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Ein Appell an die Welt vom Schulleiter einer Schule, die zerstört werden soll

 

Muhammad Jaber Hamed a-Nawwajeh,  Haaretz,( hebr.) , 14. Februar 2012

 

Was werde ich meinen Schülern sagen?

 

In einer selten direkten Äußerung einer palästinensischen Stimme aus den besetzten Gebieten in der israelischen Presse veröffentlicht der Schulleiter  A-Nawwajeh im Editorial von Israels Haaretz über die Zerstörungsorder seiner Schule. Dies erschien nur in der hebräischen Auflage und nicht in der englischen. Wir (http://theonlydemocracy.org/2012/02/a-plea-to-the-world-from-the-principal-of-a-palestinian-school ) liefern die Übersetzung.

 

Unsere Grundschule in Susiya ist klein. Sie hat zwei Klassenräume, in der 35 Schüler und Schülerinnen lernen. Zum Lehrkörper gehören vier Lehrer und ein Schulleiter, der auch Englisch unterrichtet. Die Schule wurde Ende 2010 eröffnet. Bevor wir unsere Schule errichtet hatten, mussten die Kinder aus dem Ort  täglich 2 mal 4 km laufen, um die nächste Schule zu erreichen und wieder nach Hause zu kommen. Um dies zu vermeiden, blieben viele Kinder die Woche über bei Verwandten, ohne ihre Eltern zu sehen, was große psychische Probleme auslöste. Zweifellos ist es besser für junge Kinder, wenn sie in ihren Familien leben und eine Schule in der Nähe ist.

 

Unsere Schule hat keinen Strom und kein fließendes Wasser und keinen Schulhof. Noch kommen die Schüler täglich aufgeregt in die Schule. Wenn sie groß sind, wollen sie Arzt, Polizist oder Lehrer werden. Obwohl die Schule in einem Gebiet unter israelischer Kontrolle ist (Zone C), hat nicht die israelische Regierung die Schule gebaut. Wir, die Bewohner von Susiya, bauten sie selbst mit Hilfe der spanischen Organisation ACF und der Palestinian Union of Agricultural Work Committees.

 

Unsere Grundschule, die 100 qm groß ist, ist der einzige Bau dieser Größe im Gebiet von Susiya. Alle Schüler leben in Höhlen. Bevor die Schule erbaut wurde, benützten wir fünf Zelte. Da wir ziemlich hoch in einer hügeligen Gegend wohnen, sind die Winter kalt. Zuerst kam Regenwasser durch die Zelte, dann blies ein starker Sturm die Zelte hinweg.

 

Unsere neue Schule könnte jetzt jeden Augenblick zerstört werden – ohne einen Grund. Die „Zivil-Verwaltung“  hat  eine Zerstörungsorder veröffentlicht. Unter den Vorwänden für diese Order führt sie  die „transportablen Toiletten“ an und eine Zisterne, die wir mir unsern eigenen Händen gegraben haben, damit die Kinder Wasser zum Trinken haben.

Wenn die israelische Regierung die Schule zerstört, verweigert sie unsern Kindern die Bildung. Mehr als die Hälfte der Schüler wird zu Hause bleiben und nicht mehr zur Schule gehen. Kinder in aller Welt haben ein Recht auf Bildung. Es ist ein Grundrecht, das in der UN-Menschenrechtscharter enthalten ist. Ich versuche  zu begreifen: was will Israel  mit der Zerstörung unserer Schule erreichen? Welchen Standpunkt hat der israelische Bildungsminister? Was denken israelische Lehrer darüber? Wie wollen sie die Zerstörung unserer kleinen Schule in Susiya ihren eigenen Schüler erklären?

 

(Aus dem Hebr. Assaf Oron; dt. Ellen Rohlfs)

 

Appell

 

Bitte, lassen Sie die Besatzungskraft die Kinder von Susiya nicht in  diese erbärmlichen Bedingungen  kommen. Bitte, lassen Sie nicht zu, dass diesen Kindern ihre Träume geraubt werden und nicht ihre Lehrer, die Freiwilligen und die Früchte harter Arbeit der Geber.

Die offizielle Behörde, die über der „Zivilverwaltung“ (ein verlogener Name !) sitzt, die vorgibt, die „legale Behörde“ in dem Gebiet zu sein – ist Israels Verteidigungsministerium.

Israels Bildungsminister, den Herr Nawwajeh in seinem Artikel erwähnt, wird ziemlich wahrscheinlich jede Verantwortung von sich weisen.

 

Ich (Assaf Oron*) persönlich denke, die betrügerische „Zivilverwaltung“ und alle anderen Abteilungen von Israels Regierungen sollten sich aus  den zivilen Angelegenheiten der Westbank-Palästinenser  heraushalten, für die sie keine echte Zuständigkeit haben; falls sie jemals eine hatten, so haben sie diese seit langem dank einer Politik wie diese verloren. Die israelischen Behörden haben bewiesen, dass sie nicht bereit und ungenügend ausgerüstet sind, um das, was die Palästinenser in Zone C dringend benötigen, zu liefern.

Aber Herr Nawwajeh hat Recht: Israels Bildungsministerium baut  und subventioniert  schließlich Schulen in den jüdischen Siedlungen rund um Susiya und zahlt die Lehrergehälter. Der Minister selbst, ein Politiker mit Namen Gideon Sa’ar ist ein ziemlich lautstarker Befürworter der Ideologie, ganz Israel-Palästina gehöre den Juden. Nun kommt aber mit Besitz  auch Verantwortung . Seit die Regierung sich  in der Zone C der Westbank so verhält, als ob sie diese behalten will,  dann sollte sie dieses Gebiet der Palästinenser auf derselben Ebene der Bildungsinfrastruktur   ausstatten, wie sie die jüdischen Siedler großzügig versorgt.

 

 (* aus dem Hebräischen  Assaf Oron, dt. Ellen Rohlfs)