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Das Id al-Fitr-Fest, verloren mitten im abgesperrten Gazastreifen

 

Amira Hass, 17.10.07

 

Die UNRWA, die UN-Organisation, die den palästinensischen Flüchtlingen hilft, war nicht in der Lage, ihr Versprechen zu halten und  jedem der Schüler ihrer Schulen im Gazastreifen  100 NIS zu geben, damit sie sich für die Feiertage neue Kleidung kaufen können. Warum? Weil Israel es nicht erlaubte, Bargeld in den Gazastreifen zu bringen.

 

Die hermetische, seit vier Monaten anhaltende  Absperrung des Gazastreifens hat  seine Spuren auch auf der umlaufenden Währung hinterlassen. Die Papiergeldscheine sind zerfetzt  - ein sichtbares Zeichen für die Abtrennung der Handelsbeziehungen zwischen den Gaza-Bauern  und -fabrikanten und ihren auswärtigen Märkten. Nur das Allernötigste wird in den Gazastreifen gelassen.

 

Für das Id al-Fitr-Fest, das die Fastenzeit abschließt, ist es alte Tradition,  neue Kleidung zu kaufen. Die Kinder freuen sich das ganze Jahr darauf. Sogar während der schwierigsten Zeiten in Gaza hat man die Tradition des Kaufs von neuer Kleidung fortgesetzt. Andere Traditionen wie Familienbesuche in Israel haben längst  aufgehört. Es sind inzwischen 16 Jahre her, seitdem  es den Gazaern erlaubt war, den Streifen zu verlassen, wann sie wollten.

 

Aber selbst jene, die Geld hatten, um Kleidung zu kaufen, gingen enttäuscht nach Hause, nachdem sie festgestellt haben, dass es  keine passende Kleidung für den Winter gibt. Israel hatte nicht erlaubt, das notwendige Rohmaterial, wie Stoffe, Nähgarn nach Gaza hereinzulassen. Es ist kein Wunder, dass einige Ladenbesitzer sich entschieden haben, ihr Geschäft zu schließen.

 

Haushalts- und Computergeschäfte haben leer Regale; selbst der Vorrat an Glühbirnen und Elektrokabel ist erschöpft. Die Leute sparen mit Dingen, mit denen man früher nicht sparsam umgegangen ist – sogar Medizin. A. ging gestern  in alle Apotheken in Gazastadt, um aus Ägypten importierte Medizin für seine an Blutarmut leidende Frau zu kaufen. Er kam mit leeren Händen heim.

Die Preise sind entsprechend gestiegen. Der Preis der notwendigsten Produkte wie Gas, Früchte, Mehl und Fleisch sind um 10-30% gestiegen. Die Gazaer haben so erfahren, wie stark Israels landwirtschaftliche Lobby ist: Trotz Kürzungen anderer Produkte, sind die Märkte voller Früchte. Aber wer kann schon NIS 7 für ein kg Birnen bezahlen?

 

Etwa 60 000 Angestellte der palästinensischen Behörde erhielten am Vorabend der Feiertage ihr Gehalt von der „Ramallah-Regierung“. Doch die mit der Hamas verbundenen erhielten ihr Gehalt von der „Gaza-Regierung“. Aber zehn Tausende Bauarbeiter , die für UNRWA- oder andere internationale Projekte – arbeiteten, sind entlassen worden, weil es kein Baumaterial gibt.

 

(dt. Ellen Rohlfs)