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Hindernis zum Frieden: Jerusalem

 

Martin Asser BBC-News, Mai 07

 

Das alte Jerusalem hat viele Male seine Herrscher gewechselt.. Seine religiöse Bedeutung hat jüdische, christliche und muslimische Eroberer mächtig angezogen.

Die religiöse Autorin Karen Armstrong hat festgestellt, dass diejenigen, die es am längsten gehalten hatten, die größte Toleranz gegenüber den Gläubigen anderer Religionen zeigten.

Sie zitiert zwei muslimische Führer Kalif Omar und Saladin – als Beispiele für diese Haltung und die Kreuzfahrer als die blutigsten Verwüster.

Vor 40 Jahren – im Krieg im Juni 1967 eroberte Israels Armee Ost-Jerusalem von den Jordaniern. Das Gebiet fiel während  einer mörderischen Schlacht, aber Israel massakrierte seine palästinensischen Einwohner nicht und zerstörte auch nicht die heiligen Stätten wie die mittelalterlichen Kreuzfahrer.

Aus der jüdischen Perspektive brachte 1967 die „Vereinigung“ der  heiligen Stadt und stellte so einen göttlichen Plan nach Jahrhunderten der Unterbrechung wieder her.

Doch die Geschichte hat noch zu entscheiden, ob Israels Herrschaft über die Stadt ein zum Scheitern verurteiltes Unternehmen ist, das untergehen wird – nach Karen Armstrongs Analyse – genau wegen der unternommenen Maßnahmen, die Jerusalem zu Israels „ewiger und unteilbarer“ Hauptstadt Israels machen sollen.

 

Moderne Festung

Der Sieg von 1967 und die Eroberung von Jerusalem war eine belebend  und aufregende Zeit für die Juden, für die Religiösen und die Säkularen. Die kriegsmüden israelischen Soldaten liefen durch die engen Gassen der Altstadt, um an der Klagemauer zu beten und zu feiern. Unter arabisch-jordanischer Kontrolle waren  seit 1948 die jüdischen Heiligen Stätten  für Israelis traurigerweise nicht zu erreichen, was eine Verletzung des israelisch-jordanischen Waffenstillstandsabkommens war.

Nichts stoppte die (isr.) Führer von 1967,  vor Ort neue Fakten zu schaffen, die es für Muslime unmöglich machten, den östlichen Teil der Stadt wieder zu erlangen.

„Wir  sind an unsere Heiligen Stätten zurückgekehrt  … und wir werden sie nie wieder verlassen,“ sagte Moshe Dayan, als er vor den uralten Steinen der Klagemauer stand.

Tatsächlich hat eine Unmenge von UN-Resolutionen und internationaler Konventionen die Änderung des Status der mit militärischen Mitteln  besetzten Gebiete für ungesetzlich erklärt – aber auf das israelische Denken kaum Einfluss gehabt.

Innerhalb weniger Tage  annektierte Israel Ost-Jerusalem, zog neue weit hinausgeschobene Stadtgrenzen, die einige dicht bevölkerte palästinensische Gebiete außen vor ließen und zerstörte ein ganzes arabisches Stadtviertel vor der Klagemauer, der heiligsten Stätte im Judentum. Jahre mit  unglaublich schneller Entwicklung folgten, die Israels Präsenz in Ost-Jerusalem  verstärkten. Es ist zu einer Festung geworden, die nicht nur durch Mauern und Schutzwälle verteidigt wird, sondern durch einen Ring von Siedlungen, Wohnblöcken und Schnellstraßen. Jeder kann die Architektur sehen, aber die diplomatische Situation ist komplizierter geworden.

Der internationale Konsens hat Israels Herrschaft über Ost-Jerusalem nie anerkannt – die Stadt und ihre Umgebung wurde von der UN 1947 als „Corpus separatum“ bezeichnet und erhielt damit einen besonderen internationalen Status. Kein Land hat seine Botschaft in Jerusalem. Selbst Israels engster Verbündeter, die USA, erkennt die Stadt  nicht offiziell als Israels Hauptstadt an.

 

Unsichere Existenz

Die 240 000 arabischen Bewohner Ost-Jerusalems leben eine seltsame Halb-Existenz, selten in direktem Konflikt mit Israel, aber entschlossen an ihrer palästinensischen Identität und Sache festhaltend .Nachdem sie ein  spezielles israelisches Wohnrecht haben,  geht es ihnen besser als denen, die in der besetzten Westbank leben – aber viele haben das Gefühl, dass ihre Zukunft in der Stadt nicht sicher ist.  Sie sagen, dass sie diskriminiert, beim Bauen oder Renovieren sehr eingeschränkt, von den Behörden ignoriert werden, obwohl sie Steuern zahlen, man legt ihnen bürokratische  Hindernisse in den Weg, wenn eine/r eine/n Palästinenser von irgendwo heiraten will; Papiere werden konfisziert, das Wohnrecht widerrufen, wenn sie in einem andern Land leben oder die Staatsbürgerschaft erhalten oder wenn sie länger als sieben Jahre im Ausland leben.

Israel erlaubte den Palästinensern  in Ost-Jerusalem zu bleiben, aber hat sie eingesperrt,  zwängt sie zusammen und  macht ihnen sehr deutlich, dass es nicht ihre Stadt ist.

Unterdessen sind hundert Tausende jüdischer Siedler in den besetzten Osten der Stadt um- gesiedelt – in  ein Gebiet, von dem die Palästinenser hofften, es eines Tages zur Hauptstadt ihres zukünftigen Staates zu machen.

Palästinenser außerhalb der Stadt  - in der Westbank und im Gazastreifen – werden rigoros durch einen Ring von Straßensperren und israelischen Militärkontrollpunkten ausgeschlossen. Sie machen jetzt selbst die Erfahrung wie einst die Diaspora-Juden: den Verlust Jerusalems und die Sehnsucht nach ihm und nun die Entschlossenheit, die Stadt wieder zu gewinnen.

In den letzten Jahren hat Israel die umstrittene Mauer in der Westbank rund um die palästinensischen Bevölkerungszentren gebaut  - als Reaktion auf die Selbstmordattentate in den 90er Jahren und nach 2000.

Rund um Teile Ost-Jerusalems ist eine massive Mauer, die einige palästinensische Vororte vom Zentrum der Stadt trennt und andere von der Westbank.

Viele Beobachter sehen in Israels unnachgiebiger Verfolgung seiner Politik, Jerusalem betreffend, eine etwaige Katastrophe voraus. Sie befürchten, dass es mit den Palästinensern und der weiteren arabischen und muslimischen Welt keine Lösung ohne Kompromiss über die Heilige Stadt geben wird.

 

(dt. Ellen Rohlfs)