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Ein Augenblick bevor das Licht erlöscht

 

Amira Hass, 7.11.07

 

Alan Johnston, der in Gaza gekidnappte BBC-Korrespondent, berichtete in einem Interview, dass er in einem relativ frühen Stadium alle möglichen Schmerzen hatte, weil er das Wasser getrunken hatte. Es ist dasselbe Wasser, das auch die Kidnapper tranken, aber Johnstons Körper reagierte mit warnenden Anzeichen: es ist kein Wasser, das zum Trinken geeignet ist. Und es ist das Wasser, das aus fast allen Wasserhähnen im Gazastreifen fließt. Salzig, an manchen Orten brackig, kontaminiert, mit öligen Bestandteilen . Beim Baden fühlt man dies deutlich.

Der Grund ist längst bekannt: Es wird überpumpt, weil das Wasser im Aquifer unterm Gazastreifen für die Bewohner des Gazastreifens reichen muss. Es ist so, als würden wir den Bewohnern von Beer Sheva sagen, sie  müssten mit dem Wasser auskommen, das in ihrer Nähe fließt. Das Wasser im übrigen Land sei nicht für sie.

Während der letzten paar  Jahre gab es ein paar improvisierte private und öffentliche Versuche dieses Problem zu lösen. Private Reinigungsanlagen für Wasser in Häusern und Handelskompanien, die gereinigtes Wasser verkaufen.

Die Gemeinden errichteten große Brackwasserentsalzungsanlagen und mehrere Wasserentnahmestellen an zentraler Stelle. Tausende von Leute gehen täglich dorthin, um ihre großen Blechkanister mit Wasser zu füllen, das nicht so schmeckt, als käme es aus einer Pfütze und das Durchfall, Infektionen, Nierenprobleme und wer weiß, was sonst noch verursacht.

 

Die Strom- und Treibstofflieferung nach Gaza ist schon  weit unter ein Mengenniveau  reduziert worden, das Menschen unbedingt benötigen. Eine weitere Reduzierung wird die oben genannten Lösungsversuche des Wasserproblems  sehr beeinflussen. „Gaza zu verdunkeln“, wie einige unserer Sicherheitsexperten vorschlugen, wird nicht  bei dunklen Häusern abends und nachts enden. Man muss kein Experte im Gesundheitswesen sein, dass einem dabei nicht klar wird, dass es  eine endlose Kettenreaktion   beim öffentlichen Gesundheitswesen auslösen  wird und natürlich Umweltprobleme.

Heute  nach anderthalb Jahren, nachdem Israel die Umschaltstation im Gazastreifen  bombardierte, versorgen nur 193 statt der nötigen 240 Megawatt den Streifen .

Das Wassernetzwerk ist der größte Energieverbraucher im Gazastreifen. Er benötigt annähernd 25 der 240 Megawatt, die der Streifen braucht.

Die 135 Brunnen im gesamten Gazastreifen, die Wasser mit schlechter Qualität liefern, können nicht funktionieren, wenn der Strom und die Diesellieferung weiter ausfällt. Dasselbe trifft auch für die Abwassereinrichtungen zu .

Schon jetzt werden an 15 % der Bewohner des Gazastreifens kein Wasser mehr geliefert. Jedes Gebiet erhält nur jeden zweiten Tag Wasser. Das Wasser  wird  mit Elektropumpen zu den Wasserbehältern auf dem Dach gepumpt und dort bewahrt. Doch immer wieder gibt es Stromsperren.

 

Wenn in einem bestimmten Gebiet an einem  Tag eine Stromsperre ist und die Gemeinde gerade dann Wasser dorthin leitet, kann es sein, dass die Häuser drei oder gar vier Tage kein Wasser haben.

Das Wasserwerk benötigt eine Lieferung von rund 150 000 Liter Diesel im Monat. Das Abwassersystem etwa 100 000 Liter.

Die Wasserbetriebe der Küstengemeinden, die Lieferanten der Abwasser-  und der Wasserversorgungsbetriebe im Gazastreifen erhielten im Oktober nur 60 000l Diesel, weil  auch die Menge des von Israel verkauften Brennstoffes für den Gazastreifen reduziert wurde. Und dies war vor der  von Ehud Barak und Matan Vilnai vorgeschlagenen „Verdunklung“.

 

Die Wassergesellschaft muss das Abwassersystem  dem Wassersystem vorziehen. Wie der Vertreter der CEO-Gesellschaft Maher Najjar erklärt: „Der Kollaps des Abwassersystems stellt für die Menschen eine größere Umweltbedrohung  dar.

Man stelle sich nur eine große Abwasserflutwelle vor. Z.B. wurden Anfang November  den sieben mit Diesel operierenden Brunnen  im nördlichen Gazastreifen nur  2000 Liter Diesel zugewiesen - an Stelle von 10500 Liter, die benötigt werden, wenn sie funktionieren sollen.

 

Noch bevor die Lichter ausgehen, untersagte Israel schon die Lieferung von Rohmaterial  in den Gazastreifen. Keiner redet mehr über die Dutzenden von Entwicklungsprojekten, an denen nicht weitergearbeitet werden kann z.B. die Entsalzungsanlage für Quellwasser, das die Bewohner des El-Bureij-Flüchtlingslagers mit Wasser versorgte. „Lasst sie nur Wasser trinken, das ihre Gesundheit gefährdet!“ ( sagt man anscheinend in Israel ER)

 

Es ist nicht nur Rohmaterial, das nicht in den Gazastreifen geliefert werden darf: es sind lebensnotwendige Ersatzteile, die nicht geliefert werden dürfen. In der Abwasseranlage von Gazastadt funktioniert nicht mehr alles. Doch Israel verwehrt die Lieferung der Ersatzteile – also kann sie nicht repariert werden. So fließen die Abwässer mit nur minimaler Vorbehandlung ins Meer. Und das Meer hat keine Grenzen beim Rafah- oder Erez-Kontrollpunkt. (!!)

 

(dt. Ellen Rohlfs)

www.haaretz.com/hasen/objects/pages/PrintArticleEn.jhtml?itemNo=921140