wenn man da an Präsident Trumps Versprechen denkt, die US-Botschaft nach Jerusalem zu verlegen, wird unsere Hoffnung, in Würde in unserem Land zu leben, immer geringer.

Ich wurde in Ost-Jerusalem geboren und bin dort aufgewachsen.  Seit 1967 ist es von Israel besetzt. Israel hat mehr als 200 000 jüdische Siedler im palästinensischen östlichen Teil der Stadt angesiedelt, um das Land zu judaisieren. Die Jerusalemiten sind auch von der Westbank durch die Mauer abgeschnitten und sie von uns.

Einhunderttausend  Palästinenser, die ursprünglich aus Jerusalem kamen, leben jetzt auf der anderen Seite der Mauer.

Trotz Israels Bemühungen der Israelis, dir Stadt zu vereinigen, bleibt Israel getrennt. Keiner versteht diese Bemühung besser, als diejenigen, die in dieser umstrittenen  Stadt leben. Trotz der Tatsache, dass Israelis und Palästinenser nahe bei einander wohnen, gibt es wenig Kommunikation  zwischen ihnen. Ich persönlich hatte in meinem Leben nie sozialen Kontakt mit Israelis. Wir leben getrennt.

Palästinenser in Ost-Jerusalem haben einen fragilen „permanenten Wohnstatus“. Das  klingt so, als wären wir Ausländer in unserem eigenen Land. Wenn mich jemand nach meiner Nationalität fragt, löst das immer Verwirrung aus. Ich bin ein Palästinenser der in Ost-Jerusalem lebt mit einer Wohnerlaubnis und einem in Israel ausgestelltem Reisedokument und einem vorläufigen jordanischen Pass. Der letzte  sagt, dass ich die jordanische  Staatsbürgerschaft habe – obwohl ich nicht in Jordanien geboren wurde. Es ist auch nicht mein Zu Hause. 

Die einzige größte Angst ist  für Palästinenser aus Jerusalem, dass sie ihre faden-scheinigen Wohnrechte verlieren. Seit 1967 haben 14 000 Palästinenser aus Jerusalem ihre Wohnrechte verloren – nach der Association for Civil Rights. Um diese  Wohnrechte zu erhalten, müssen Palästinenser beweisen, dass sie ihren Lebensmittelpunkt in Jerusalem haben, also, dass sie die Steuern  der israelischen Regierung zahlen, in Jerusalem leben, in Jerusalem arbeiten, in Jerusalem zur Schule gehen und Strom- und Wasserrechnungen gehen an den Staat Israel. Die Palästinenser leben in dauernder Angst, zeitweilig woanders  hinzufahren, um nicht ihr Wohnrecht zu verlieren.

Die Dienste, die palästinensische Bewohner von Jerusalem für ihre  Steuern erhalten, sind nicht dieselben, die Israelis bekommen. Obwohl die palästinensischen Bewohner 37%  der Stadtbevölkerung ausmachen, erhalten sie nur 10-13% des Stadt-Budget.

75% der Palästinenser ( 82% der Kinder) leben unterhalb der Armutsgrenze.

Mit politischen Entwicklungen gibt es nicht viel Hoffnungen für eine bessere Zukunft.  Entscheidungen, die auf der politischen Ebene getroffen werden, sind bedenklich, weil sie das Schicksal der Palästinenser und Jerusalems bestimmen, das für viele politische, spirituelle und religiöse  Bedeutung hat. Für mich ist die Stadt  einfach das Zu-Hause, sie ist meine Geschichte, sie ist meine Familie, Es ist der Olivenbaum im Hinterhof, in dem ich meine Kindheit erlebte. Er ist da, wo mein Herz und meine Seele ist.

(dt. Ellen Rohlfs)