Israel Palästina Nahost Konflikt Infos

Mitteilung  der Autoren und Produzenten des Medienpaketes

„Wir weigern uns Feinde zu sein – Den Nahostkonflikt verstehen lernen

 

Stefanie Landgraf und Johannes Gulde,

München, den 10. Februar 2013

 

 

Zeit für ein Resümee. Denn die heutige Vorführung im Nürnberger „Casablanca“-Kino ist für uns die letzte öffentliche Veranstaltung, auf der wir unseren Film als Teil eines Medienpakets für die Bildungsarbeit vorstellen. Schulveranstaltungen, Workshops und Seminare sind davon ausdrücklich ausgenommen.

 

Das gesamte Projekt (Reise der Jugendlichen, Film und Medienpaket), das von der Robert Bosch Stiftung, dem Auswärtigen Amt und der ELBK (Schirmherr Landesbischof a.D. Dr. Johannes Friedrich) unterstützt wurde, beruht auf dem ungewöhnlichen Schulbuch „Die Geschichte des Anderen kennen lernen – Israelis und Palästinenser“, das vom israelisch-palästinensischen Friedensinstitut PRIME in Jerusalem erarbeitet wurde und im Medienpaket als PDF-Datei beigefügt ist. Es beschreibt die israelische und palästinensische Geschichte des 20. Jahrhunderts aus den gegensätzlichen Perspektiven der beiden Konfliktparteien. Eine Spalte bildet die israelische Sicht auf die Ereignisse ab, daneben findet man die palästinensische Sicht. Zu ein und denselben Fakten gibt es unterschiedliche Interpretationen. Das Jahr 1948 etwa erinnern die Israelis als das Jahr der Staatsgründung und des Unabhängigkeitskriegs, für die Palästinenser ist es das Jahr der Katastrophe („Al-Naqbah“) mit Flucht und Vertreibung aus ihrer Heimat. Die Wissenschaftler teilen die Überzeugung, „dass die Überwindung von Feindschaft in den Köpfen beginnen muss und dass die Grundlagen für Verständigung in der Schule gelegt werden müssen... weil ein gegenseitiges Verständnis nur durch Kenntnis der jeweiligen anderen Narration möglich ist“.

Für die Jugendlichen hat dieser Ansatz von PRIME zu einem „Aha–Erlebnis“ geführt, weil er ihnen eine Perspektive und einen Verständniszugang eröffnete, den scheinbar unlösbaren Nahostkonflikt aus der Sichtweise beider Seiten wahrzunehmen und verstehen zu lernen.

 

Über ein Jahr haben wir in zahlreichen Veranstaltungen in Schulen und Kinos, auf Workshops und Tagungen quer durch Deutschland Film und Medienpaket vorgestellt. Dabei konnten wir in einzelnen Städten auch die Kooperation jüdischer Einrichtungen gewinnen. “Wir weigern uns Feinde zu sein“ wurde in der deutschen Presse als das erste Medienpaket für die Bildungsarbeit in Deutschland gewürdigt, das sich ausführlich mit den unterschiedlichen geschichtlichen Darstellungsweisen von Israelis und Palästinensern befasst. („Nur wer die Geschichte seines Feindes kennt, kann sich mit ihm auch verständigen“). Vom Landesmedienzentrum Baden-Württemberg wurde das Medienpaket explizit für den Einsatz im Unterricht empfohlen (Prädikat "Gelber Daumen") und es wird inzwischen von über 40 Medienzentren bundesweit für die Verwendung im Unterricht verliehen.

 

Der Sonderfall Nürnberg. Was hier über den Film (Medienpaket) verbreitet wird, ist nur schwer verständlich, allerdings nur auf den ersten Blick. Er fördere  „Antisemitismus und Anti-Isrealismus“ und „die Neo-Nazi-Szene und andere israelfeindliche Gruppierungen mit vorhandenem Gewaltpotential“, so der freikirchliche Pastor Kitzinger und der Nürnberger Schulbürgermeister Dr. Gsell. Diese  Behauptungen sind unwahr und unrichtig und entsprechen nicht dem Inhalt des Films. Dazu Dr. Manfred Kock - ehemaliger Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland an Pastor Kitzinger: „...Ich habe den Film gesehen. Er verwendet nichts von dem, was Sie ihm vorwerfen. Der Film ist vielmehr geeignet, die unterschiedlichen Blickwinkel der Parteien des Nahostkonfliktes verständlich zu machen...An keiner Stelle finden sich Belege, die Ihre Sicht stützen...“ (Der ganze Brief unter: http://www.emzbayern.de/cms/index.php)

 

Seit Wochen nun verhindern Kitzinger und Dr. Gsell, dass das Medienpaket an den städtischen Schulen im Unterricht verwendet werden kann. Dass ihre  Verbotskampagne über das Büro des Vorsitzenden der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG) in Nürnberg Arno Hamburger lief, macht deutlich, warum Nürnberg, auch schulpolitisch gesehen, ein Sonderfall ist. Hamburger nennt das Medienpaket ein „verheerendes Machwerk“. Der Film stelle die israelische Seite im Nahostkonflikt "absolut negativ" dar und stehe "völlig einseitig" auf der Seite der Palästinenser.

 

Hamburger registriert nicht, dass im Film mehr Israelis als Palästinenser zu Wort kommen. Zu verstören scheint ihn aber, dass diese Israelis im Film kaum den Versuch machen, die Besatzung, die Mauer oder den illegalen Siedlungsbau zu rechtfertigen. Im Gegenteil: Es  sind im Film jüdische Israelis, die für Völker- und Menschenrecht eintreten und mit dieser Haltung sehr praktisch aufzeigen, wie ein Zusammenleben zwischen Israelis und Palästinensern auf Dauer möglich ist, wie Feindschaft überwunden werden kann. Diese Haltung sieht Hamburger als "absolut negativ", wir dagegen als absolut positiv. Dass die Israelis im Film mit ihrer Menschenrechtshaltung für Hamburger "völlig einseitig" auf der Seite der Palästinenser stehen, ist aus seiner Sicht nachvollziehbar. Denn den Wert, den er Menschenrechten und ihrer Durchsetzung im Nahostkonflikt beimisst, hat er 2009 deutlich gemacht. Empört gab er sein Bundesverdienstkreuz zurück, weil er nicht in einem Atemzug mit der deutsch-israelischen Friedens- und Menschenrechtsaktivistin Felicia Langer genannt werden wollte, die ebenfalls diese Auszeichnung erhielt. Hamburger, Kitzinger und Gsell zählen zu denen, die jeden Versuch, die Leiden der palästinensischen Seite auch nur zu erwähnen, als Angriff gegen den Staat Israel bewerten und jede Kritik an der Politik der Israelischen Regierung als gegen das Judentum gerichtet deuten.

 

Die Jugendlichen im Film waren sehr beeindruckt von ihren beiden Begleitern, dem Palästinenser Ali Abu Awad (ehemals Widerstandskämpfer gegen die Besatzer) und der Israelin Lotty Camermann (Tochter von Holocaust-Überlebenden). Ihr soll hier das letzte Wort gehören. Im Schlussgespräch des Films sagt sie zu den deutschen Jugendlichen:

 

„Ich bin ein Enkelkind und eine Tochter von Holocaust-Überlebenden. Ich persönlich sehe mich nicht als Opfer – ich weiß, dass meine Familie es war. Ich sehe mich als verantwortliche Israelin, da ich eine Bürgerin des Staates Israel bin, für das Leid der Palästinenser, ich finde keine Ausrede dazu.

Keiner von uns ist mehr Opfer. Wir haben ein Land, wir haben einen jüdischen Staat bekommen. Ich würde gern einen demokratischen Staat haben, der ist mir wichtiger als der jüdische Staat. Und ich finde vieles, was wir hier machen, ist grauenhaft. Und wir müssen ein moralisches Israel haben, das auf jüdischen Werten beruht. Das, was wir heute haben, hat nichts mit jüdischen Werten zu tun.“

 

Wir danken allen, die uns bislang unterstützt haben. Bitte tun Sie das auch weiterhin. Denn nach dem Urteil des Landgerichts Nürnberg vom 8.Februar 2013 ist zu fragen, ob dann nicht auch jede UN-Resolution, die Israels Vertreibungs-, Besatzungs- und Siedlungspolitik verurteilt, als „antisemitisch und die Neo-Nazi-Szene fördernd“ bewertet werden kann?

Wir halten den Versuch für notwendig, die Grenze zwischen Meinungsfreiheit und diffamierender Schmährede durch das Oberlandesgericht neu beurteilen zu lassen.

 

 

 

 

 

 

 

 

Terra Media Corp.  Landgraf & Gulde GbR, Bunzlauerstr. 42a, 80992 München,

Tel.: 089/3543118 Mail: info@terramedia-online.de, Internet: www.terramedia-online.de