Paul Balles, 29.3.07
Paul Balles behauptet, dass der Druck durch die Pro-Israel-Lobby in den USA die US-Demokratie gefährlich unterlaufen hat. Er ruft die US-Regierung auf, sich wieder dem Volk zuzuwenden.
„Das einzige, was gute Menschen tun sollten, damit das Böse siegt, ist, nichts zu tun.“
Edmund Burke.
Gestern sandte mir ein arabischer Freund eine Mail voller Fotos mit Amerikanern, die Poster mit den Worten hielten „Es tut uns leid!“ Es sind Leute, die sich schuldig fühlen für das, was die amerikanische Regierung in aller Welt tut.
Wahrscheinlich wollten sie zweierlei: ihre Schuldgefühle etwas beschwichtigen und der Welt zeigen, dass nicht alle Amerikaner Kriegstreiber sind. Ich vermute auch, dass mein Freund mir deshalb die Fotos sandte, um mir zu sagen, dass nicht alle Araber denken, alle Amerikaner seien so schlecht wie ihre Regierung.
Wenn man bedenkt, was das Bush-Regime hinsichtlich seines Blutbades (im Irak) und das seiner israelischen Marionette ( in Palästina/ Libanon) getan hat, so ist die Ansicht meines arabischen Freundes unter den augenblicklichen Umständen sogar recht hochherzig. Viel zu hochherzig für den Standpunkt dieses amerikanischen Kritikers.
Manchmal vergessen Araber, dass Amerika noch immer behauptet, eine Demokratie zu sein, und auch darauf stolz ist, Abraham Lincolns Empfehlung für eine Regierung angenommen zu haben: „eine Regierung des Volkes, für das Volk und durch das Volk“. Davon ist nichts übrig geblieben.
Joel S. Hirschborn fragte vor kurzem: „Wenn man den gewählten Abgeordneten nicht mehr vertrauen kann, was passiert dann mit der amerikanischen Demokratie?“ Seine Antwort: „Sie wird zu einem Oxymoron.“ Ein Oxymoron ist ein Widerspruch in sich selbst, wie z.B. „militärische Gerechtigkeit“ oder „ ein gerechter Krieg“.
Hirschborn fügte noch hinzu:
„Wir sind bei einer selbsttrügerischen Demokratie angelangt. Selbsttrügerisch deshalb, weil die Amerikaner die schmerzvolle Wahrheit nicht zugeben können, dass ihre eingeschränkte Demokratie nicht mehr für das Wohl ihrer Bürger arbeitet. Stattdessen hat sich unsere Abgeordnetendemokratie in eine Plutokratie verwandelt, die den Reichen, den Machteliten und den Körperschaften dient, die die Kontrolle über das politische System und durch dieses die Kontrolle über das Wirtschaftssystem haben.“
Wenn die Regierung nicht „für das Volk“ ist, wie wurde sie zu einer Plutokratie, die „den Reichen, Machteliten und Körperschaften dient“? Hätte das geschehen können, wenn die Regierung aus dem Volk kommt?
Dies sollte durch die Passivität eines kürzlich gewählten Kongresses klar geworden sein - der die Wählerschaft vertrat, deren Wunsch es aber ist, den Irak zu verlassen - dass die Regierung nicht vom Volk ist.
In „einem offenen Brief an den Präsidenten …4 und ein halbes Jahr später“ schrieb Sean Penn:
„wegen eines fehlenden kompetenten oder mutigen Kongresses, und einer fehlenden engagierten Bürgerschaft liegt so viel Macht in Ihren Händen. Sie sind es, die diese Macht missbraucht haben. So wurden Sie zum größten Vernichter unseres Landes und unserer Verfassung. Sie haben unser Land und unsere Herzen zerbrochen. Das unnötig vergossene Blut an Ihren - und nun auch an unsern Händen - ertränkt die Freiheit, die Sicherheit und den Traum, den Amerika einmal gewesen ist und das durch die Tragödie am 11.9 2001 aufgeweckt wurde.“
Wenn 2 % der amerikanischen Bevölkerung das Land kontrollieren, kann keiner behaupten, dass Amerika eine Demokratie „durch das Volk“ ist. Die jüdische Bevölkerung in den USA machen 2% aus, und sie wird durch die Lobbymacht des amerikanisch-israelischen Public Affairs Committee (AIPAC) vertreten.
Ist es eine Demokratie, wenn nur 2 % der Bevölkerung die Regierung und die Medien erfolgreich kontrollieren? Es ist diese „Demokratie“, die die verantwortlichen Plutokraten anderen Ländern auferlegen wollen.
Nach George Soros („Israel, Amerika und AIPAC“) ist es eine Lobby, die großen Einfluss auf die Demokratische und Republikanische Partei ausübt. AIPAC’s Auftrag ist es vor allem, die amerikanische Unterstützung Israels abzusichern. Aber in den letzten Jahren, hat sie sich sogar selbst übertroffen. Später fügte Soros noch hinzu: „Jeder Politiker, der es wagt, AIPACs Einfluss aufzudecken, wird seinen Zorn auf sich ziehen; also werden nur wenige dies tun.“
In einem früheren Artikel machte Juan Cole klar, dass der Einfluss von AIPAC auf den Kongress weitergeht:
„ Hinsichtlich des arabisch-israelischen Konfliktes gelang es der AIPAC und ein paar Verbündeten, eine komplette Zensur auf beide Häuser des Kongresses zu legen. Kein Senator oder Abgeordneter wagt es, eine Rede im Plenarsaal seiner Institution zu halten, die Israels Politik kritisiert, auch wenn die israelische Regierung oft das Völkerrecht und die UN-Resolutionen verletzt.“
Wenn AIPAC, das 2% der amerikanischen Bevölkerung vertritt, die amerikanische Regierung kontrolliert, wie kann dann jemand behaupten, es sei eine Regierung „durch das Volk“?
Einige nennen die USA noch immer eine „Demokratie“. Sind sie eine Demokratie „für, von und durch das Volk“, wenn ein Kandidat für das Präsidentenamt vor dem AIPAC klein beigeben muss, da es die Macht über Leben und Tod seiner Kandidatur verfügt?
Photos von ganz normalen Bürgern, die Poster in Händen halten, auf denen steht „es tut uns leid!“ und die sich gegenüber den von den USA in aller Welt Verletzten entschuldigen wollen, erreichen - wenn überhaupt etwas - nicht viel. Es ist ein schwacher Ausdruck von Schuld von ein paar Dutzend Peaceniks (Friedensleuten) .
Wir müssen mehr tun. Wir müssen Akademiker wie John Mearsheimer und Stephan Walt ermutigen, deren Studie „die Israel-Lobby und die US-Außenpolitik“ den Einfluss der Lobbyisten bloß stellt, die nur einen winzigen Teil der Bevölkerung vertritt.
Wir brauchen mehr Stimmen in den Medien wie die von Nicholas Kristoph. Vor kurzem gab es in der New York Times einen überraschenden Artikel „Reden über Israel“. Kristoph beklagt die Tatsache, dass „es keine ernsthafte politische Debatte über unsere Politik gegenüber den Israelis und den Palästinensern gibt, weder bei den Demokraten noch bei den Republikanern.“
Seine Erklärung: „Die Amerikaner haben gelernt, ( bei diesem Thema) sich selbst einen Maulkorb anzulegen. Während der Vorwahlen der Demokraten von 2004 sagte Howard Dean, er bevorzuge eine unparteiische Rolle für die USA – und wurde abgeschmettert: er sei gegenüber Israel feindlich gesinnt. Genauso erging es Barack Obama, weil er zu sagen wagte:“ keiner leidet mehr als das palästinensische Volk.“
Wir müssen von unsere Abgeordneten und Senatoren verlangen, sich mit dem Problem zu beschäftigen, wie man ohne Nachzugeben mit dem Druck der Lobby umgeht. Wir sind mehr als 2% der Bevölkerung, die Druck ausüben können. Wir müssen unsere Abgeordneten und Senatoren wissen lassen, dass wir es müde sind, dem Rest der Welt sagen müssen, dass es uns leid tut.
Wir müssen mehr tun, als der arabischen Welt oder anderen sagen: „Es tut uns leid“. Wir müssen dem Volk die US-Regierung wieder zurückbringen.
Paul
Balles ist Prof. Emeritus in den USA und
freischaffender Autor, der 38 Jahre lang im Nahen Osten gelebt hat. (www.Pballes.com) Informationclearinghouse.
(dt.
Ellen Rohlfs)