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Olivenernte – aus einem Brief aus Bethlehem

Mitri Raheb

 

Im letzten Monat hat es das erste Mal in dieser  Jahreszeit geregnet. Es begann auch die Olivenernte in Palästina; es war auch der muslimische heilige Monat des Ramadan und die jüdischen Feiertage von Sukkoth, ja auch unser Thanksgiving. Wir in Palästina feiern – wie die Europäer - Thanksgiving im Oktober und denken an die Ernte. In Amerika dagegen denkt man an die Ankunft der ersten europäischen Einwanderer an der Ostküste. Tatsächlich ist dieses Erntefest ursprünglich ein palästinensisches Fest, das die Israeliten in Kanaan vorfanden. Wie so viele andere Dinge übernahmen/ konfiszierten sie es wie so vieles andere von der ursprünglichen Bevölkerung und verknüpften es mit ihrer Exodus-Geschichte. Aber über Deutschland kam dieses alte Erntefest zurück nach Palästina und mit der lutherischen Tradition feiern wir Erntedank zu Beginn des Oktober.

 

Ich erinnere mich noch, wie ich als Kind die Olivenernte erlebte. Mein Vater mietete Tagelöhner, die bei der Ernte halfen.  Wir gingen noch vor Sonnenaufgang auf unser Land. Die Arbeiter trugen lange Leitern ( ca. 5 Meter lang) und lehnten sie dann an die Bäume und fingen mit dem Pflücken an. Mein Vater versicherte sich immer, dass man keine Stöcke benützt. Er sagte, das würde die Olivenbäume verletzen. Diese Bäume seien ein teil der Schöpfung und verdienen, dass man sie achtet und sorgfältig mit ihnen umgeht.

 

Die Frauen saßen am Fuß jedes Baumes, wo Bettlaken über den Boden ausgebreitet wurden. So fielen die Oliven sanft auf saubere Tücher. Jede Olive sollte heil bleiben und unbeschädigt. Die besten Oliven wurden beiseite genommen, damit sie eingelegt werden können, während der Rest zur Ölpresse gebracht wurde und natives Olivenöl gemacht werden kann. Wie die alten Kanaaniter brachten die orientalen Christen die erste Flasche dieses Olivenöls in die Kirche, dass damit die Öllampen des Altars gefüllt werden konnten.

 

Die Szenen der Olivenernte sind unvergesslich. Man sieht Dutzende von Leitern gen Himmel zeigen. Man hört, wie einer der Arbeiter  mit einem Erntelied zu singen anfängt und wie dann alle anderen Arbeiter mit einstimmen, ja wie sie um die Wette singen. Das Singen wurde dann am  nächsten Sonntag  in der lutherischen Kirche gehört. Der Altarraum wird dann mit den besten Früchten, Weintrauben, Granatäpfeln und Oliven geschmückt als Dank gegenüber Gott für seinen  unendlichen Segen.

 

Die Leute waren einfache Bauern, die aber dankbar waren. Die Besatzung hat diese Kultur zerstört. Unsere Leute tun zu wenig, um diese Spiritualität, die mein Vater vertreten hat, zu erhalten. Ich bin froh, dass unsere Kunsthandwerker dieses Symbol des Olivenblattes aufgenommen haben und es vielfältig auf kreative Weise benützen:  z.B. beim Schmuck, um an diese Identität und Spiritualität zu erinnern. Es ist unsere Aufgabe,  dass dieser Geist  in Palästina sicher  gestellt wird – dass nichts uns unsere Feste, unsere Lieder und unsere Kultur stehlen kann. Wenn du einen Blick auf unseren Jahres Bericht von 2006 wirfst oder auf unsere Aktivitäten im November dieses Jahres, dann wirst du sehen, dass wir sehr dankbar sein müssen, was Gott für uns und durch uns und euch getan hat.

Dank an Gott und Dank an alle unsere Freunde, Partner und unser hart arbeitendes Team.

 

(dt. Ellen Rohlfs)