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Nein zur Evakuierung

 

Gideon Levy, 12.8.07

 

Die Yahalom und die Bar Kochba-Familien sollten ohne Verzögerung wieder in ihre Häuser auf dem Marktplatz zurückgebracht werden, aus denen sie vertrieben worden sind. Die IDF sollte sofort ihren Strom wieder anschließen und die Wasserzufuhr und für ihre Sicherheit sorgen – Tag und Nacht  - so wie sie es für all die anderen Siedler  in der Stadt tut. Dafür werden die Yahalon und Bar Kochbas die Soldaten mit Kaffee und Kuchen versorgen und mit dem Shabbatbrot wie sie es immer taten.

 

Wir müssen uns auch bei den Familien dafür entschuldigen, dass sie vertreiben wurden. Sie hätten nicht so diskriminiert werden sollen, im Vergleich zu den andern Siedlern in der Stadt.

Es gibt keinen Unterschied zwischen ihrem Akt des Raubes und den andern Akt des Raubes in der Stadt. Bar Kochba und Yahalon stahlen Eigentum, das schon lange zuvor geraubt worden war. Die Ladenbesitzer, in deren Besitz sie sich  illegal ansiedelten, hatten ihre Läden seit Jahren nicht gesehen und sie werden sie auch jetzt nicht zurück erhalten  - also gibt es keinen Grund, sich über das Benehmen der  Hausbesetzer zu beklagen. Alle siedler benhmen sich so.

 

Es wäre auch besser gewesen, wenn  diese selbstgerechte Evakuierungs-Vorstellung, an der  3000 Soldaten und Polizisten beteiligt waren, gar nicht stattgefunden hätte. Auch die inszenierten Akte der Verweigerung und Gewalt  waren ein Kennzeichen für eine zeitlich günstige Show. Diese absurden Akte der Evakuierung helfen niemandem, sie richten nur Schaden an. In Hebron sollte nur ein Gesetz herrschen: alles oder nichts. Entweder hat die Regierung den Mut den ganzen Abszess herauszuschneiden oder sie sollte ihn unvermindert wachsen lassen.

 

Es gibt keinen anderen Ort in den besetzten Gebieten, wo der Kern der Wahrheit und das Übel über das Siedlungsunternehmen besser aufgedeckt werden als hier im der Stadt der Patriarchen. Hier sind die Gewalt, die Enteignung und der Terror gegen die hilflose Bevölkerung tägliche Routine, die teuflischerweise den Kindern von Geburt an beigebracht wird. Das Scheitern, die Hebronsiedler nicht völlig herauszuholen ist das wirkliche Verbrechen – und wir werden dafür zahlen.

Die Hebron-„Evakuierungs-“ Show dient der Siedlungspolitik  der Regierung, die von der Wichtigkeit des Friedens phantasiert . Zwei Familien wurden mit simulierter Militärmacht bei simuliertem Widerstand evakuiert und die Bilder davon wurden in alle Welt ausgestrahlt. Ein Beweis dafür, dass es in Israel eine Regierung gibt. Das ist eine falsche Zurschaustellung. Als diese Gruppe evakuiert wurde, wurden weiter Hunderte von anderen Wohnungen auf gestohlenem Land in den besetzten Gebieten gebaut.

 

Aber die Siedler sind natürlich  diejenigen, die von der „Evakuierung“ am meisten profitieren. Ihre Gewalt veranlasste die Bewohner von 1014 Wohnungen und die Besitzer von 1829 Geschäften wegzugehen und machten so das Zentrum der Stadt zu einer Geisterstadt. Die Evakuierung kam und machte einen Unterschied zwischen dem einen und dem anderen Raub.

Ist es denn verboten die beiden Wohnungen am Marktplatz zu stehlen? Heißt das, das alle anderen Akte von Raub und Unterdrückung in der Stadt in den Augen der Regierung  koscher sind.

 

Mit typischem Zynismus und mit Kriegslist haben die Siedler ein Netzwerk der Einschüchterung und des Widerstands aufgebaut, einschließlich ihrer Gerichtstagswaffe – die Verweigerung, Befehlen zu gehorchen – um der israelischen Öffentlichkeit noch einmal  deutlich zu machen: schaut wie schwierig es ist nur zwei Familien zu evakuieren; vergesst es Zehntausende zu evakuieren. Sie versuchten dies bei der Evakuierung des Gazastreifens und sie fahren damit fort, indem sie das bittere Schicksal der aus dem Gazastreifen Evakuierten beklagen und nun bringen sie die Schlacht hinüber in die Westbank.

 

Diese PR arbeitet gut: Israel diskutiert jetzt die geringfügige Verweigerung von einem Dutzend Soldaten, die den Evakuierungsbefehlen nicht gehorchten, statt zehn Tausende zu evakuieren und der Präsident schlägt einen Austausch von Land vor, da es „unmöglich“ sei , die Siedlungen zu evakuieren. So  terrorisiert man in enger Zusammenarbeit mit der IDF und der Regierung. Eine Evakuierung, die innerhalb weniger Minuten ausgeführt werden könnte, wenn sie als Überraschung mitten in der Nacht erfolgt – so wie man es mit den Palästinensern macht, deren Häuser zerstört werden – geschieht im Rampenlicht mit mehrwöchentlicher Vorwarnung, damit die Siedler ihre große Show vorbereiten können und noch mit Fotos davon daraus Nutzen ziehen.

 

Nichts hat sich nach der Evakuierung in Hebron verändert. Tausende Palästinenser, die ihren Besitz verloren haben und  die Möglichkeit eines  normalen Lebens sind die Opfer  einer wirklichen ethnischen  Säuberung. Sie sind nun verurteilt zu einem Leben in Armut und Demütigung und keiner kann ihnen helfen. Die Siedler feiern  mit Volldampf weiter, und die meisten Israelis starren weiter mit erschreckender Gleichgültigkeit auf das was passiert. Sie sind nur schockiert über die weit und breit veröffentlichte Verweigerung der Handvoll von Soldaten und schnalzen mit der Zunge: wir werden nie die Siedler evakuieren können.

 

(dt. Ellen Rohlfs)